3 - Jane, James und Sawyer Part I

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JANE

Ein kalter Windzug erfasst meine Schultern als ich auf der Dachterrasse des Penthouses stehe und über die Stadt hinwegschaue. Im Dezember ist der Himmel grau über London. Zumindest regnet es nicht. Dies hielt Sawyer wohl für eine gute Gelegenheit, hier draußen eine zu rauchen. Er steht vorm gläsernen Geländer, ein paar Meter vor mir und hat mir den Rücken gekehrt. Ich traue mich allerdings, nur leicht bekleidet, nicht von der Tür weg. Hier oben sind es sicher unter null Grad und der eisige Wind dazu tut sein Übriges. Langsam wird es ungemütlich.
»Saw?«, rufe ich ihn skeptisch. Es ist das erste Mal, dass ich ihn heute zu Gesicht bekomme. Als ich aufwachte, war er bereits arbeiten. Kurz vor Weihnachten herrscht Trubel im Hotel und dies bedeutet auch, dass für mehr Sicherheit gesorgt werden muss. James und Sawyer haben alle Hände voll zu tun.
»Was machst du hier draußen?«, fragt der tätowierte dunkelhaarige mich und schnippt die Zigarette in den Mülleimer. »Ich hab dich hier stehen sehen«, erkläre ich ihm und sehe ihn Näherkommen. »Und das war eine Einladung für dich hier so halbnackt zu stehen?«
»Ich bin nicht halbnackt«, verteidige ich mich und schaue an mir herab. Die dünne Leggings und das Shirt sind nicht sonderlich warm, aber nackt? Nein.
»Also was gibt's?«
»Ich wollte nach dir sehen. Brauchst du ... Hilfe?«, biete ich mich fragend an. Sawyers Augenbrauen schnellen in die Höhe, als er mir die Tür öffnet und ich zurück ins warme Penthouse trete. Meine Finger beginnen augenblicklich vom Temperaturunterschied zu kribbeln, so wie meine Füße. Hoffentlich sind sie noch nicht abgestorben. »Du? Mir helfen?« Er klingt, als hätte ich ihn etwas völlig Absurdes gefragt.
»Ja, ist das so abwegig?«
»Schon. Du hast doch gar keine Ahnung von dem Zeug.«
Schnaubend verschränke ich meine Arme vor der Brust und schaue zu ihm auf. Er überragt mich mühelos um einen Kopf, jetzt, da er so dicht vor mir steht. »Ach ja?«
»Ja«, behauptet er standfest. »Wieso denkst du das?«
»Hast du denn eine Ahnung von Security?«
»Nun ja«, ich räuspere mich, »wenn einer Ärger macht, muss er raus.«

Sawyer beginnt zu grinsen, was er aufgrund seiner so grummeligen Art sonst nicht tut. »So einfach ist das nicht, Täubchen«, höhnt er und nennt mich, wie James das immer tut. Idiot.
»Dann komm wenigstens in Kingsley zur Weihnachtsshow«, bitte ich ihn und klimpere mit den Wimpern. Doch Sawyers Gesichtsausdruck verdüstert sich. »James hat dir doch verboten, da mitzumachen Jane. Wenn er erfährt das du-«
»Das ich was? Hm? Immerhin ist das mein Job hier gewesen bevor ihr-«
»Bevor wir unsere Schwänze in dich gesteckt haben?«, unterbricht er mich amüsiert.
Ich haue ihm gegen die Brust. »Du weißt, was ich meine.«
Sawyer zuckt mit den Schultern und macht auf dem Absatz kehrt. Er läuft einfach los, obwohl wir uns noch unterhalten. Mistkerl!
»Warte doch mal!«, rufe ich ihm hinterher und habe Mühe, mit ihm mitzuhalten. Er steuert auf den Fahrstuhl zu, ohne mir noch einen Blick zu schenken. »Wohin gehst du?«
»Ich dachte du wolltest was von Security lernen? Wenn du so langsam bist, wird das nie was Jane«, erklärt er mir kopfschüttelnd und tritt in den Aufzug. Ich quetsche mich gerade noch so durch, bevor die Türen sich schließen.

Meine Augen werden so groß wie zwei Untertassen, als ich mir seiner Worte bewusstwerde. »Echt jetzt?«
Sawyer verdreht die Augen und seufzt genervt auf. »Ja echt jetzt«, äfft er mich nach und hält seine Zugangskarte an das Feld neben den Tasten. Er drückt ein paar, dann setzten wir uns in Bewegung und ich kann kaum fassen, dass er wirklich ja gesagt hat. Oben im Penthouse war mir schrecklich langweilig. Es ist zwar riesig wie ein Palast und beherbergt einen Pool, Fitnessraum und etliche andere Aktivitäten, aber auf Dauer wird es einsam. Da James und Sawyer üblicherweise den Großteil des Tages arbeiten, bleibt mir nur noch unsere Tochter und die Haushälterin. Die sind beide nicht sehr gesprächig.
»Also was steht auf dem Plan?«, hake ich neugierig nach, während der Fahrstuhl durch die Geschosse rauscht. Ein Blick auf seine Uhr, bevor er mir antwortet und die Türen sich gleichzeitig mit einem pling öffnen. »Folge mir erstmal«, sagt er und läuft los. Mit großen Augen betrete ich eine Etage des Hotels, auf der ich noch nie zuvor war. Sie ähnelt den Gästeetagen sehr, doch der Boden und die Zimmertüren unterscheiden sich. Ein Summen liegt in der Luft und es riecht nach Industriehalle. Fenster gibt es keine. Ob wir im Keller sind? »Was ist das hier?«, will ich wissen und beschleunige meine Schritte, um aufzuholen. »Die Etage unter dem Penthouse«, erklärt er und hält inne. Sawyer dreht sich herum und deutet auf die Richtung, aus der wir gekommen sind. Verwundert folge ich seinem Finger. »Aber auf der Etage unter dem Penthouse sind die Suiten«, stelle ich fest. Sawyer nickt. »Direkt hinter der Wand da, ist der Flur für die Gäste. Doppelt gemauert mit Bewährungsstahl und Schallschutz verkleidet. Wir könnten hier drinnen ein Rockkonzert feiern und die würden es nicht hören«, erklärt er mir mit einem belustigten Unterton. Jetzt macht es klick bei mir. »Das ist ja wie in einem Film«, murmle ich begeistert und folge Sawyer weiter den Flur hinab. Wir biegen um etliche Kurven, bereits nach der zweiten weiß ich nicht mehr, wo ich bin. Einige seiner Security Mitarbeiter begegnen uns auf unserem Weg, sie tragen alle schwarze Kleidung und sehen aus wie Mi6 Agenten. Gruselig und angsteinflößend. Ob das die Männer sind, die mich damals aus den Fängen von Sergio Krakov befreit haben?

24 days til christmas | 18+Where stories live. Discover now