Kapitel 36 - Chaos

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Kapitel 36 - Chaos

– Julie –

La Push, Juni 2010

Was in den folgenden zwei Tagen in meinen Gedanken vor sich ging, war mit keinen Worten zu beschreiben. Es gab so viele Dinge, über die ich mir den Kopf zerbrechen musste, doch am Liebsten wollte ich nichts davon zulassen.

Immer wieder erwischte ich mich, wie ich über Bellas Worte grübelte, doch sobald ich mich davon ablenken wollte, kam mir nur die Frage, ob ich mich tatsächlich aufrichtig um Paul sorgte und ob ich Dillon bloß aufgrund des hiesigen Chaos nicht vermisste, in den Sinn.
In welche Richtung meine Gedanken auch gingen – es endete in einer Katastrophe.

Das Ganze gipfelte schließlich an dem Tag, an dem der Kampf stattfinden sollte.
Ich hatte niemanden der Beteiligten mehr zu Gesicht bekommen, sie alle hatten sicherlich alle Hände voll zu tun gehabt, doch in Gedanken war ich stets bei ihnen.
Nun hieß es abzuwarten, bis mich jemand informieren würde oder irgendjemand des Rudels meinen Weg kreuzte.

Immer wieder schickte ich stille Gebete ans Universum und hoffte aus vollem Herzen, dass alles ein gutes Ende finden würde – auch für mich. Was auch immer in meinem Fall ein gutes Ende zu bedeuten hatte.

„Julie? Hörst du mir überhaupt zu?"

Vielleicht hätte ich Paul doch noch mehr sagen sollen. Immerhin hatte er sich in einen Kampf begeben, den ich absolut nicht einschätzen konnte. Und ein schlichtes „Pass auf dich auf" war alles, was ich zu bieten hatte?
Andererseits hätte sich alles andere auch seltsam und erzwungen angefühlt.
Zumindest hatte ich die Wahrheit gesagt. Ich hoffte wirklich, dass Paul auf sich aufpassen würde.

„Julie, ich rede mit dir."

Aber er hatte so unsagbar schwach ausgesehen. War das wirklich eine Verfassung, in der er kämpfen konnte? Ich würde es mir vermutlich nie verzeihen, wenn ihm etwas zustoßen sollte und ich ihm nicht gesagt hätte, dass —
Ja, was hätte ich ihm überhaupt sagen sollen? Ich wusste es doch selbst nicht.
Fakt war bloß, dass es mir nicht egal war. Ich fühlte ihm gegenüber so vieles, doch Gleichgültigkeit war kein Teil davon.

„Julie!"
„Was?"

Erschrocken zuckte ich zusammen und fing Lous ungeduldigen Blick ein.
„Himmel, was ist denn mit dir los? Du bist ja überhaupt nicht bei der Sache."
Skeptisch musterte mich meine beste Freundin, während sie in ihrer Kaffeetasse rührte und sich schließlich misstrauisch in der kleinen Sitznische ihrer Küche zurücklehnte.
„Dillon?"

Ich erinnerte mich kaum mehr daran, wie es war, als ich meiner besten Freundin alles hatte erzählen können. Inzwischen musste ich die größten Herausforderungen und damit das, was mich am meisten umtrieb für mich behalten.
Hätte ich ihr zusammenhangslos berichtet, dass ich mich um Lahote sorgte, hätte sie kein Wort verstanden und mir vermutlich den Kopf abgerissen.
Der einzige Punkt, in dem ich ehrlich mit ihr sein konnte, war tatsächlich Dillon.

„Ja, Dillon", log ich also, obwohl ich mir in diesem Augenblick zu meiner Schande eingestehen musste, dass nicht mein Freund, sondern Paul konsequent durch meinen Kopf geisterte.
Lou verzog ihr Gesicht zu einer besorgten, mitleidigen Miene.
„Du siehst echt nicht besonders glücklich aus seitdem du wieder hier bist", seufzte sie. „Hattest du hier etwa ein wenig Zeit nachzudenken?"

„Ach, ich weiß nicht", versuchte ich einer direkten Antwort auszuweichen. „Irgendwie ist alles anders, als ich es mir vorgestellt habe."
Wieder wurde Lous Gesichtsausdruck ein Stück zweifelnder.
„Ich hab' mir auch nochmal Gedanken darüber gemacht", sagte sie dann verständnisvoll. „Und du weißt, wie gern ich dich mit Dillon sehe und wie sehr ich euch beiden die Daumen drücke, aber ich hoffe natürlich auch, dass du dich zu nichts zwingst. Zweifelst du an euch?"

Lahote || Twilight / WerwolfWhere stories live. Discover now