~ 32 ~

212 11 15
                                    


Nach dem Essen wird Eleanor auf die Bühne gerufen. Ausnahmsweise hat sie einmal nicht die Kontrolle über das Geschehen, ihr fragender Blick verrät sie.

»Eleanor scheint wütend zu sein«, sagt Gael.

»Ja, weil sie nicht weiß, was das wird. Sie mag keine Überraschungen, weil sie die Kontrolle nicht abgeben möchte. Sie will nichts dem Schicksal überlassen.«

Eleanor steht auf der Bühne und lächelt, aber ich kenne dieses Lächeln. Es ist nicht echt. Sie spielt mit und scannt alles mit ihren Augen ab. Macht jemand nur einen kleinen falschen Schritt, der ihr nicht gefällt, dann sind sie erledigt. Mich wundert es, dass man überhaupt den Mut hat, sie zu überraschen.

Nach ein paar Worten von der Frau mit dem Mikrofon kommt Mr. Richardson auch auf die Bühne. Jetzt wird mir auch klar, wieso man Eleanor überraschen möchte. Bei Mr. Richardson wird sie ein Auge zudrücken ... oder auch zwei, nur damit sie den Deal abschließt.Wie immer wird zu viel um den heißen Brei gesprochen. Mr. Richardson nimmt das Mikrofon und labbert irgendwas über ihn und Eleanor, was sowieso keinen interessiert. Jedenfalls mich nicht und nach Gaels Gähnen zu urteilen, interessiert in das genauso wenig. Irgendwann meint auch Mr. Richardson, zu einem Ende kommen zu müssen, und so ein armer Typ muss seinen Diener spielen und ein kleines quadratisches Geschenk auf die Bühne bringen.

Gael schaut auf die Bühne und neigt sich zu mir. »Glaubst du, ist da eine Bombe drinnen, um Eleanor zu töten?«

»Bei einer Bombe würden wir alle sterben.«

»Mr. Richardson ist ein Businessman. Er würde das so machen, dass er die Bombe erst zündet, wenn Eleanor zu Hause ist.«

Ich drehe meinen Kopf zu Gael und er schaut auch zu mir. »Dir ist langweilig. Stimmt's Gael?«»Ja.«

»Dachte ich mir schon, nachdem du mit so einer filmreifen Fantasie kommst.«

»Irgendwie muss ich mich beschäftigen, während dieser Arschkriecher-Show auf der Bühne. Das ist ja zum Kotzen.«

»Bald ist es ja vorbei. Das geheimnisvolle Geschenk ist jetzt auf der Bühne. Entweder ist da ein Geschenk für Eleanor drinnen oder wir fliegen alle in die Luft.«

»Hoffentlich das Zweite. Dann würde hier ein bisschen Action in die Bude kommen.«Endlich kommt der Moment, wo Mr. Richardson Eleanor das Geschenk überreicht. Eleanor bedankt sich und öffnet es. Von unserem Platz aus können wir nicht so gut die Bühne sehen, aber am großen Monitor hinter der Bühne sieht man alles ganz genau.

»Eine Uhr? Und deshalb wird da so ein Theater daraus gemacht?«

»Das ist eine Chopard Happy Sport Medium.«

»Happy was?«

»Die Uhr kostet knappe 200.000 Dollar.« Gael liebt Uhren, deshalb wundert es mich nicht, dass er das so genau weiß.

»Wow ... Aber trotzdem. Viel zu übertrieben für eine Uhr.«

Gael gluckst. »Das ist ja noch billig, im Vergleich zu manchen anderen Uhren.«Jetzt quasselt Eleanor den üblichen Kram weiter. Wieder kommt jemand auf die Bühne und trägt die Uhr weg, als würde er den Heiligen Gral in der Hand halten. Diese Snobs mit ihren Übertreibungen immer.

Endlich ist das Theater um diese Uhr beendet und ich schaue zu Damian rüber. Doch was ich dort sehe, gefällt mir gar nicht. Kaviar-Frau ... also Audrey steht bei ihm und unterhält sich mit ihm. Aber die Art, wie sie das macht, mag ich nicht. Ihr verführerisches Lächeln, wie sie mit ihren Haaren spielt und erst, wie sie ihre Hand auf Damians Oberarm legt. In mir brodelt es und ich könnte platzen. Was soll ich machen? Wie bekomme ich sie da weg? Ich darf ihr nichts sagen, denn ich bin offiziell nicht Damians Freundin. Noch dazu ist sie Mr. Richardsons Tochter und ich könnte Probleme mit Eleanor bekommen. Verdammt, wo ist Gina? Ich schaue mich um und suche nach ihr. Als ich sie finde, sehe ich sie mit Mrs. Richardson sprechen. Mittlerweile habe ich mitbekommen, dass das Mr. Richardsons Frau ist. Immerhin ist ihr Platz neben seinem und ihre Töchter schauen genauso aus wie sie, nur jünger.

