12 🖤• Nikolina •🖤

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Triggerwarnungen im Infokapitel lesen!

Ein Mythos?

In meinen Augen war das purer Schwachsinn. Nur, weil irgendein kranker Wichser glaubte, er konnte mir drohen, würde ich nicht einfach das Handtuch werfen und abhauen. Auch, wenn ich es Beyza versprochen hatte, wollte ich dennoch wissen, mit wem oder was ich es zu tun hatte.

Andererseits war es leichtsinnig, auf eigene Faust zu handeln, weshalb ich mich von einem Hotelsecurity bis vor die Zimmertür begleiten ließ. Zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass das Paket nicht länger dort lag, wo ich es ursprünglich vorgefunden hatte.

»Sind Sie sich sicher, dass es genau hier gelegen hat?«, wollte der Security von mir wissen.

Mit fester Stimme beteuerte ich: »Ja, ganz sicher«, und trat in das Zimmer ein. »Sie können gehen. Ich denke, mir wollte jemand lediglich einen Streich spielen.«

Kurz darauf schickte ich den Mann weg und schloss die Tür hinter mir. Ich hatte keine Schusswaffe dabei, was ich im Nachhinein bereute. Andererseits wollte ich unter keinen Umständen Aufsehen erregen.

Ich betrat das Innere des Raumes und nahm einen schwarzen Schatten wahr, der so blitzschnell in den Salon huschte. Wut kam in mir auf, weil ich wusste, dass ich nicht alleine war, aber dennoch blöd genug zu glauben, ich könnte nach dem heutigen Tag das Sicherheitspersonal einfach wegschicken, ohne, dass das ernsthafte Konsequenzen nach sich zog. Entgegen meiner Prinzipien und Beyzas Warnung, folgte ich dem dunkeln etwas, das sich für mich eindeutig als physische Gestalt entpuppt hatte.

Es war unklug, ja, sogar töricht, zu glauben, ich würde alleine und unbewaffnet mit dem besagten Mythos fertig werden. Und doch war meine Neugierde stärker, als meine Vernunft es in diesem Moment je hätte sein können.

»Wer ist da?«, reif ich mit fester Stimme in den Raum hinein. »Zeig dich, du Feigling!«

Mir stockte der Atem, als ich plötzlich wieder einen festen Händedruck auf jener Stelle spürte, wie vorhin im Café. Das Blut schoss mir schlagartig in den Kopf. In Gedanken ging ich sämtliche Optionen durch. Aber gerade bliebt mir nichts anderes Übrig, als mich mit Händen und Füßen gegen meinen potenziellen Feind zu wehren.

Ich drehte mich um und starrte erneut ins Leere. Niemand stand hinter mir. Und doch erblickten meine Augen etwas, das mich doch ernsthaft an meinem Verstand zweifeln ließ. Das Paket, das bei meiner Ankunft noch vor der Tür gelegen hatte, stand plötzlich auf einem der Mahagoniholztische. Darauf befand sich eine vertrocknete Rose, die bereits einige ihrer Blütenblätter auf der verspiegelten Oberfläche des Tisches abgesondert hatte.

»Wo zum Teufel steckst du?«, knurrte ich. »Was für ein krankes Spiel ist das hier?«

Als auch nach eindringlicher Nachfrage niemand antwortete, tat ich einen tiefen Atemzug und ging auf das Paket zu, um es zu öffnen. Doch bevor ich dazu kam, ertönte der Feueralarm. Das heulende Geräusch hallte so lautstark in meinen Ohren wider, dass ich nicht drumherum kam, meine Handflächen fest auf meine Ohrmuscheln zu pressen.

»Fuck!«, fluchte ich, weil zu allem Übel auch noch die Sprinkleranlage anging und mich von Kopf bis Fuß durchnässte. Die schweren Wassertropfen prasselten mit voller Wucht auf mich herein, sodass ich in null Komma nichts aussah, wie ein begossener Pudel auf Crack. Ich konnte förmlich spüren, wie mein Augen-Make-up sich allmählich verabschiedete, und mit dem Wasser, in Form eines homogenen Gemisches, meine Wangen hinab zu meinem Kinn glitt.

Schnaubend verließ ich das Zimmer und wischte mir kurz darauf mit dem Handrücken über mein Gesicht.

Ein Zufall, dass der Feueralarm gerade dann auslöste, als ich auf das Paket zuging? Wohl kaum.

Das war eindeutig Beyzas Werk. Wenn man sich ihr widersetzte, griff sie blitzschnell zu Maßnahmen, die unser aller Vorstellungsvermögen überstiegen. Die Technik war ihre Waffe, und sie scheute sich nicht davor, sie einzusetzen.

Ich beschloss, es dabei zu belassen, und verließ erst das Zimmer und dann das Hotel, um mir ein Taxi zu rufen. Angesichts des Chaos glaubte ich nicht, dass der Rezeptionist mir eine Mitfahrgelegenheit organisieren würde. Also nahm ich die Sache selbst in die Hand und stieg in das nächstbeste Fahrzeug.

»Wohin darf ich Sie bringen, Madame?«, wollte der Taxifahrer von mir wissen.

»Zum Flughafen.« Ich beschloss recht knapp zu antworten. Dabei hoffte ich inständig, dass der Kerl keine Fragen stellte, oder mich mit Geschichten aus seinem armseligen Leben langweilte. Ich hatte weitaus Besseres zu tun, als mir Gedanken um die Sorgen anderer zu machen.

Mich beschäftigte eher mein hobbyloser Stalker, der meinte, er könnte mir einfach so, und ohne Konsequenzen zu erwarten, ans Bein pissen. Zudem wurmte mich noch immer meine unsägliche Neugier, was es mit diesem Paket auf sich hatte. Ich wollte unbedingt wissen, was sich darin befand. Und ich wusste, dass ich es noch früh genug erfahren würde.

»Moment mal, wo fahren Sie hin?«, hakte ich nach, als ich bemerkte, dass der Taxifahrer einen Umweg nahm. »Ich muss meinen Flug erwischen und habe keine Zeit für eine Tour durch Paris!«

Dann hielt der Wagen plötzlich an. Er drehte sich zu mir um und hauchte ein leises »Es tut mir leid, Madame«, ehe er eine kleine Sprühdose zückte und mir den gesamten Inhalt mitten ins Gesicht sprühte. Dunkelheit brach über mich herein und verschluckte mich gänzlich in ihrer tiefen Leere, vor der ich mich ein halbes Leben lang so sehr gefürchtet hatte.

 Dunkelheit brach über mich herein und verschluckte mich gänzlich in ihrer tiefen Leere, vor der ich mich ein halbes Leben lang so sehr gefürchtet hatte

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Deep Black Nights - Five Diamonds of AmsterdamWhere stories live. Discover now