Firefly | Eren x Reader

Dealer und Schwangere

PoV Eren;

»Was können sie denn empfehlen, junger Mann?« fragt die Lady mittleren Alters, während sie ihr rotes Haar um ihren Finger dreht.
Ihr Mann schaut schon leicht grimmig rein - ich kann's ihm nicht verübeln. Seit ich an ihren Tisch gekommen bin, war sie vielleicht ein bisschen zu freundlich.

»Das Lammsteak mit Kroketten ist sehr lecker.« - sage ich, ohne je etwas von dieser gesamten Speisekarte gegessen zu haben.
»Oh, ich bin vegetarisch...zumindest was Tiere angelt.« säuselt sie, beißt sich danach auf die Lippen und zwinkert mir zu.
Ihr Mann keucht überrascht. »Sibille!«
»Was denn?« unschuldig klimpert sie mit ihren getuschten Wimpern.
Ich räuspere mich nur und versuche cool zu bleiben.
»Dann kann ich den gemischten Salat mit Feta und Sojastreifen empfehlen. Oder die Spaghetti mit Brokkoli Soße - die ist sogar vegan.«

»Dann nehm ich die Spaghetti und ein Glas Rotwein bitte, Süßer.«
»Spinnst du? Ich sitze genau hier und der sieht minderjährig aus!« sagt ihr Mann, der immer noch beherrschter ist, als ich es wäre. Aber ich hab auch ein Aggresionsproblem, von daher...

»Ach Quatsch, wie alt bist du?«
»19 Ma'am aber ich muss sie trotzdem bitten, die Anspielungen seien zu lassen. Das ist etwas unangemessen.«
»Oh weil du arbeitest? Wir können uns auch außerhalb-«
»Mir reicht's. Du Scheiß Hure mit deinem nicht vorhandenen Schamgefühl.« brüllt er, reißt sich den Ehering vom Finger und stürmt davon.
Und die Frau hinterher.
»Warte, Liebster! Ich hatte doch nur..ähm..Muttergefühle! Nichts weiter!«

Ich seufze. Dann entdecke ich den immer noch auf dem Tisch liegenden Ring und ertappe mich bei nicht ehrenvollen Gedanken.
Erstmal nehme ich ihn an mich und packe ihn zu den Fundsachen - aber etwas weiter hinten versteckt.
Wenn sie ihn morgen nicht holen, dann ist er wohl leider verloren gegangen.

•

Zwei Stunden später ist meine Schicht endlich vorbei. Ich arbeite von Mittwoch bis Freitag, da das meine kürzesten Schultage sind - manchmal auch am Wochenende.
Armin jobbt bei Edeka. Immerhin haben wir eine Wohnung und einen Unterhalt zu finanzieren. Manchmal helfen uns seine Eltern auch finanziell aber das wollen wir eigentlich beide nicht.
Ich hab keine Familie - keine richtige.
Meine Eltern seh ich nicht als Eltern an und mein einziger anderer Verwandter ist mein Drogen dealender Onkel Kenny.

Er hat mir auch schon Geld angeboten aber ich halte nicht so viel von ihm.
Ich meine, er ist nicht schrecklich aber eben auch kein besonders guter Mensch.
Wir sehen uns aber sowieso, wenn's hoch kommt, nur zwei mal im Jahr.

Die meiste Zeit über ist es mir völlig egal, dass ich keine Familie hab, aber jetzt ist bald Weihnachten und da ist das irgendwie immer blöd.
Meistens feier ich mit Armin und seinen Eltern aber das fühlt sich auch nicht richtig an, obwohl die beiden extrem lieb sind und stets ihr bestes geben, damit ich mich wohl fühle.

Ich seufze, als ich durch meine Nachrichten gehe und mich der übervolle Gruppenchat anlacht.
Egal, lese ich morgen durch.

Aber als ich sehe, dass mir Sunny geschrieben hat, erhellt sich meine Laune für einen Moment leicht.

Die Wunde ist btw komplett verheilt, nochmal danke xx

Am liebsten hätte ich vor einer Woche ihre Hand geküsst aber das schien mir vor Allen und Angesicht der Tatsache, dass wir uns noch nicht lange kennen, etwas unpassend.
Seitdem haben wir uns auch nicht mehr gesehen, heute am Mittwoch sind 8 Tage seit dem Pizza Treffen vergangen, allerdings plant unsere Gruppe sich am Wochenende wieder zu treffen.

Sasha soll wohl eine neue Partydroge in die Finger bekommen haben und die wollen jetzt alle ausprobieren.
Um ehrlich zu sein, wäre mir ein Treffen mit ihr alleine am liebsten.
Einfach aus dem Grund, dass wir zwar extreme Anziehungskraft für einander haben, aber ich mir nicht sicher bin, ob das alles ist.

Also klar, sie ist nett und hat offensichtlich Probleme - was sie schon mal relatable und sympathisch macht, aber steckt noch mehr dahinter?
Steckt noch mehr hinter ihrem hübschen Gesicht und ihrer heißen Haut?
Sie war wirklich warm...und gut gerochen hat sie auch.
Fuck, ich bin in einem verdammten Zug. Stopp, bevor ich noch 'nen Ständer bekomme.

