Kapitel 32 - Nichts zu verlieren

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Kapitel 32 - Nichts zu verlieren

– Paul –

La Push, Mai 2010

Jedes Mal, wenn ich mir sicher war, dass mein Leben nicht anstrengender werden konnte, wurde ich eines Besseren belehrt.
Wenn uns Sam so alarmiert zusammentrommelt und verlangt, ich sollte meine letzten Kräfte mobilisieren, dann konnte das nichts Gutes verheißen. Nachdem er allerdings auch betont hatte, dass diese Angelegenheit besonders von Jakes Interesse sein würde, war ich mir sicher, dass sich die neuen Probleme um Bella drehen würden.

Doch selbst wenn die Herausforderungen des Rudels nichts mit Julie zu tun hatten, waren sie dennoch auch für mich von Bedeutung.
Im Rudel waren wir alle eins - sie litten mit mir und ich stand ihnen bei, selbst in dem desolaten Zustand, in dem ich mich seit Monaten befand.

Ausnahmsweise wieder in meiner menschlichen Gestalt saß ich also in Sams und Emilys Hütte und versuchte die neugierigen und mitleidigen Blicke, die mir hier zuteilwurden, zu ignorieren.
Selbst der unseres neusten Mitliedes, der des kleinen Clearwaters, traf mich mit sichtlich Mitgefühl, aber auch Neugierde. Im Gegensatz zu den anderen versuchte Seth seine Blicke zumindest auch gar nicht zu verbergen – oder er stellte sich einfach weniger geschickt dabei an.

Die Jungs und Leah meinten es nur gut und wussten selbstverständlich um meine Lage – immerhin hingen sie regelmäßig in meinen Gedanken – doch sie wussten ebenso gut wie ich, dass mir in diesem Punkt niemand helfen konnte.
Der einzige Mensch, der diese Macht besessen hätte, saß mit einem anderen Kerl in Los Angeles.

„Also dann", eröffnete Sam endlich diese Krisensitzung, nachdem ohnehin eine erschreckende, ungewohnte Ruhe in diesen vier Wänden herrschte. „Kommen wir direkt zur Sache – die Cullens haben mich und Jared um ein Gespräch gebeten."
„Bitte was?", entfuhr es Jake als Erstes und war damit so schnell, dass er uns anderen die Möglichkeit nahm, uns über unsere eigene Reaktion klarzuwerden.

„Hat er Bella etwa schon verwandelt?", war Quil der Nächste, der sich zu einer wenig einfühlsamen Frage gegenüber Jake hinreißen ließ.
Vorsichtig ließ ich meinen Blick zu Jacob schweifen und musste in diesem Moment kein Stück besser als all die Anderen aussehen, die auch mich so mitleidig musterten.
Dieser hingegen nahm ohnehin kaum mehr etwas wahr, so alarmiert und entgeistert sah er auf Sam.

„Nein, hat er nicht", beantwortete Sam Quils Frage knapp. Zum einen sicherlich, um nicht noch unnötig in Jakes offenen Wunden zu bohren, zum anderen um auch schnellstmöglich wieder zum eigentlichen Thema zu kommen.
„Aber er hat mich um Hilfe gebeten – oder besser gesagt uns alle."

„Na, spuckst du's heute vielleicht noch aus?", drängelte Jake ungeduldig und bissig zugleich.
Es war erstaunlich, wie sehr sich Jacob in den letzten Monaten verändert hatte. Wenn ich daran dachte, wie gefasst und beherrscht er sich sogar direkt nach seiner ersten Verwandlung verhalten hatte, erschien er mir nun wie ein vollkommen anderer Mensch.
Einmal mehr wurde mir durch ihn vor Augen geführt, wie weit eine unerwiderte Liebe gehen konnte.

Doch auch der Rest der Anwesenden - mich eingeschlossen - warteten gespannt darauf, dass Sam weitersprach.
Uns allen war bewusst, wie ernst die Lage sein musste, wenn Sam Uley tatsächlich in Erwägung zog, den Cullens zu helfen.

„Ihr erinnert euch sicherlich noch an die Rothaarige des Normaden-Trios - Victoria", überging unser Alpha Jakes Einwand gekonnt und sprach ernst, doch erschreckend sachlich, weiter. „Sie will sich an Edward rächen und dieser Weg führt nun mal über Bella. Sie bildet in diesem Moment eine Armee Neugeborener aus."

Vorsichtig wagte ich aus dem Augenwinkel einen Blick auf Jacob. In seinem Gesicht war so viel zu lesen – von Schock, Wut, Traurigkeit und Ärger war alles darin zu lesen.
In diesem Moment jedoch engleisten schließlich all seine Gesichtszüge.
„Und damit kommen sie zu dir, anstatt zu mir?", platzte es plötzlich ungehalten aus ihm heraus, als er energisch vom Stuhl sprang und die Hände fest auf den Tisch stemmte.

Lahote || Twilight / WerwolfWhere stories live. Discover now