15 - Santino und Lillian Part III

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LILLIAN

Mein Herz klopft rasend schnell. Es fühlt sich an als würde es mir gleich aus der Brust springen, weil ich so nervös bin. Die Turbinen und der Wind hinterlassen ein Rauschen im Flugzeug. Ich sehe Lichter. So unglaublich viele Lichter, bei denen mir das Herz aufgeht. Dort wo die dicke Wolkendecke aufbricht, funkeln sie mir wie Millionen kleine Sterne entgegen. Es sind Wohnungen, Büros und Straßen. Ich sehe die Freiheitsstatue, das Empire State Building und das Rockefeller Center, die aus den dicken Schneewolken ragen. »Es hat sehr viel geschneit«, erklärt Santino mir. Er beobachtet mich, während ich aus den Fenstern starre und sehnsüchtig auf meine Heimat blicke. Ich kann kaum fassen, endlich wieder hier zu sein. »Unsere Landung verzögert sich weil sie die Landebahn räumen müssen. Der Schneesturm fängt zwar gerade erst an, aber er soll diese Nacht richtig losgehen. Wir sind gerade rechtzeitig da«, spricht er weiter. Ich nicke wie hypnotisiert und kann meine Augen nicht mehr von der Stadt nehmen. Mein Körper kribbelt nervös und schrecklich doll. Ich würde am liebsten schon dort unten sein.
»Lillian? Erde an Lillian«, resist Santino mich wieder ins hier und jetzt. Ein Ton erklingt und mein Blick huscht zu dem Symbol über der Tür, was mir klarmacht dass ich mich anschnallen soll.
»Ja? Hast du was gesagt?«, frage ich und schließe den Gurt vor meinem Bauch. Santino lacht leise. Seine raue Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken. Gott, ich liebe es.
Der Italiener nickt, öffnet den Mund doch als er zum ersten Wort ansetzt, unterbricht der Captain ihn mit einer Durchsage.
»Ladies und Gentlemen in kürze werden wir unser Ziel - New York City - erreichen. Ich bitte Sie auf ihren Plätzen zu verweilen und sich anzuschnallen. Taschen sind zu verstauen. Ich hoffe sie hatten einen angenehmen Flug, ihr Captain.«
»Da hast du deine Antwort«, fährt Santino fort. Ich lehne mich mit klopfendem Herzen zurück in die dicken Lederpolster und atme aus. Mein Magen dreht sich im Kreis und anstatt Purzelbäume zu schlagen, ist mir unwohl. Mist. Ich kann mich jetzt nicht übergeben...
Das leckere Essen vor ein paar Stunden und die Snacks zwischendurch müssen in meinem Magen bleiben, auch wenn es sich gerade so anfühlt, als befinden sie sich auf dem Weg hinaus. »Alles in Ordnung? Du bist blass«, stellt der dunkelhaarige mir gegenüber fest. Er mustert mich akribisch und runzelt die Stirn. »Hm, ich brauche nur etwas frische Luft und ein bequemes Bett«, lächle ich ehrlich. Ich kann kaum abwarten eine Dusche zu nehmen und mich in die Federn zu werfen. Ich habe extra den ganzen Flug nicht geschlafen und dank der Zeitverschiebung ist es fast Nacht in der Stadt. Das sollte den Jet Lag, wenn ich morgen früh aufwache, minimieren. Ich spüre wie das Flugzeug langsam an Höhe verliert und wir tief in das dicke Wolkenbett tauchen. Tiefer und tiefer hinein, bis es um uns herum nur noch trüb ist. Ein ruckeln fährt durch den Flieger und ich kralle mich ängstlich in den Ledersitz. Als könne der mich beschützen falls wir abstürzen. Schluckend sehe ich Santino an, der die Ruhe in Person zu sein scheint. »Sicher das wir landen können?«, frage ich ihn und sehe abwechselnd von ihm zum Fenster und zurück. »Der Captain macht das schon Mia Bella, keine Sorge.«
Er versucht mir zwar die Angst zu nehmen, aber schaffen tut er es keines Wegs.

Erst als wir endlich sicher auf dem Rollfeld stehen, atme ich auf. Meine verkrampften Schultern sinken sanft hinab, ich lege den Kopf in den Nacken. Zum Glück. »Hier dein Mantel.«
Schweigend ziehe ich ihn mir über und schließe ihn. Danach folgen meine Winterschuhe, die ich die ganze Zeit über ausgezogen hatte. Als letztes der Schal, als ich an der Tür des Jets zum stehen komme. Die eisige Luft schlägt mir wie eine Wand entgegen, die nicht mal die warme Kleidung von meinem Körper fernhalten kann. Fröstelnd klettere ich die rutschigen Stufen hinab, und betrete das noch glattere Rollfeld. »Wir sind der letzte Flieger der rein ist«, erzählt Santino mir die Hand reichen. Er zieht mich zu sich und führt mich an den Mitarbeitern vorbei zu den Autos. »Am JFK haben sie gerade den Flugverkehr lahmgelegt und hier soll es wohl in ein paar Minuten auch so sein.«
Ich höre ihm nur mit einem Ohr zu, weil ich mich viel zu sehr darauf konzentriere, nicht auszurutschen. Die Zeit in Palermo hat mir anscheinend nicht so gutgetan. Früher war ich viel sicherer auf den rutschigen Straßen New Yorks. Jetzt wackle ich unbeholfen wie ein Flamingo im Winter. Der Vergleich bringt mich zum schmunzeln.
»Willkommen zurück in den Staaten Signor und Signora Benelli«, begrüßen uns die Männer, die unsere Ankunft erwartet haben. Ich könnte schwören, sie vage in Erinnerung zu haben. Sie arbeiten für Santinos Familie, glaube ich.
Höflich wechsle ich ein paar kurze Worte mit ihnen bevor wir weiterlaufen. Ich klettere auf den Rücksitz des schwarzen SUVs, lasse mir von einem der Bodyguards die Tür schließen und schnalle mich an. Santino steigt auf der anderen Seite ein und dann geht es auch schon los. Während er einen kurzen Plausch mit dem Fahrer auf Italienisch führt, sehe ich wie das Flugzeug im Rückspiegel immer kleiner wird.

24 days til christmas | 18+Where stories live. Discover now