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Angespannt blicke ich auf die Verpackung in meiner Hand. Endlich habe ich den Mut gehabt, einen Schwangerschaftstest zu kaufen. Meine Periode ist zwei Wochen zu spät und mir ist das durch den ganzen Stress nicht aufgefallen. Oder ist sie zu spät, weil ich den Stress gehabt habe? Und auch jetzt suche ich nach Ausreden, warum die Periode ausgeblieben ist, nur damit keine Schwangerschaft infrage kommt. Wie verzweifelt kann man sein?

Damian habe ich nichts von meiner Vermutung erzählt. Ich will nicht unnötig Panik machen, wenn ich nicht einmal weiß, ob ich überhaupt schwanger bin. Was mache ich bloß, wenn der Test positiv wird? Nur Damian kommt als Vater infrage, aber unsere Beziehung ist geheim. Muss ich in dem Fall der Öffentlichkeit sagen, dass Gael der Vater ist? Du meine Güte. In was für eine Situation habe ich mich nur gebracht? Diese Lüge kann nicht ewig bestehen. Und dann? Dann wird jeder wissen, dass wir gelogen haben.

Verzweifelt setze ich mich auf den zugeklappten Klodeckel und schnaube. Vielleicht ist es keine gute Idee, den Test hier in der Arbeit zu machen, aber zu Hause hatte ich einfach nicht den Mut. Hier kann ich mich im Notfall mit der Arbeit und meinen Kollegen ablenken. In meiner Wohnung wäre ich ganz allein mit meinen Gedanken. Okay, ich hätte Damian, aber das ist der nächste schwere Schritt. Wie soll ich ihm das sagen? Am liebsten würde ich den Test wegwerfen und einfach das Leben normal weiterleben. Aber irgendwann würde mein Bauch wachsen und das kann ich dann nicht mehr ignorieren. Ich habe keine Wahl. Ich muss es jetzt machen.

Ich öffne den Klodeckel, hebe meinen Rock und ziehe mein Höschen runter. Als ich mich wieder setze, öffne ich die Packung und lese mir die Beschreibung durch.

Daraufhin mache ich alles, so wie beschrieben. Pinkle drauf und lege es zur Seite. Ich ziehe mich wieder an und jetzt heißt es warten. Das sind die schlimmsten fünfzehn Minuten meines Lebens. Bitte sei negativ! Bitte sei negativ! Bitte sei negativ!

Mein Herz rast, die Hände schwitzen und mein Magen macht Saltos. Unruhig knabbere ich an meinen Fingern und zapple mit dem Fuß. Seit wann dauern fünfzehn Minuten so lange?

Ich schrecke zusammen, als ich die Tür höre und Stöckelschuhe sich den Kabinen nähern. Keine Ahnung, warum ich unentdeckt bleiben möchte. Wahrscheinlich, weil ich mich ertappt fühle, bei dem, was ich hier mache. Ich halte sogar die Luft an und setze mich wieder auf Klomuschel. Dabei hebe ich meine Beine, damit man meine Schuhe nicht sieht.

Ich presse meine Lippen aufeinander und warte, bis die Person fertig ist. Nachdem sie die Spülung betätigt, höre ich ihre High Heels zu den Waschbecken gehen. Ich steige von der Toilette und beuge mich hinunter, um zu sehen, wer es ist. Es könnte ja Evelyn sein und sie wäre mir jetzt eine große Stütze bei der Sache. Ihr habe ich auch noch nichts erzählt, aber wenigstens hätte ich eine vertraute Person bei mir, falls der Test positiv sein sollte.

Ihre Schritte nähern sich meiner Kabine und gehen Richtung Ausgang. Doch als sie bei mir vorbeigeht, trifft mich der Schlag. Blüten-High-Heel-Lady. Es sind die Schuhe, wie es Damian mir erklärt hat. Sie hat uns auf der Feier ausspioniert, bevor er sie entdeckt hat und sie geflohen ist.

Ich muss sehen, wer das ist. Sie ist eine Bedrohung für uns. Also reiße ich die Tür auf, doch sie ist nicht mehr hier. Ich sehe nur noch, wie die Tür sich langsam schließt. Ohne weiter zu überlegen, stürme ich hinaus, in der Hoffnung sie zu sehen, aber sie ist schon weg. Es muss jemand von meinen Kollegen sein. Jemand, der hier arbeitet.

