14 - Miro und Elena Part III

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MIRO

Elena scheint keinesfalls begeistert von unserem Plan. Die Eremitage ist kein leichtes Ziel und ich weiß, dass sie für dieses Museum einen besonderen Platz im Herzen hat. Aber Plan ist Plan und wenn unsere Beute dort lagert ist das eben so. Meine Kunden bauen auf uns.
Trotz dessen, dass sie so griesgrämig vor den Bauplänen steht, hat sie zugestimmt mitzumachen. Ich kann nicht fassen, dass sie ja gesagt hat. Ich weiß nicht, was sie schlussendlich zu dieser Entscheidung getrieben hat. Vielleicht die Neugier, vielleicht die Angst. Eines steht fest - ich hätte nie gedacht sie würde zustimmen und doch insgeheim gehofft. Das sie daran teilnimmt gibt mir einen besonderen Kick. Sie ist meine Frau und wir beide werden die Eremitage ausrauben. Fuck, Ich liebe diesen Satz. Vielleicht ist sie doch durchtriebener als ich dachte, mein kleines Lämmchen.
Ich schmunzle in mich hinein während ich die Karte zusammenfalte und sie verräume. Dabei muss ich an unser erstes richtiges aufeinandertreffen denken. Nicht damals, als sie mich auf der Straße vor Vladislavs Herrenschneiderei umrempelte, sondern als ich sie rettete und sie in meinen Armen lag. Den Abend werde ich nie vergessen.

»Pscht«, raune ich in ihre langen dunklen Haare, während sie schwer unter meiner Hand atmet. Ich halte ihr den Mund zu, habe den Arm um ihren Bauch geschlungen und halte sie fest an mich gepresst, damit sie mich nicht abschütteln kann. Nicht, als hätte sie es nicht versucht. Erfolglos. Ich bin zu stark für sie, auch wenn das Adrenalin in ihr, ihr ziemliche Kräfte verleiht. Gegen mich kommt sie nicht an, und das merkt sie endlich.
Schüsse erklingen und ihr zierlicher Körper zuckt zusammen, als hätte man sie getroffen. Ein fieses schmunzeln schleicht sich auf meine Lippen. Da ich hinter ihr stehe, sieht sie es nicht. Sie wimmert und ich sehe glitzernde Tränen, die mir über meine behandschuhte Hand rinnen. Das salzige Wasser scheint hell im gelben Licht der Laternen. Dabei ist es dunkel in der Gasse. Dummes Mädchen...
»Sei still«, raune ich ihr ins Ohr. So nah, das meine Lippen ihre Haut berühren. Ich verfestige verdeutlichend meinen Griff um sie, damit sie nicht denkt ich scherze. Kein Blatt passt mehr zwischen uns.
Meine Augen gleiten zur Straße und dem Wagen, dessen grelle Scheinwerfer Licht auf das Kopfsteinpflaster werfen. »Welch ein dummes kleines Lamm«, wispere ich und lasse meine Augen an ihr hinab gleiten. Ihr betörender Duft zieht mir in die Nase und lässt mich die Augen für einen Moment schließen. Im Gegensatz zu ihrem, pocht mein Herz langsam. »Ich will dir nichts Böses«, erkläre ich ihr ehrlich. Sie schüttelt ungläubig den Kopf, weil sie mir nicht traut. Verdammt ich würde mir in dieser Situation selbst nicht trauen, wäre ich sie. Verzweifelt kratzen ihre langen Krallen über meine Hand an ihrem Mund. »Lass das«, fahre ich sie zischend an. Das wird ihr ohnehin nichts nützen.
Genervt drücke ich sie aus der dunklen Gasse hinaus auf die Straße. Im Kegel der Laternen treten wir auf den Mercedes zu. Ihr Blick haftet an der Leiche, dessen Blut das Kopfsteinpflaster tränkt. Mir könnte es nicht egaler sein. Der Mistkerl wollte ihr wehtun.
Lew öffnet uns ebenso unbeeindruckt wie ich mich gebe, die Hintertür des silbernen Fahrzeugs. Ich drücke Elena auf die Rückbank, bevor ich mich selbst setze. Meine Jungs werden den Kerl der vor dem Auto liegt, standesgemäß entfernen und uns dann hier wegbringen. Die Tür verriegelt sich nachdem wir uns beide im inneren befinden. Sie sitzt in der Falle und das weiß sie.
Gegenüber von ihr sitzend, lehne ich mich lässig zurück und schaue ihr zu. Sie rutscht mit ihren nackten Beinen Unbehagen über das teure Leder des Sitzes. Mich kann sie nichtmal anschauen. Lew startet den Wagen, was ich spüre als er losrollt. Dank der Trennwand zwischen Fahrer und dem Rest des Autos, sind wir völlig allein. Elena streicht sich eine dicke haarsträhne aus dem Gesicht und unsere Blicke kreuzen sind endlich. Sie schluckt, als wäre da ein dicker Kloß gewesen, der es ihr vorher unmöglich machte, zu atmen. Zugleich sieht sie mich an, als wäre ich ein Mörder - ihr Feind. Dabei habe ich sie gerettet. Sie nimmt sich einen Moment um mich offensichtlich zu mustern. Ich gebe ihr den, weil ich es auch tue. Sie ist eine Schönheit.
»Du solltest aufpassen, von wem du dir einen Drink spendieren lässt, Britin«, rate ich ihr schließlich. Das was sie tat war unglaublich leichtsinnig. Hätte ich es mitbekommen, läge sie jetzt dort auf dem kalten Steinboden und nicht ihr Peiniger. Es geht so wahnsinnig schnell. Man merkt gar nicht, wie man zum Opfer wird. Und wenn man es tut, ist es bereits zu spät.
»Mein Name ist Miro«, stelle ich mich also höflich vor. Ich will nicht, das sie denkt ich wäre genauso wie der Kerl. Das bin ich keinesfalls. Sonst hätte ich sie nie aus dieser äußerst primären Lage gerettet. Ich strecke ihr meine Hand entgegen, doch sie starrt sie an, als würde sie sich daran verbrennen. Mein Mundwinkel zuckt. Vor was hat sie Angst?
Ich nicke auf meine Hand, als Verdeutlichung sie anzunehmen. Sie traut sich erst nach kurzem Zögern. Als ihre warmen Finger die meine zum ersten Mal berühren, schießt ein seltsames kribbeln durch meinen Körper.
»Elena«, erwidert sie mit leiser, dünner Stimme. So schnell wie unsere Berührung begonnen hat, desto schnell ist sie schon wieder vorbei. Sie zieht ihre Hand ruppig zurück, überschlägt ihre Beine unwohl und sieht mich an. »Habt ihr ihn da liegengelassen?«, erkundigt sie sich und lenkt auf ihren Peiniger zurück. Ihre Frage amüsiert mich. »Natürlich nicht, man wird ihn morgen früh in der Newa finden«, sage ich und zucke gelangweilt mit den Schultern.
»Was wollen sie von mir?«
Ihre Frage bringt mich zum Lachen.
»So vieles, Elena«, schmunzle ich und spiele an meiner teueren Armbanduhr, ohne nur einmal den Blick von ihr abzuwenden. »Wo soll ich nur anfangen?«

