Kapitel 2

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ELODIE

Ein fieses Piepen drang in mein Bewusstsein.  Dieser Piepston stach schon fast schmerzhaft in mein Trommelfell. Es nervte mich immer mehr, bis ich begriff, dass es mein Wecker war. Verschlafen drehte ich mich herum und tastete danach. Ich bekam ihn zu fassen und stellte ihn auf Snooze. In fünf Minuten würde er erneut starten mit diesem ekligen Ton. Aber genau das war es was ich brauchte, damit ich morgens aus den Federn kam. Ich kuschelte mich nochmals tief in die Decke und kostete die wenigen Minuten die mir blieben bis in die letzten Sekunden aus. Erneut nervte mich der Wecker und ich schaltete ihn ab. Ich schlug die Decke zurück und schwang mich aus dem Bett. Wenigstens hatte ich nach meinem Alptraum noch mehrere Stunden ruhigen Schlaf gehabt und ich fühlte mich erstaunlich wach und fit.

Ich hatte immer für alle eine fröhliche Begrüßung, denn ich war nun schon ca. eine Stunde wach. Das war in etwa die Zeit die ich brauchte um meine Morgenmuffeligkeit abzuschütteln. So parkierte ich also meine kleine Karre und schlug die Tür zu. Sie brauchte immer einen kräftigen Schubser, sonst schloss sie sich nicht richtig.
Gleich neben mir stieg Melanie aus ihrem Wagen und gesellte sich zu mir. "Morgen Elodie" Ich grüßte sie zurück und gemeinsam liefen wir das kurze Stück bis zum Gebäude. Gross prangte die Inschrift SOLEONID an der Fassade. Eine riesige Firma, die schon lange nichts Familiäres mehr darstellte. Produktion und Absatz und am wichtigsten der Umsatz. Darauf wurde hier am meisten Wert gelegt. Mel und ich hatten schon in dieser Firma gearbeitet, als noch der Senior Chef das Sagen hatte. Dann wurde Fusioniert und ein Wolkenkratzerähnliches Gebäude aus dem Boden gestampft. Der Senior Mr. Martinez wurde abgelöst von der Juniorin Mrs. Martinez und seither, war es nicht mehr wie vorher.
Melanie und ich teilten uns ein Büro und waren zudem ziemlich beste Freundinnen. Ich war froh, hatten wir auch in diesem Gebäude den Bürotisch im selben Raum.

Kaum saßen wir an unseren Plätzen, wurde die Tür ruckartig aufgestoßen. Unsere Vorgesetzte platzte herein. "Guten Morgen" sprach sie uns beide an. Wir grüßten sie höflich aber kurzangebunden zurück. Es gab bessere Chefs als Mrs. Martinez, denn die mühsamen Arbeiten schob sie an ihre Angestellten ab. Das Lob steckte sie aber trotzdem gerne ein. Solche Menschen konnte ich nicht ausstehen und doch arbeitete ich für sie. "Ihr werdet heute einen Praktikanten bekommen. Er hat sich erst heute morgen angemeldet und darum gebe ich auch erst jetzt Bescheid. Elodie du übernimmst die Verantwortung. Er wird für die nächsten zwei Wochen die gleichen Arbeitszeiten haben wie du." Nach einem kurzen Blick auf ihre schicke und teure Armbanduhr richtete sie ihre abschließenden Worte an uns. "Er wird in einer halben Stunde da sein. Ich bin in meinem Büro." Daraufhin schloss Mrs. Martinez die Tür hinter sich. "Ach man, erst letzte Woche hatte ich schon einen Praktikanten und der war einfach nur strohdumm und fauler als ein Faultier." Faultiere brauchten am Tag bis zu 20 Stunden Zeit um zu schlafen oder ruhen und genau das hatte der Praktikant getan. Er saß auf seinem Stuhl und starrte auf den Monitor. Bewegte kaum einen Finger und interessierte sich Null. Ich verzweifelte fast bei so viel Demotivation.
"Elodie beruhige dich. Vielleich ist er ja richtig nett oder er ist echt heiß." Anzüglich wackelt Mel mit den Augenbrauen und ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.
"Na das wär mal was Neues" Bis jetzt hatten wir noch nie einen heißen Typen. Es gab wohl nette und interessierte aber als heiß hätte ich keinen von ihnen bezeichnet.

Der Berg an Papierkram hatte sich von den letzten zwei Wochen angehäuft, da ich den Praktikanten betreuen musste. Auf soetwas wurde nicht Rücksicht genommen. Also vertiefte ich mich in die Berge von Papier.

Plötzlich klopfte es an der Tür. Ich erhob mich und ging auf sie zu, doch bevor ich den Griff in den Händen hatte, öffnete sie sich nach innen und schlug mit der Kante direkt in mein Gesicht. Benommen taumelte ich zurück und hielt mir die Hände auf die schmerzende Stelle. "Aauu" "Oh nein, das tut mir unendlich leid." Ich kannte diese Stimme nicht. Es musste wohl der Praktikant sein. Ich sah zur Tür und tatsächlich stand dort ein junger Mann. Verlegen und mit einem entschuldigenden Blick, sah er zu mir.

DreamwalkerWhere stories live. Discover now