Ich gehe zu den Büros, sehe jeder Frau auf die Schuhe. Bei denjenigen, die am Schreibtisch sitzen, gehe ich sogar hin und schaue unter dem Schreibtisch.

»Was machst du?«, fragt mich Rosie, die Buchhalterin, als ich unter ihren Schreibtisch blicke.

»Ich suche etwas.«

»Hier?«

»Überall.«

»Und was suchst du?«

»Nicht so wichtig.«

»Hast du es gefunden?«

Sie hat flache Ballerina an. Sie ist nicht die Blüten-High-Heel-Lady.

»Nein. Ich habe es nicht gefunden. Da hast du Glück gehabt.«

»Glück? Was habe ich damit zu tun?«

»Ach nichts.« Ich verlasse ihr Büro und suche weiter.

Evelyn kommt mir entgegen. »Hey, da bist du ja.«

Automatisch blicke ich auf ihre Schuhe, obwohl ich weiß, dass sie nicht die Blüten-High-Heel-Lady. Ich vertraue ihr und außerdem weiß ich, dass die Schuhe nicht ihrem Geschmack entsprechen.

»Hey, brauchst du was?«

»Ich suche dich schon die ganze Zeit. Wo warst du?«

»In der Toilette.«

»So lange? Hast du eine Verstopfung oder was?«

»Evelyn!«, tadle ich sie.

»Was? Hätte ja sein können. Ich hätte da ein gutes Mittel dagegen.«

»Du hörst dich an, wie ein pharmazeutischer Berater, der mir irgendwelche Medikamente unterjubeln möchte.«

»Meine Mom hat oft Probleme damit. Deshalb kenne ich das.«

»Lassen wir das. Ich bin gerade beschäftigt. Brauchst du was von mir?«

»Ich wollte nur mit dir plaudern. Mehr nicht. Mit was bist du beschäftigt?«

Ich ziehe sie am Arm auf die Seite und flüstere: »Ich suche die Blüten-High-Heel-Lady.«

»Wen?«

»Na die eine, die Damian und mich beobachtet hat. Du weißt schon, auf der Feier. Ich habe dir davon erzählt.«

»Sie ist hier?«

»Jedenfalls war gerade jemand mit diesen High Heels in der Toilette.«

Schockiert legt sie ihre Hand über den Mund. »Es ist eine von uns? Aber was will sie damit bezwecken?«

»Ich weiß es nicht. Deshalb suche ich sie, um sie zur Rede zu stellen.«

Evelyn sieht sich um. »Ich wüsste nicht, wer solche Schuhe trägt. Ich habe niemanden damit gesehen.«

»Wer achtet auch schon auf die Schuhe seiner Kollegen. Ich sehe mir auch nicht ständig an, wer was an seinen Füßen trägt. Wahrscheinlich haben wir die High Heels oft gesehen, aber sie nicht weiter beachtet.«

»Da könntest du recht haben. Ich werde mich auch umsehen und gebe dir Bescheid, sobald ich was weiß. Okay?«

»Klar. Danke.«

Wir trennen uns hier und suchen nach den High Heels. Nach ein paar Minuten bin ich schon kurz davor, die Hoffnung aufzugeben, als ich endlich die Schuhe sehe. Sie liegen im Flur am Boden, aber niemand ist hier.

Brian, der IT-Techniker geht an mir vorbei. »Hi, Leah.«

»Warte mal.«

Er bleibt stehen. »Ja?«

»Weißt du, wem diese Schuhe gehören?«

Er zuckt mit der Schulter. »Woher soll ich das wissen? Sehe ich so aus, als würde ich mich mit High Heels auskennen? Leah, das kratzt an meinem Ego.«

»Nein, so war das nicht gemeint. Aber vielleicht hast du gesehen, wer sie da hingestellt hat.«

»Lass sie doch. Wem auch immer sie gehören, der wird sie sich schon holen.«

»Ja ... ähm. Du hast recht. Mich stört nur die Unordnung hier. Das mag ich nicht«, lüge ich.

»Du wirst ja schlimmer als Eleanor. Sie färbt wohl auf dich ab.«

»Jetzt kratzt du an meinem Ego.«

Er hebt seine Hände. »Wie du mir, so ich dir.«

»Oh. Hey, ihr zwei«, hören wir Cassy.

Wieder wandert mein Blick instinktiv auf ihre Schuhe. Schwarze Pumps. »Hey, Cassy. Weißt du, wem die High Heels gehören?«

Sie hebt sie auf. »Ja, mir.«

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 29 ⏰

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Die ChefinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt