10. | Ich will raus

337 11 0
                                    

Ich saß mindestens schon 2 Stunden in diesem Raum herum und trotzdem kam niemand auf die Idee, mir vielleicht ein Bad zu verfügung zu stellen oder vielleicht ein Glas Wasser. Meine Blase würde bald platzen wenn ich nicht bald auf die Toilette gehen darf.

Ich fing jedoch an zu realisieren was da eben geschehen ist. Ich wurde entführt. Das zweite mal in meinem Leben.

Das Adrenalin ließ wirklich nach und ich bekam immer mehr Panik. Was würde jetzt mit mir geschehen?

Arian hat gesagt 'Ich werde dich mitnehmen und dann wirst du reden'. Was meint er mit reden? Über was soll ich reden?

Ich lag auf diesem Schrottbett wie ein Haufen Elend und starrte ins nichts. Warum ich? Hab ich das verdient?

Ich lief zur Tür und hämmerte mit meinen Händen dagegen. Ich schrie so laut ich konnte. Ich schlug sicher 5 Minuten durchgehend gegen die Tür, doch nichts geschah. Da muss ich mich wohl gedulden.

Nach weiteren Stunden, vielleicht auch nur Minuten aber es fühlte sich an wie Stunden, wurde die Tür geöffnet. Endlich. Es war ein anderer Mann, er hatte kurze braune Haare und hellbraune Augen. Er war wie jeder hier breit gebaut und muskulös.

Er sah mich stumm an und schien nachzudenken. "Du musst dich gedulden, bleib einfach still und mach kein Ärger", sagte der Mann mit einer ruhigen Stimme. Es hörte sich so sanft an und nicht so hart wie bei Arian.

Ich nickte nur und er schenkte mir ein leichtes Lächeln, bevor er aus dem Raum trat und die Tür hinter sich schloss.

Wie lange soll ich noch warten? Ich fing wieder an zu weinen aber diesmal stärker. Ich dachte an meine ganze Vergangenheit, was mir alles zugestossen ist.

Der Tod meiner Eltern.

Die unzähligen Nächte in denen ich mich nicht wehren konnte.

Die Leere die ich jeden Tag in mir mitgetragen habe.

Die Tränen wurden immer mehr und tropften auf mein Top herab. Die Luft wurde immer stickiger und meine Sicht immer verschwommener. Mein ganzer Körper fing an zu zittern, so dass ich ihn nicht mehr kontrolieren konnte.

Beruhig dich Milana, du schaffst das. Es ist nur eine Panikattacke, die hast du schon zu oft erlebt. Atmen und anderen Gedanken finden.

Es klappte auch, die Tränen wurden weniger ich beruhigte mich. Ich setzte mich wieder auf das Bett und versuchte auf andere Gedanken zu kommen.

Ich dachte an Valea. Ich habe sie kurz nach dem ich von Aras fliehen konnte, kennengelernt. Ich saß verzweifelt auf einer alten Bank und wusste nicht wohin mit mir. Ich hatte kein zuhause, kein Geld, nichts. Zuerst lief sie an mir vorbei, doch drehte wieder um und fragte mich ob alles okay sei. Ich hatte zuerst gesagt, dass alles gut sei, doch sie hat nicht aufgegeben und schlussendlich hab ich es ihr erzählt.

Ich habe ihr natürlich nicht erzählt, dass ich entführt worden bin. Ich habe gesagt, dass mein Freund mich verlassen hat und mich aus seiner Wohnung geschmissen hat.

Sie hat mir dann angeboten, mich bei ihr übernachten zu lassen und so entstand unsere Freundschaft. Ich blieb bei ihr und hab mir einen Job gesucht und angefangen einen Teil der Miete zu zahlen. Bis heute wohnen wir beide noch in ihrer Wohnung.

Ich bin ihr mehr als nur dankbar für alles. Sie hat mich einfach so in ihr Leben geholt und nie mehr losgelassen. Man kann sie nur lieben.

.

Da ich schon mehrere Stunden hier drin saß und meine Blase nicht entlehren kann, platzt sie gleich. Im ernst, diesmal würde sie wirklich platzen. Ich musste noch nie meinem Leben so dringend pinkeln.

Ich schlug deswegen nochmals so fest wie ich konnte gegen die Tür in der Hoffnung jemand würde mich hören.

"BITTE MACHT DIESE SCHEIß TÜRE AUF ODER ICH PISSE EUCH AUF DEN BODEN", schrie ich so laut wie ich konnte. Und tatsächlich jemand öffnete die Tür. Diesmal war es noch ein andere Mann. Ich schätze es war irgendein Wachmann, der mich bewacht.

"Komm", sagte er nur und zog mich an meinem Arm durch die Tür heraus. Wir liefen den Flur weiter nach hinten und stoppten bei einer Tür.

"Die Toilette. Mach schnell.", sprach er und schob mich da rein. Es war wirklich nur eine Toilette und ein Waschbecken da drin. Es sah hier drin richtig ekelhaft aus. Alte Platten und ein gefühlt 100 Jahre altes Klo. Aber egal ich muss mich damit zufrieden stellen.

Als ich fertig war mit meinem Geschäft, wusch ich mir gründlich die Hände und spritze mir etwas Wasser ins Gesicht, damit meine vertrockneten Tränen weg gehen.

"Mach schneller!", sagte der Wachmann mit einer etwas lauteren Stimme und klopfte gegen die Tür.

"Ich komm ja schon", murmelte ich vor mich hin und rollte meine Augen während ich die Tür öffnete.

Er umfasste wieder mein Arm und zog mich in den gleichen Raum, den ich mir schon für mehrere Stunden betrachten durfte, rein. Die Tür wurde wieder geschlossen und ich setzte mich auf das Bett.

Ich grübelte die ganze Zeit an einem Fluchtplan herum, doch das schien mir unmöglich. Vor dem Haus standen überall Wachen und erstmal müsste ich überhaupt aus diesem Zimmer kommen. Das wird wohl nichts.

Aber vielleicht kann ich es versuchen, wenn ich aus diesem Zimmer geholt werde. Ich müsste nurnoch abchecken wo überall Wachen stehen und dann könnte ich es versuchen.

Die Zeit verging langsamer als eine Doppelstunde Mathe, das muss was heißen. Mein Magen fing auch an zu knurren und mein Hals wurde immer stockener. Ich bräuchte echt was zu Essen oder immerhin was zu Trinken.

Ich fing wieder an zu heulen, noch nie in meinem Leben habe ich so viel geheult wie heute. Schwach. Um ehrlich zu sein tut es aber auch gut wieder zu weinen. Ich hab die Tränen immer verdrängt und es nie zugelassen.

Wer weint der ist schwach.

Das denke ich aber nur bei mir, wenn ich weine bin ich schwach. Jeder andere darf weinen, natürlich. Nur ich nicht.

Plötzlich wurde die Tür aufgemacht aber nur einen Spalt, weshalb ich nicht sehen konnte wer es ist.

"Hör auf zu weinen und komm mit, sonst wirst du erfahren wie sich Leid anfühlt", sagte dieser Mann mit einer genervten Stimme. Die Stimme war mir bekannt, nur konnte ich nicht herausfinden wer es war.

Und dann machte es klick.

"Leano...?"

______________________

Oh ohh

Afraid of loveOù les histoires vivent. Découvrez maintenant