schrill und monoton

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"Mr. Gallagher, erzählen Sie, an was können Sie sich erinnern?" Dr. Martin war ein Arzt kurz vor der Rente. Er war für die Traumatischen Erlebnisse zuständig, die in diesem Krankenhaus passierten. Traumabegleiter und Psychologe.
Ian schwieg. War er bereit sich einem fremden zu öffnen?
"Mr. Gallagher. Wenn Sie nicht dazu bereit sind, über den Unfall zu sprechen, dann lassen Sie uns über Ihren Partner sprechen. Mr. Milkovich richtig?"
"Verlobter" korrigierte Ian ihn. Er starrte auf seine Hände und knibbelte die Haut an der Außenseite seiner Nägel ab. Schwieg weiterhin. Was sollte er ihm erzählen? Sollte er ihm erzählen, dass er einen Menschen getötet hatte? Ein kleines Mädchen? Nur weil er ein verdammtes Eis wollte?
Sollte er ihm erzählen, dass sein Verlobter im Koma lag, vermutlich einen Hirnschaden davon trug, laufen, reden und essen erst wieder lernen musste, nur weil er ein verdammtes Eis wollte?
Sollte er ihm erzählen, dass Clairs Eltern sich tagelang die Augen aus dem Kopf weinten, weil sie ihr kleines Mädchen verloren hatten? Dass ihr einziges Kind, dass durch jahrelange Künstliche Befruchtung entstanden war, tot war, weil Ian Gallagher ein verdammtes Eis wollte?
Nein. Er schwieg. Er wollte es nicht in such hinein fressen. Wusste, dass es ungesund war. Vor allem für seine psychische vorerkrankung. Doch sollte er diesem fremden Mann alles erzählen?
"Manchmal kann es hilfreich sein, mit jemandem zu sprechen. Manchmal kann es hilfreich sein, mit jemandem zu sprechen, der nicht zuhört. Haben Sie mit Ihrem Verlobten gesprochen?"
Was war das für ein bescheuerter Rat? Was sollte es bringen Mickey das alles zu erzählen, ohne seine Stimme zu hören. Ohne einen blöden Kommentar von ihm. Ohne seine Augenbrauen, die sich nach oben ziehen würden. Ohne seine Berührungen und Küsse, die ihn beruhigen würden und ihm sagen würden dass alles wieder gut werden würde? Was würde es bringen? Nur dass es ihm besser ging? Was war mit Mickey selbst? Oder mit Clairs Eltern? Was könnte er tun, dass es ihnen besser ging?
Ian schüttelte den Kopf, die Haut an seinen Nägeln bereits blutig. Ein Kontrast zu seiner blassen Haut.
"Versuchen Sie es. Ich seh sie in zwei Tagen wieder." Dr. Martin stand auf und öffnete die Tür.
Ian ging durch den Flur des Krankenhauses, sah auf den Boden und dachte nach während er durch das Treppenhaus nach oben schlurfte und durch den nächsten Flur auf Mickeys Zimmer zuging. Könnte es wirklich was bringen mit Mickey darüber zu reden? Oder nicht darüber, sondern über andere Dinge. Vielleicht konnte er ihn ja hören. Vielleicht würde er dadurch wieder aufwachen.
Mickeys Tür stand weit offen, Schwestern und Ärzte standen hektisch am Bett von seinem Verlobten. Ian sah nicht viel, doch das was er sah, reichte aus um ihn noch mehr zusammen brechen zu lassen.
"Mickey! Mickey! Was ist mit ihm?" Er versuchte ins Zimmer zu kommen. Zu seinem Mickey zu kommen, doch eine Schwester hielt ihn zurück. Durch die Tür konnte er sehen, wie er reanimiert wurde. Ärzte riefen hektisch nach einer höheren Schockzahl, Assistenzärzte brüllten nach einer weiteren Dosis Adrenalin und anderen Medikamenten und eine Schwester drückte immer und immer wieder den Ballon, der an Mickeys Mund hing und seine Brust heben und senken ließ. Der Monitor, der mit Mickey verbunden war piepste nicht mehr regelmäßig sondern gab ein schrilles, monotonen Geräusch ab. Ian kannte das. Er kannte das alles. Er war seit 3 Jahren Rettungssanitäter. Er hatte viele Patienten reanimieren müssen. Er wusste was in diesem Raum passierte. Sein Mickey starb und er konnte nichts tun um es zu verhindern.

22 first dates - remember meWhere stories live. Discover now