Kapitel 5: Unerahnter Gedankengang

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„Deine Welt muss wahrlich interessant sein", entgegne ich und versuche mir vorzustellen, was in diesem Raum mehr moderner sein könnte.

Schließlich finde ich den Wasserkessel und setze sogleich heißes Wasser für den Kaffee auf. Delian bewundert dabei die Feuerstelle und stellt mir ernsthaft die Frage, wie die denn funktioniert. Daraufhin lasse ich mir von ihm erklären, wie er denn immer gekocht hat, verstehe aber „ich drücke einen Knopf und der Herd geht an und erwärmt mein Essen" nicht wirklich.

Wie auch immer, wir müssen nun einen Moment auf das Wasser warten.

„Oh das riecht aber gut, was ist das?", will Delian wissen und schaut in eine Richtung, aus der scheinbar ein wohlriechender Duft herein weht.

Auch ich folge dem Geruch nun und sehe am Ausgang von der Küche in den Innenhof gerade einen frischen Blaubeerkuchen auf der kleinen Steinmauer auskühlen.

„Das war früher mein Lieblingskuchen!", sage ich leicht verliebt in Gedanken an die Zeit als Mensch.

„Schade, dass wir das als Vampire nicht mehr essen können. Ich hätte den zu gerne probiert, der sieht echt köstlich aus, wenn du mich fragst", meint Delian und schaut voller Sehnsucht den Kuchen an.

„Warum genau essen Vampire eigentlich kein richtiges Essen mehr? Klar, wir trinken nun Blut, aber ... wird uns davon schlecht? Oder werden wir von Menschenessen krank?", frage ich eigentlich eher rhetorisch in den Raum hinein.

„Ich weiß auch nicht, da muss ich Val mal fragen", erwidert Delian nachdenklich.

Aus der Küche höre ich nun das Geräusch des Wasserkessels und Delian eilt nun hinein, um ihn von der Kochstelle zu nehmen. Ich komme aber von diesem verdammten Kuchen nicht weg, ich will ihn so gerne essen!

Ich bringe den Kuchen aber besser wieder rein, nicht, dass die Ameisen sich noch daran vergreifen!

Mit dem Kuchen in der Hand, der gefühlt mit jeder Sekunde noch besser und noch mehr nach Blaubeerkuchen riecht, gehe ich nun hinein.

Delian gießt gerade den Kaffee auf, den wir vorbereitet haben und sieht mich dann überrascht an.

„Fenja, was machst du da? Stell den Kuchen zurück, der gehört doch sicher wem!", meint Delian leicht panisch.

„Ich bin die Schlossprinzessin, schon vergessen? Wenn ich will, ist es mein Kuchen", sage ich.

Dabei stelle ich den Kuchen auf dem nächstbesten Tisch ab und starre ihn weiter an.

„Und jetzt? Willst du ihn in dein Zimmer stellen?", hakt Delian amüsiert nach und lehnt nun mit verschränkten Armen an der Arbeitsplatte neben dem Kaffee an.

Der wird nun einen Moment ziehen müssen.

„Nein, natürlich nicht. Ich ... will ihn essen. Weißt du was? Ich werde ihn jetzt essen!", kommt es aus mir heraus und ich gehe ein Messer aus dem Messerblock holen, um den Kuchen anzuschneiden.

In aller Ruhe hole ich mir noch einen Teller dazu und beginne dann den Kuchen in gleich große Stücke aufzuteilen. Delian starrt mich fassungslos an, als ob ich gerade ein Schwerverbrechen begehe. Dann hole ich ein Stück Blaubeerkuchen mit einem geübten, aber leicht ungewohnten Griff hervor und lege es auf dem Teller ab. Fehlt nur noch eine Gabel, also hole ich eine aus dem Besteckkasten und nehme dann den Teller mit dem Kuchenstück in die Hand.

„Lass das lieber, Fenja. Wollen wir nicht besser wen dazu holen? Willst du das jetzt echt essen? Fenja, warte! Lass ... Und, schmeckt das?", wirft Delian besorgt ein, sieht mich dann aber fragend an.

Ich stöhne laut auf und schließe vor lauter Genuss meine Augen.

„Ich habe noch nie einen so leckeren Blaubeerkuchen gegessen. Das ist so eine Wohltat! Du musst ihn auch probieren! Komm, trau dich!", platzt es himmlisch aus mir heraus.

Kronprinz Silas IIWhere stories live. Discover now