Der Schlitz an ihrem Kleid entblößt ihr Bein bis zur letzten Hälfte des Oberschenkels. Sie schaut verboten gut aus. Ich kann den Fakt, dass sie mich verdammt anmacht, nicht leugnen. Ihr roter Lippenstift, der schon etwas verwischt ist von meiner Hand, klebt nun an meinem weißen Taschentuch. Der Duft von Blüten hat sich im Wagen breitgemacht und erinnert mich an einen warmen Sommermorgen. Ihre langen dunkelbraunen Haare umrunden ihre Silhouette. Nur die nackten Füße passen nicht ins Bild.
»Deine Schuhe lagen in der Gasse«, sage ich, aber das weiß sie schon. Ich sehe sie kaum merklich schlucken. »Du hast mich ebenfalls verfolgt«, murmelt sie. Selbstbewusst schüttle ich den Kopf und entledige mich meines Jacketts.
»Ich habe dich gerettet«, stelle ich klar. Das macht einen großen Unterschied. Sie sollte lieber dankbar sein.
»Du kanntest ihn...«, stellt sie wispernd fest, traut sich nicht die Augen von mir zu nehmen. Süß.
»Er war mir bekannt. Aber mein Bekannter? So weit würde ich jetzt nicht gehen. Außerdem wollte er unaussprechliche Dinge mit dir tun«, versuche ich ihr klarzumachen. Seit sie mich angerempelt hat, war mir klar, dass ich mehr über sie wissen muss. Es gibt nur wenige Frauen auf diesem Planeten, denen ich meine Aufmerksamkeit schenke. Das Sie nun dazugehört, scheint beängstigend für Sie zu sein. Dabei wäre mir viel lieber, wenn sie es mit mir treiben würde, anstatt so lange zu labern.
»Wer war er?«
»Keiner der sich interessieren muss. Er war ein Niemand.«
»Okay«, antwortet sie schlicht, aber ihre Stimme lässt mich zweifeln. Dieser durchdringliche Blick in ihren Augen sagt mir, dass sie es nicht gut sein lassen wird.
»Vielleicht solltest du dich für meine Großzügigkeit bedanken, Elena.«
In Gedanken streiche ich das vielleicht. Es ist nur höflich, wenn sie mir eine kleine Gegenleistung dafür erbringt. Schließlich habe ich ihr den Arsch gerettet.

In Gedanken versunken merke ich nicht, wie sie sich mir genähert hat. Lew und der Rest sind bereits aus dem Gewölbe verschwunden und haben uns allein zurückgelassen. »Bist du dir bei der Sache sicher?«, hinterfragt sie meinen Plan. Sie weiß, dass mir nicht gefällt wenn sie mich anzweifelt. »Ich hab alles im Griff«, sage ich ehrlich. »Wenn es unmöglich wäre, würde ich dich kaum mitnehmen milaya«, mache ich ihr klar. Ihre Augen klaren bei dem Spitznamen auf, den ich ihr gegeben habe. Er bedeutet sowas ähnliches wie Süße. Auf Dauer wird es sonst zu trist, wenn ich sie immer nur Lämmchen nenne.
»Ich mache mir nur sorgen wegen den Kindern und-«
»Das verstehe ich«, gebe ich zu und streiche ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie ist nervös.
»Glaub mir, ich war genauso aufgeregt vor meinem ersten Auftrag. Ich weiß aber, dass alles gut werden wird.«
»Was macht dich da so sicher?«, wispert sie. Ihre Augen sind so groß wie die eines Welpens geworden. Meine Hand gleitet in ihren Nacken und ich vereine sanft unsere Lippen miteinander. »Ich habe doch dich. Du bist mein Glücksbringer.«

24 days til christmas | 18+Où les histoires vivent. Découvrez maintenant