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MANUEL


"Haben wir dich geweckt?" fragte ich sie, ohne sie anzufassen, auch wenn es unglaublich hart war, dem zu wiederstehen. Sie schüttelte leicht ihren Kopf, ohne von mir wegzusehen, was mir ehrlich gesagt gefiel.

Sie sah nie jemand anderen an. Weder meine Cousins, als wir in Barcelona waren noch meine Brüder, die da saßen und sie beobachteten.

Sie sah alleine mich an und das Gefühl war der Wahnsinn.

"Ich muss beten." erklärte sie mir leise und verlegen und ließ meinen Mundwinkel dabei zucken. Die Worte habe ich bisher noch von keinem Menschen gehört mit dem ich zutun hatte und der sie ernst meinte.

Ehrlich gesagt wusste ich nicht mal, ob ich je wirklich gebeten habe.

Vermutlich nicht.

Der liebe Herr da oben, würde jemandem wie mir wahrscheinlich sowieso keinen Gefallen tun, von daher ließ ich es am besten einfach sein.

Sie aber.

Bei Gott, ich hoffte für sie alleine, dass es so etwas wie einen Gott gab, damit sie in diesem und in jedem anderen Leben das beste hatte.

"Da vorne ist das Bad." erklärte ich ihr und zeigte es ihr kurz. Selbst während wir durchs Wohnzimmer liefen, sah sie die beiden nicht an, sondern senkte ihren Blick und sah den Boden vor sich an, bis sie vor der Türe hielt und mich schwach anlächelte.

Auch wenn ich selber nicht religiös war, kannte ich mich mehr oder weniger damit. Schließlich schadete es nie, über alles Bescheid zu wissen. Daher wusste ich auch, warum sie mir davon erzählte, weil sie ihre Gebetswaschung noch machen musste.

"Was?" fragte ich die beiden, als sie die Türe schloss und ich die beiden ansah. Ihre Blicke waren leicht irritiert und überrascht, als hätten sie gerade einen Geist gesehen.

"Glaubst du nicht, dass du total Fehl am Platz bist, bei einer Frau wie ihr?" fragte mich Dario, noch immer total verstört. Die Abfälligkeit in seiner Stimme war kaum zu überhören und wem sie galt wusste ich genau.

Sie galt nicht mir.

Sie galt alleine ihr.

So waren die beiden aber schon ihr Leben lang.

Alles was sie nicht kannten oder alles was sie nicht verstanden verabscheuten sie und wie ein Mensch so sein konnte wie sie, verstand vermutlich keiner von uns dreien.

Ich meinte damit nicht ihre Religiöse Ader. Viel eher die Art und Weise wie sie mich ansah und wie sie mich beruhigte.

"Ich sag es euch beiden genau ein mal." fing ich an zu sprechen und sah die beiden ernst an, als ich wieder an sie dachte. "Bekomme ich mit, das ihr ein falsches Wort zu ihr sagt oder ihr sie Zuhause in den Dreck zieht, habt ihr ein Problem mit mir." erklärte ich ihnen ehrlich und wusste nicht ob ich sie je mit nachhause nehmen würde, aber für den Fall, sollte keiner sie ansehen oder mit ihr sprechen, als wäre sie schlechter als einer von uns.

Die beiden hoben ihre Augenbraue leicht und wussten genau, sie hatten nicht den Hauch einer Chance gegen mich, wenn es sein musste.

Die Türe des Badezimmers öffnete sich leise, was mich zu ihr sehen ließ. Langsam lief sie durch das Wohnzimmer und sah mich kurz an, bevor sie im Schlafzimmer verschwand und sie die Türe hinter sich schloss.

"Mach doch was du willst." sprach Carlos genervt aus, als er aufstand und ich ihn ansah, bevor Dario aufstand. "Wir wollten nur sehen, dass es dir gut geht. Viel Spaß mit dem Sonnenschein." sprach er nun aus und ließ mich in sein Gesicht sehen.

Wir wussten beide, dass Spaß haben mit ihr in unserem Fall alles andere ist, aber nicht die Art Spaß die ich normalerweise bei Frauen bevorzugte.

Aber das war mir gerade egal. 

Die beiden gingen und ich stand langsam auf, bevor ich ins Schlafzimmer ging und ich an der Türe stehen blieb.

Ich musste tief durchatmen nud sah ihre dabei zu, wie sie betete und ich glaube in meinem ganzen Leben habe ich noch nie etwas schöneres gesehen hatte, als diese schöne kleine Frau, die auf dem Boden kniete und sie betete.

Sie war einfach unfassbar schön.

Schön und Rein irgendwie, wenn das Sinn ergab.

Wie gebannt und wie ein kleiner Junge stand ich noch immer an der Türe und sah ihr zu, bis sie dann wieder aufstand und sie sich dann zu mir umdrehte und ihre großen Augen in meine sahen.

Vielleicht war das gerade nicht in Ordnung.

Vielleicht durfte ich ihr dabei nicht zusehen.

Vielleicht wollte sie es auch einfach nicht.

"Sorry, ich wollte nicht.." fing ich an zu sprechen und verstummte nach den Worten, da ich nicht mal wusste, wieso ich lügen sollte. Ich wollte ihr zusehen. Ich wollte sie verstehen und ich wollte sie einfach nur ansehen.

Auch wenn ich sie nicht verdient habe.

Es fühlte sich trotzdem richtig an.

"Du wolltest nicht?" hakte sie leise lachend nach, während sie mich noch immer ansah, von der selben Stelle und ich dann anfing zu grinsen wie ein Kind. "Ich wollte dir einfach nur zusehen." gab ich ehrlich zu und sah dabei zu, wie sich auf ihrem schönen Gesicht ein Lächeln bildete.

Freute sie das?

"Das stört mich nicht. Du musst dich dafür nicht entschuldigen." erwiderte sie dann und erleichterte mich damit, da ich jetzt schon wusste, ich würde ihr so oft zusehen wie ich konnte.


MANUELWo Geschichten leben. Entdecke jetzt