Kapitel 48 - Geständnisse

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„Ehrlich gesagt bin ich kaum zu Wort gekommen", schüttelte Paul immer noch nachhaltig verstört den Kopf. „Aber was ich so rausgehört habe, droht mir wohl bloß Böses, wenn sich irgendetwas der vergangenen Jahre wiederholen sollte. Und ich soll scheinbar irgendwelche emotionalen Verstrickungen mit meinen Eltern lösen, um meine Verhaltensmuster zu ändern."
Verwirrt sah er mich durch große Augen an.

Nun musste ich doch lauthals lachen, ehe ich ihm glücklich um den Hals fiel.
„Oh, du hattest also sogar noch eine gratis Therapiestunde", grinste ich und war gleichzeitig unheimlich erleichtert.
Wenn Dad sich Gedanken um Pauls psychischen Zustand machte, dann bloß, weil er ihn an meiner Seite akzeptieren wollte und gewillt war, ihm eine Chance sich zu beweisen, zu geben.

Als würde Paul ernsthaft fürchten, den Boden unter den Füßen zu verlieren, krallte er sich an mir fest und drückte mich fest gegen seinen Körper.
„Er hat auch gesagt, dass er es mir hoch anrechnet, dass ich hergekommen bin und ihm in die Augen gesehen habe", sagte er dann leise und strich mir sanft über den Rücken. „Er meinte, dass es schon mal das erste Zeichen ist, dass es dieses Mal anders werden würde."

„Und damit hat er recht", seufzte ich und küsste ihn glücklich.
Die erste Hürde, vor der ich so viel Angst und auch Respekt gehabt hatte, war genommen.
„Vergeig's nicht", grinste ich ihn an, die Arme um seinen Nacken gelegt.
Entschlossen schüttelte Paul den Kopf. „Als ob."

Der heutige Tag ging mal wieder als einer der verrücktesten, doch ebenso als einer der glücklichste meines bisherigen Lebens ein – obwohl ich nun, nachdem ich mich endlich überwunden und Paul wieder in mein Leben gelassen hatte, nicht glaubte, dass es jemals wieder schlecht werden konnte.

„Lou werde ich dann morgen die frohe Botschaft überbringen", überlegte ich laut.
Meine beste Freundin war nun die Einzige, deren Meinung mir dazu noch wichtig war.
„Aber keine Angst, da musst du nicht mit", grinste ich Paul an.
Dankbar legte dieser den Kopf in den Nacken und zog mich dafür einmal mehr liebevoll zu sich.

„Soll ich dich für heute erstmal alleine lassen?", fragte er dann fürsorglich und ich konnte nur wieder staunen, wie gut Paul wusste, was ich brauchte.
Zögerlich nickte ich.
„Ich würd' den restlichen Abend gerne mit meinem Dad verbringen."
„Klar", nickte er einverstanden. „Dann hab' ich immerhin Zeit, nochmal mit Sam zu sprechen."

Genau das war es, was ich mir gewünscht hatte.
Ich wollte Paul bei mir wissen, selbst wenn er physisch nicht immer bei mir war und mein Leben weiterhin in den gewohnten Bahnen lief.
Alles war beim Alten - nur dass ich jetzt um Paul reicher war.

Ich war unsagbar glücklich, als ich zurück nach drinnen lief und meinem Vater kommentarlos um den Hals fiel.
Erst als ich spürte, wie seine Hand über meinem Rücken strich, flüsterte ich ein leises „Danke."

„Du hast ein gutes Herz, Julie. Das hast du von deiner Mutter", hörte ich ihn seufzen, als wäre es eine Last, die ich zu tragen hätte. „Ich hoffe bloß, dass die Menschen um dich herum, das zu schätzen wissen."
„Das wissen sie", versicherte ich ihm, wohl wissend, dass „die Menschen" in diesem Fall niemand anderes als Paul Lahote war.
„Das hoffe ich", brummte Dad. „Ich hab' ihn im Auge."

Und damit war das Thema Lahote zwischen uns vorerst abgeschlossen.
Mein Vater war dankbar, dass ich ehrlich zu ihm gewesen war und erleichtert, dass er sich Paul endlich vorknöpfen hatte können.
Alles andere würde sich noch zeigen, doch fürs Erste beließen wir es dabei.

Sicherlich geisterte Paul sowohl durch meine, als auch durch die Gedanken meines Dads, als wir gemeinsam auf dem Sofa lagen und fernsahen, doch an diesem Abend war bereits alles gesagt – und ich hatte mich selten so befreit gefühlt.

Lahote || Twilight / WerwolfWhere stories live. Discover now