Besuch

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Montag. Es geht wieder von vorne los.
Und heute habe ich sogar noch etwas vor, was ich nicht leiden kann; nämlich eine Aufgabe.
Ich möchte nach der Schule meinen Bruder besuchen, will mich nicht länger davor drücken und außerdem vermisse ich ihn.

Trotz dessen ist dieser Ort sehr triggernd für mich - warum auch immer.
Aber er ist mein Bruder, mein Klöpschen.

»Na Sunny, chillst du in den Wolken?« fragt Franzi und kichert leicht.
»Huh was?«
»Du hast geträumt...von jemand bestimmten?« fragt Kathi und wackelt leicht mit ihren perfekt gezupften Augenbrauen.
Aber nein, tatsächlich habe ich gerade mal nicht an Eren gedacht sondern an Levi's in der Klapse sitzenden Arsch.
Aber das weiß nur Lenny - klar ich mag die beiden, aber so etwas sagt man dann doch nicht jedem.
Nicht dass sie es weiter erzählen würden aber sie würden mich anders ansehen.
Das tuen dir meisten wenn sie erfahren, dass man mental nicht so auf der Höhe ist.

»Von euch Süßen.« antworte ich stattdessen in einem witzelnden und flirty Ton.
»Uuuuii, hatten wir noch was an?« fragt Kathi und fächelt sich Luft zu.
»Nicht viel.« sage ich schmunzelnd und höre wie Kathi gespielt empört nach Luft schnappt.
Dann brechen wir alle in Gekicher aus.

»Hätte ich keine Freund, dann würde ich euch alle for real daten.« sagt Kathi, immer noch lachend, während sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischt.
»Lass den eifersüchtigen Penner das nicht hören!« witzelt Lenny, da Kathi's Freund nicht wirklich ein guter Partner ist.
Er sorgt beziehungsweise kümmert sich nicht um sie, gibt sich nie wirklich Mühe und ist ihr auch schon fremdgegangen - aber es war ja "nur" ein Kuss, meinte sie.

»Wohl wahr.« sagt sie und seufzt, schlürft dann ihre Milch weiter.
Bevor wir noch großartig weiter reden können, klingelt es und wir gehen deprimiert zum Mathe Unterricht.

»Sicher, dass ich nicht mitkommen soll?« fragt Lemny nach der letzen Schulstunde, doch ich schüttle den Kopf. »Das muss ich alleine machen, aber ich berichte dir, wie es gelaufen ist.«
»Will ich hoffen.« antwortet er, drückt mich kurz und rennt dann Richtung Bus, bevor er ihn noch - wie so oft - verpasst.

Nun stehe ich alleine da. In einer Pfütze wohl gemerkt, die mir erst in dieser Sekunde auffällt.
Ich atme tief ein und aus, bevor ich nach der Busverbindung zum Klinikum suche.

Und als ich dann im besagten Bus sitze und aus dem Fenster starre, frage ich mich, wie alles so schrecklich schlief laufen konnte?
Als Kund, da ist man nur traurig, wenn man all diesen traumatischen Mist erlebt. Ja, auch verwirrt und ängstlich aber sobald du alt genug bist, um zu verstehen, dass es nicht normal ist, was dir passiert ist, hörst du auf normal zu sein. Irgendwas im dir zerbricht plötzlich - und zwar auf eine Art und Weise, von der die wenigsten heilen.

Ich will nicht so denken, und doch finde ich Komfort in der Dunkelheit meines Kopfes.

Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich fast meinen Stop verpasst hätte.

Hastig stolpere ich aus dem Bus und auf den Gehweg, wo ich fast überrannt werde.
Ich murmel ein "Sorry" und will schon weiter gehen, als unsere Augen aufeinander treffen und meine Kinnlade nach unten klappt.

»Eren? Was machst du denn hier?«
Der Größere lag kurz. »Ich könnte dich das selbe fragen. Wohnst du hier in der Nähe?«
»Uhm nicht wirklich.« Und er ja auch nicht - ich war schließlich schon bei ihm zu Hause.
»Was machst du dann hier?« fragt er berechtigterweise.
Ach, scheiß drauf. »Ich besuche meinen Bruder in der Klinik.«
»In der Psychiatrie Valus? Da war ich auch gerade.«
Überrascht starre ich ihn an. »Ja? Darf ich fragen wieso?«

»Eine Bekannte von mir ist dort seit kurzem und ich wollte sie besuchen. Wie lange ist es bei deinem Bruder her?«
»Ein paar Wochen aber ich konnte mich erst jetzt dazu durchringen hier her zu kommen.«
Er sieht mich mit diesem kräftigen, verständnisvollen Augen an und fast vergesse ich das Bild von Mikasa's Lippen auf seinen.

Firefly | Eren x Reader Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt