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Gideon hatte ihr noch zum Abendessen ein Hühnchencurry bestellt.
Im Nahen Ort gab es da wohl sogar einen Inder mit eigenem Restaurant.
Und ja, er kocht nicht schlecht, aber das Curry ihrer Mutter war trotzdem um Klassen besser. Sogar ihr eigenes war um Klassen besser.
Aber wer wollte nun klagen?!
Hauptsache, es gab nicht wieder irgendeinen undefinierbaren Eintopf, wo sie vielleicht auch eine Kuh mit verarbeitet hatten.

Also, aß sie mit Genuss und kaute jeden Bissen sorgfältig, derweil es sich Gideon ihr gegenüber mit seiner offenen Pizzaschachtel gemütlich gemacht hatte. Naja, eigentlich waren es sogar zwei Pizzaschachteln. Der Typ hatte wohl echt Kohldampf.
Ob wohl die mentale Anstrengung, einen Bann über andere Menschen zu wirken, derart hungrig machte? Fühlte er sich vielleicht sogar erschöpft dadurch? Verlor er zu viel Energie?

Da hörte er plötzlich auf zu essen und runzelte nachdenklich die Stirn.
„Hm, gute Frage. Ich würde ja mal sagen jein, allerdings... nun... eher nicht.
Aber seit ich ein Werwolf-Alpha bin, scheine ich ein Bandwurm im Magen zu haben, der auch noch mit gefüttert werden will.", brummelte er düster und seufzte leise, bevor er Achselzuckend weiter futterte.
Oh...
Rena errötete einmal mehr.
Wann würde sie es endlich lernen, das Gideon all ihre Gedanken nun mitbekam? - Und vermutlich auch noch ihre Gefühle.

„Ja ... das ist echt auch für mich immer noch voll Creepy. Vor allem seit dem Biss. Und ja, das Finde ich genauso schräg wie du gerade.
Ich höre dich einfach, so, als würdest du gerade vor mir über mich sprechen. Dabei denkst du es ja eigentlich nur.
Aber der Zeit habe ich echt Probleme, dass eine vom anderen auseinander zu halten, vor allem, wenn ich dich nicht direkt ansehe. Und sogar diese gedankliche Mauer zu errichten, fällt mir gerade ziemlich schwer.
Also... Tut mir echt leid, dass ich die ganze Zeit in deine Gedanken hinein funke.
Ich sollte mich da lieber nicht einmischen, wenn du dich ja eigentlich gar nicht mit mir unterhalten willst. Aber du denkst nun mal ziemlich laut.
Und So intensiv hatte ich den Link bislang auch noch nicht ... zumindest mit anderen Werwölfen. Aber wir sind ja nun auch echt was mega-krasses ... nämlich ... tja... seelenverwandt.", antwortete er diesmal ziemlich ernsthaft und schlang dann kopfschüttelnd ein weiteres Stück von der Pizza herunter, wie ein hungriger Wolf.

„Übrigens mag ich ebenfalls indisches Essen. Aber ich finde den Inder hier auch nicht so gut. Danke, dass du mir das noch mal bestätigt hast.
Schließlich möchte ich nicht als ausländerfeindlich betrachtet werden, wenn ich sage, dass mir sein Essen nicht so schmeckt. Aber wenn dein Curry wirklich um Klassen besser ist, dann sag einfach an, was wir für dich einkaufen sollen, und dann kannst du ja selbst kochen, wenn du das wirklich magst und es dir irgendwann besser geht.", meinte er noch locker.
Sie nickte nur schweigend und aß weiter. Bis ihr etwas einviel.
„Das Könnte dann aber echt teuer werden. Die guten Zutaten kosten nämlich echt ordentlich Geld.
Vor allem die Gewürze, wie Safran und Kurkuma ... und wenn man auch noch nach ayurvedischen Gesichtspunkten kocht, so wie meine Maan..."
Er sah sie kurz Stirnrunzelnd an. Verstand das Wort nicht, bekam sie nun ebenfalls mal seine Verwirrung zu spüren und rollte mit den Augen.
„Meine Mutter.", erklärte sie ihm dann ebenfalls mal seufzend und er zog lediglich die Brauen hoch.
Bestell ruhig, wir bekommen von der Regierung gerade großzügig Unterhalt, auch wenn vieles für Baustoffe draufgeht, bleibt, da immer noch ein ganzer Batzen übrig, von dem wir alle, sicherlich zwei Jahre lang normal und anständig leben können. Allerdings bekommen wir ja nächstes Jahr schon wieder die nächste Überweisung.
Diese Beträge sind wirklich utopisch, für Werwölfe. Da können die normalen Menschen da draußen nur von träumen, so sehr unterstützt zu sein.", erklärte er ihr angelegentlich.
„Aber dafür sind die Menschen auch nicht in Territorien eingesperrt und dürfen Sie nur mit Erlaubnis der Polizei und bewaffnete Eskorte verlassen.", wandte Rena vernünftig ein.
„ Er nickte lediglich ruhig und Verzug noch einmal das Gesicht. Naja, es hat eben Vorteile und auch Nachteile. Der Vorteil ist, und teure Gewürze und Zutaten musst du dir keine Sorgen machen.
Sag einfach an, hast du brauchst und du bekommst es. Wir können auch morgen einkaufen gehen, wenn du willst...
„Oh, nein... sorry, aber das können wir nicht so einfach. Denn indisches Essen und Gewürze für Restaurants oder du auch nur zu Hause bekommst du nicht einfach irgendwo um die Ecke im Supermarkt. Dafür gibt es ausgesuchte Händler überall in Deutschland, und sie liefern das dann per Post Versand oder sogar per Spedition, wenn es größere Mengen sind.", erklärte sie ihm zweifelnd, doch er nickte lediglich zustimmend und grinste kurz.
„ okay, wenn du weißt, an wen du dich wenden musst, dann mach einfach und bestell was und wo auch immer du willst. Als Luna dieses Rudels bekommst du natürlich ab sofort vollen Zugriff auf das Bankkonto, genauso wie der Rat.
Nur mach es bitte nicht so scharf, dass wir nachher alle Feuer spucken müssen.", zwinkerte er ihr noch mal zu und Rena musste nun mal ebenfalls lächeln.
„Also mildes kochen für deutsche Gaumen, die nichts wirklich scharfes kennen ... okay. Ich kann ja einfach mal zwei Varianten machen, dann könnt ihr es euch aussuchen, wie ich zukünftig würzen soll.", lächelte sie ihn schüchtern an und dachte dabei unwillkürlich, dass sie so jetzt zumindestens noch einen weiteren nutzen erfüllen konnte, sobald die Apotheke eingeräumt war und die Ärztin alles so hatte wie sie. Es haben wollte.
Na, Das war doch immerhin  schon mal was ...
So fand sie letztlich doch noch eine Daseinsberechtigung...
Kurz hielt er im kauen inne und hob den Blick. Seine grünen Augen waren nun so unglaublich eindringlich ... so tief ... so bannend ... so ... so...
Du hast auf jeden Fall eine Daseinsberechtigung! Wir alle haben die, Rena! Und nur, weil uns irgendwelche Werwölfe Gebissen haben, heißt das nicht, dass wir deshalb keine Menschen mehr sind. Gott und sicher auch deine Götter, haben dich zu einem bestimmten Zweck erschaffen.
Er ist uns jetzt noch nicht klar. Und vielleicht würde er uns auch niemals klar sein, weil wir keine geborene Bestie sind, die es gut finden, sich in Wölfe zu verwandeln und den Mond anzuheulen.
Doch das heißt nicht, dass unsere Existenz völlig grundlos und damit sinnlos ist. Ich für meinen Teil, denke inzwischen, ich wurde dafür geboren, uns alle aus dem Schwarzwald rausgeholt zu haben. Dabei haben wir auch noch einige von den fiesesten Bestien erschossen, die unzählige unschuldige Menschen zum Werwolf gebissen haben.
Jetzt haben wir auch noch ein Territorium. Es wird uns besser gehen, wenn wir auch noch ordentliche Häuser und Wohnungen haben, wenn wir eine Beschäftigung haben, arbeiten gehen und eine Ordnung generieren, um dieses Territorium zu legitimieren.

Rena neigte leicht den Kopf zur Seite, als sie seine nun rasch dunkler werdenden Augen bemerkte.
Chhed schaltete sich nun ein?
Wozu?
Auf einmal sprang Gideon direkt über sie und drückte sie auf das Bett zurück und in die Kissen. Ein Wölffisches Lächeln glitt über Gideons Gesicht. Sie bemerkte sogar, dass seine Reiszähne wieder gewachsen waren, und die Augen waren jetzt auch schon wieder tiefschwarz geworden.
Mit einer sachten Bewegung nahm er ihr die Curryschale aus den Händen, woran sie sich immer noch klammerte, und stellte sie bei Seite.
„Chhed...! Was... tust du?", versuchte Rena, sich nur wieder verlegen aufzusetzen, doch der innere Wolf drückte sie sofort wieder in die weichen Kissen zurück.
Was Gideon sich nicht traut, zu sagen, ist folgendes, kleine Mate: du bist für uns das wichtigste Wesen auf dieser Welt. Würdest du nicht existieren, wäre auch unsere Existenz sinnlos. Würdest du nicht atmen, könnte auch ich nicht mehr atmen. Und würdest du morgen sterben, ich würde dir in den Tod folgen. Denn die Seelenverwandtschaft ist für uns Werwölfe das allerwichtigste im Leben. Und allein die Tatsache, dass wir uns gefunden haben, berechtigt uns beide nicht mehr nur zum Leben, sondern sogar zum Glücklichsein.", teilte er ihr mit dunkler, tiefer Stimme mit und strich zugleich mit seinen Fingerspitzen, an denen nun auch seine Krallen lang gewachsen waren, Hauchzart über ihre Wange und ihr Kinn bis hinab zu dem Bissabdruck an ihrem Hals.
Oh... liiiiebe Götter!
Ihr Magen und Herz schlugen nun wohl 1000 Purzelbäume gleichzeitig und Sahaa in ihrem Inneren begann nun ebenfalls nachdrücklich und laut zu schnurren...
Oh, Cheed, mein liebster Chhed...!"

Im nächsten Moment war Rena raus.

Seelenverwandt, Rena - Die auserwählte LunaWhere stories live. Discover now