Kapitel 33 - Das alte Lied

Börja om från början
                                    

„Weil?"
„Weil ich ihn in LA einfach 24 Stunden am Tag sehe!", gestand ich ehrlich. „Ich dachte ja immer, dass ich genau das will, aber – das macht mich noch verrückt. Und zwar nicht im positiven Sinne."
Einen Moment musterte mich Lou nachdenklich.
„Vielleicht musst du dich einfach daran gewöhnen?"
„Ich werde mich an überhaupt nichts gewöhnen, das ist ja kein Dauerzustand!", protestierte ich sofort erschreckend vehement.

„Ich meine nicht eure Wohnsituation", lenkte Lou beruhigend ein. „Einfach allgemein – deine Beziehung zu Dillon. Sowas hattest du noch nie, du hast bisher immer nur in Abhängigkeit geliebt. Vielleicht musst doch dich einfach an ne gesunde Beziehung gewöhnen."

Zweifelnd runzelte ich die Stirn.
Ich wusste nicht woran es lag, doch das vollkommene Glück, wie ich es mir so naiv ausgemalt hatte, hatte mich in LA doch nicht erwartet.
Aber vermutlich musste ich bloß geduldig sein und mich tatsächlich, wie Lou gesagt hatte, daran gewöhnen.

Vorerst wollte ich aber ohnehin bloß das Wiedersehen mit meiner besten Freundin und meine Heimat genießen.
Die Stunden mit Lou verflogen wie Minuten und ehe wir uns versahen, begleitete ich sie schließlich zum Hotel ihrer Mutter, um sie dort zu ihrer Schicht abzuliefern.

Erst am gemächlichen Rückweg nach Hause wurde mir langsam bewusst, dass ich nun tatsächlich wieder zurück in La Push war – an dem Ort, an dem vor nicht allzu langer Zeit so viel passiert war.

Hier schien die Welt still zu stehen. Ruhig und friedlich waren die Straßen – abgesehen vom ständig tosenden Meer und den brechenden Wellen an den Klippen.
In mir selbst löste dieses Reservat ein solch harmonisches Heimatgefühl aus, dass ich das hier herumstreunende Rudel Gestaltwandler beinahe hätte vergessen können.
Doch immer wieder sah ich mich erschrocken um, als sich auf der Straße etwas rührte und mir immer klarer wurde, dass ich von nun an wieder Gefahr lief, Paul oder irgendeinem von Sams Anhängern zu begegnen.

Zwar redete ich mir konsequent ein, dass ich ja zwangsläufig niemandem über den Weg laufen musste – immerhin hatte auch Lou weder Jake, noch Lahote in letzter Zeit zu Gesicht bekommen – doch ich kannte mein Leben inzwischen gut genug.
Ich konnte nicht so viel Glück haben. Früher oder später würde sicherlich einer der beiden vor mir stehen, es war bloß eine Frage der Zeit.

Nur wenige Momente später wurde mir jedoch vor Augen geführt, dass ich das Pech in meinem Leben sogar unterschätzt hatte.
Es war keine Frage der Zeit. Diese schrecklich unangenehme Situation, die ich so sehr scheute, sollte direkt jetzt geschehen.

Gerade lief ich die Hauptstraße La Pushs entlang, als ich aus der Ferne eine Gestalt über die Straße eilen sah. Selbst aus der Distanz hatte ich auf den ersten Blick erkannt, wer mit so schnellem Schritt durch das Reservat stapfte. Es war die Art, wie er sich bewegte, obwohl mich die Statur doch noch einmal zweifeln ließ.
Als er dann jedoch wie angewurzelt stehen blieb und in meine Richtung starrte, starben auch die letzten Zweifel in mir – oder besser gesagt der letzte Hoffnungsschimmer, dass ich mich doch geirrt haben könnte.

Wie Cowboys in einem alten Western standen wir zunächst bloß regungslos auf der Straße und starrten einander an – Lahote und ich, es war wieder das alte Lied.

Unsere letzte Begegnung steckte mir immer noch in den Knochen.
Ihn so zerstört zu sehen, hatte mich nicht kalt gelassen. Er musste im Moment durch eine ähnliche Hölle gehen, wie ich es jahrelang getan hatte – und dieses Schicksal wünschte ich niemandem.
Ihm nun wieder zu begegnen, nachdem ich ihn in diesen Schmerz gestürzt hatte, war alles andere als ein schönes Gefühl.
Ich wünschte, ich hätte zumindest ein wenig Genugtuung oder Schadenfreude empfinden können.

Nach ein paar Augenblicken der Reflexion kehrte endlich doch wieder Leben zurück in meinen Körper – ebenso wie in Pauls.
Doch anstatt, wie ich es mir erhofft hatte, seinen Weg fortzusetzen und dorthin zu verschwinden, wohin auch immer er gehen wollte, hatte er nun meine Richtung eingeschlagen.
Und sein Schritt war schnell – verdammt schnell. So schnell, dass ich noch nicht einmal ansatzweise meinem Fluchtreflex nachgeben konnte.

Lahote || Twilight / WerwolfDär berättelser lever. Upptäck nu