Ich stelle mich neben Gina und warte, bis sie fertiggeredet hat. Ich möchte nicht so unhöflich sein und sie mitten im Gespräch unterbrechen. Gina nimmt mich wahr und deutet mir, dass sie gleich fertig ist. Komm schon, Gina. Es ist ein Notfall. Ich schaue noch einmal zu Damian rüber und sehe Audrey immer noch bei ihm.

»Also wirklich.« Höre ich Gina neben mir. »Ich weiß nicht, welcher Visagist das war, aber sie schaut aus, wie ein Clown. Und die Frisur erst ... Schrecklich. Auf solchen Feiern gibt es immer ein schwarzes Schaf. Apropos schwarz. Die Farbe ihres Kleides steht ihr gar nicht.«

Mrs. Richardson wirkt amüsiert. »Das würde ich gerne sehen. Zeig sie mir doch mal.«

Gina schaut sich um und zeigt dann in eine Richtung. »Die da drüben.«

Ich folge ihrem Blick und sehe, dass sie auf Josie zeigt. F*ck! Sie lästert gerade über ihre Tochter. Mrs. Richardson schaut auch hin und ihr Blick verdunkelt sich.

Ich muss Gina aus dieser misslichen Lage helfen und mische mich ein. »Ach die Blondine. Ja, schreckliche Frisur. Und das schwarze Kleid steht ihr gar nicht.« Zum Glück steht bei Josie eine Frau im schwarzen Kleid. Ich wüsste sonst nicht, was ich machen sollte.

»Nein, ich me-«

»Können wir kurz reden?« Unterbreche ich sie, ehe sie einen Riesenfehler macht. »Es ist wichtig.«

»Ok.« Sie wendet sich wieder Mrs. Richardson zu. »Entschuldigen Sie mich bitte.« Diese nickt ihr höflich zu und geht weiter.

»Spinnst du?« Gehe ich auf Gina los. »Du kannst so nicht vor Mrs. Richardson über Josie reden.«

»Josie? Jetzt hat die Bitch auch noch einen Namen? Und warum nimmst du sie in Schutz? Du hintergehst mich gerade.«

»Weil du verdammt noch mal vor ihrer Mutter über sie gelästert hast.«

Gina reißt schockiert die Augen auf. »Sie ist Mr. Richardsons Tochter?«

»Ja, verdammt!«

»Du meine Güte. Du hast mich in letzter Sekunde gerettet. Danke. Ich habe das gar nicht mitbekommen, dass sie zu ihnen gehört.«

»Ja, weil sie irgendwelche Freunde an diesem Tisch dort drüben hat und nicht bei ihren Eltern sitzt. Aber man sieht es ihr an, sie sieht genauso aus wie ihre Mutter.«

Gina schaut noch einmal zu Josie rüber. »Jetzt, wo du es sagst. Sie schaut ihr wirklich ähnlich.« Ihr schockierter Gesichtsausdruck wechselt zu einem wütenden. »Trotzdem mag ich sie nicht. Sie hat sich an Gael rangemacht.«

»Das Problem habe ich gelöst. Du musst jetzt meins lösen.« Ich nicke in Damians Richtung und Gina folgt meinem Blick.

»Ach echt jetzt? Diese Bitch wird nie aufgeben.«

Ihre Aussage macht mich misstrauisch. »Was meinst du damit?«

»In den ganzen Jahren, in denen ich mit Damian verheiratet war, hat sie versucht, ihn mir wegzunehmen. Es war ihr egal, dass er verheiratet ist. Sie wollte ihn schon immer und will ihn auch heute noch. Immer hatte ich Probleme mit ihr. Mir wird gerade klar, wie nervig diese Richardson-Schwestern sind. Audrey wollte mir Damian wegnehmen und Josie will mir jetzt Gael nehmen. Das sind zwei Parasiten. Eine schlimmer als die andere.« Ihre Augen funkeln böse und sie scheint richtig angepisst zu sein.

Ich sage ihr lieber nicht, dass Josie Gaels Ex ist. Soll das mal Gael machen. Ich will den Abend überleben.

»Na ja, dann werde ich mich mal um Bitch Nr. 1 kümmern. Audrey von Damian entfernen. Du behalte Josie im Auge.«

»Alles klar.«

Ich gehe auf meinen Platz zurück und beobachte Ginas Kunst, Audrey loszuwerden. Ich weiß nicht, was sie zu ihr sagt, aber Audrey funkelt sie böse an, während Gina sie triumphierend angrinst. Danach dreht sich Audrey um und verschwindet. Gut, dass Gina da ist. Mir ist schon klar, dass Damian nicht unhöflich zu Audrey sein möchte, solange der Deal nicht steht.

Kurze Zeit später kommt Damian zu mir und Gael. »Wir haben ein Problem.«

»Was ist denn los?«, will ich von ihm wissen und erwarte, dass es was mit einer von den Richardson-Schwestern zu tun hat.

»Eleanors Uhr wurde gestohlen.«

Die ChefinOù les histoires vivent. Découvrez maintenant