Als ich wieder zu Hause bin, fällt mir auf, dass Armin nicht zu Hause ist.
Schnell checke ich mein Handy und tatsächlich: eine Nachricht von ihm.
Treff mich mit Lennox!!! Warte nicht auf mich :D

Glückwunsch Bro, viel Spaß ;) antworte ich, bevor ich mich immer noch mit meinem Handy in der Hand auf die Couch plumpsen lasse.
Gerade will ich endlich Sunny antworten, da kommt ein Anruf rein.

Carla.

Mein Atem stoppt und mein Herz beginnt zu rasen. Warum ruft sie an? Das passiert so selten, dass mein erster Gedanke ist: Wer ist gestorben?
Vielleicht Grisha, der ruft ab und zu jedenfalls mal an und nach fast jedem Gespräch schneide ich mich blutig.

Warum ich dann überhaupt rangehe?
Tja, weil ich weiß, dass es beschissen wird und ich danach einen Grund für ein Rückfall habe.
So rechtfertige ich mein selbstzerstörerisches Verhalten. Abartig, ich weiß.

Mit zittrigen Fingern nehme ich den Anruf an.
Ich warte, bis sie spricht und die Sekunden fühlen sich an wie Minuten.

»Eren?« Ihre Stimme klingt seltsam - fast fremd irgendwie.
»Hm.«
»Kannst du kurz oder bist du beschäftigt?«
»Mach's einfach kurz.« brumme ich.
»Okay, okay. Ich rufe nur an, um dir tolle Neuigkeiten mitzuteilen!«
Sie hört sich glücklich an...wie befremdlich.
»Ist Grisha abgekratzt?« frage ich monoton.
»Was? Nein. Und das wären ja wohl kaum gute Nachrichten.«

Ich lache heiser. »Ansichtssache nh.«
»Eren.« ermahnt sie mich.
»Okay, sag einfach, was du sagen wolltest.«
Für ein paar Momentane herrscht auf der anderen Seite Funkstille.

»Ich bin schwanger!«
Der Boden, unter meinen Füßen wird nicht weggerissen, sondern mit einer Abrissbirne zerschmettert.
»Was?« keuche ich.
»Ja, naja du weißt schon. Grisha und ich wollen so nochmal versuchen unsere Ehe zu retten.«
»Mit einem Baby?? Das hat bei mir doch schon nicht funktioniert ihr....«
Mir fehlen for lauter Ekel die Worte.

»Diesmal machen wir es besser. Du warst dann sozusagen unser Test Kind, ha ha.« sie lacht, so als wäre das etwas, worüber man Scherze macht.
»Ihr kranken Wichser!« fluche ich und lege auf.

Das ist doch ein gottverdammter Witz.
Sie wollen das noch einem unschuldigen Menschen antun?!

Panisch und wütend laufe ich in der Wohnung hin und her, um meine Nerven zu beruhigen, doch es hilft nicht.
Aber ich weiß was hilft. Und ich weiß auch, dass ich nur auf einen guten Grund gewartet habe.

Ich gehe in mein Zimmer an meinen Kleiderschrank und zwischen zwei bestimmten Pullis liegen sie sorgsam in Taschentuch eingepackt.

Völlig aufgelöst und nicht ganz Herr meiner Sinne gehe ich noch mal in die Küche, um Küchen Rolle zu holen.
Dann setze ich mich auf mein Bett, wickle die silbernen Klingen aus und lächle verkrampft vor mich hin.

Ich bin so verdammt kaputt.
Gerade möchte ich ansetzen, da erinnere ich mich daran, dass ich es ja wenigstens versuchen könnte. Versuchen, dagegen anzukämpfen.
Ich will Armin anrufen, aber der ist endlich auf einem Date mit seinem Schwarm und ich will ihn nicht belästigen.

Fast sehe ich das als ein Zeichen, es einfach zu tun. Mich einfach zu scheiden aber dann denke ich an Sunny.
Und bevor ich es mir noch anders überlegen kann, rufe ich sie an.

»Eren?« fragt sie verwirrt, vermutlich weil wir noch nie zuvor telefoniert haben.
»Eh ja, kannst du kurz?«
Sie muss die Panik in meiner Stimme erkannt haben, denn sofort fragt sie: »Alles okay? Ist was passiert?«
Und ich erzähle einfach los. Berichte ihr vom Telefonat und plapper bestimmt fünf Minuten vor mich hin.
Es sprudelt viel zu viel aus mir heraus und am Ende habe ich Angst, dass sie mich jetzt anders sieht.

Doch es kommt anders. Sie erzählt, dass sie es versteht und dass sie mit ihrer kleinen Schwester eine ähnliche Situation durchmacht.
Sie berichtet von ihren Erfahrungen und ihrem Schmerz. Ich fühle mit ihr mit und bringe zum Ausdruck, wie leid mir das tut.

Irgendwann - drei Stunden später - liegen wir beide in unseren Betten und reden immer noch.
Sie erzählt ein paar Details aus ihrer Kindheit und ich ebenfalls. Aber man merkt auch, dass wir beide noch Dinge - vermutlich traumatischere - zurück halten.

Im Endeffekt schläft sie als erste ein, was mich schmunzeln lässt und eine halbe Stunde später tue ich es ihr gleich.