Prolog 1/2

2.8K 129 41
                                    

Es war kalt in den Halb offenen Gefängniszellen. Doch das störte sie schon lange nicht mehr. Der Schmerz war ja so viel schlimmer als die Kälte. Die Spritzen und Infusionen, die sie täglich bekam, um den gutmütigen, lieben kleinen Wolf in ihr zu zerstören.
- natürlich nur , um letztlich wieder ein echter Mensch zu werden.
Doch sie verwandelte sich trotz aller Mühen immer noch in den Wolf... Und auch Mitleid war immer noch da, die geisterhafte Stimme in ihr drinnen... in ihrem Kopf und Körper, was auch ein Symptom der Krankheit war. Schizophrenie... Sie hörte diese Stimme, fühlte sie in sich... und trotz dass sie in Wirklichkeit nur Einbildung war litt die innere Wölfin, wie sie sich selbst nannte, immerzu mit ihr mit.
Fühlte was sie fühlte, Jaulte und wimmerte wenn sie weinte, um sich dann ab und zu auch spontan zu verwandeln, um noch mehr zu tun, als es nur zu ertragen... um den Schmerz in ihrem geschundenen Leib zu lindern... Doch sie wussten beide worauf das alles hier letztlich hinauslaufen würde. Hier in München forschten sie nicht mehr, hier zerstörten sie nur noch. Und all ihre verzweifelten Hoffnungen waren dahin.
Ja...
Sie hielt nun auch nicht mehr länger durch... das hatte der Arzt heute auch schon zu dem Abgeordneten gesagt, der sie durch die Scheibe beäugt hatte, wie ein wildes, gefährliches Tier, dass ihn vielleicht gleich anspringen könnte.
Und genau das war sie nun auch nur noch. Ein Tier. Ein Wolf. Gebissen, nur weil ihr Vater kein Deutscher war und sich leider auch noch am falschen Platz hatte niederlassen wollen, mit seiner kleinen Familie. Mitten in einem Territorium dieser geborenen Bestien, wo sie dann bei einem Spaziergang im Wald von einem dieser Monster gejagt und auch gebissen worden war.
Sie sollte Raus aus dem Wald, raus aus ihrem Gebiet... was sie gar nicht gewusst hatte dass es überhaupt ein solches gab.
Sie hatte sich seit her vom Wald ferngehalten...Und sich dann einfach eines Abends in einen Wolf verwandelt.
Mitten beim großen Familienessen, dass die Eröffnung des neuen indischen Restaurants feiern sollte.
Oh... Ihr Vater hatte erschrocken die Götter beschworen, ihre Mutter hatte laut geschrien und war mit ihren Brüdern vom Tisch geflüchtet. Dann hatten der Vater und der Onkel, der zur Restauranteröffnung extra aus Delhi angereist war, sie gepackt, in die Besen-Kammer gezerrt und dort eingesperrt, bis die Feuerwehr und Polizei angekommen war... und damit die Agenten der Bundesbehörde, die gegen wild entstandene Werwölfe vorging, wie sie damals sagten. Denn sie waren nur noch schlichte Auswüchse einer extrem ansteckenden Seuche... - Eines Werwolf-Virus.
Nur ein Biss und man war infiziert und ebenso ansteckend, hatte man ihr später als sie irgendwann doch wieder ein Mensch geworden war ganz nüchtern erklärt, derweil sie in einem Plexiglaskäfig hockte, und sich weinend mit ihren zerfetzten Sachen und den eigenen langen Haaren zu bedecken versuchte.
Und hier in München würde ihr kurzes Leben nun also enden. Kali tanzte wohl schon vor Freude. Denn sie war jetzt Jahrelang nur noch ein kleines unbedeutendes Versuchskaninchen für ein Heilmittel gegen dieses Virus gewesen, mehr nicht.
Dabei sollte sie eigentlich nun, mit 16 Jahren, nach Indien gehen, um dort ihren Cousin Sunil zu heiraten.
Sie hatte den lebendigen gut aussehenden 18 jährigen Sohn ihres Lieblingsonkels immer gemocht. Deshalb war ihr diese von vornherein arrangierte Verbindung auch nicht schwer gefallen zu akzeptieren. Auch wenn eine ihrer Klassenkameradinnen ihr dafür einen Vogel gezeigt hatte und gemeint, mit 16 sei Mann noch viel zu jung um zu heiraten und sie sollte sich bloß nicht zwingen lassen. Doch das hätte sie nun liebend gern so getan. Ja am liebsten wäre es ihr sogar, die Eltern hätten sie schon viel früher nach Indien geschickt. Auch wenn sie hier in Deutschland geboren und aufgewachsen war, so waren sie doch oft dort gewesen, bei der Großmutter in ihrem riesigen Haus.
Die Familie ihres Vaters war wohlhabend. Hatte viele Söhne und viele Restaurants in allen großen Städten Indiens, dazu in Amsterdam, London und Paris. Und ihr Vater hatte eigentlich in München ein Restaurant eröffnen wollen, doch die Deutschen waren seltsame Menschen. Selbst die deutsche Sprache beherrschen sie dort nicht sehr gut, die ihr Vater und ihre Mutter extra noch vorab gelernt hatten. Sie zu verstehen war darum sehr schwer und ihr Vater hatte schließlich nach 15 Jahren in Deutschland einen anderen Ort, in Stuttgart, gefunden, um dort eine Zweigstelle zu eröffnen.
Eine so schlechte Entscheidung... Wären sie doch besser zurück nach Delhi gegangen, auch wenn Rena die dortige Mentalität manchmal nicht so ganz verstand. Dazu war sie einfach nicht oft genug dort gewesen. Aber sie bemühte sich zumindest. Bemühte sich, auch immer eine gute, fleißige und gehorsame Tochter zu sein, wie es Sitte und Brauch war.
Und auch hier in dem Center in München, in dass man sie vor einigen Monaten verlegt hatte, derweil Bonn angegriffen worden war.

Sie hatte sich nie gegen die vielen Untersuchungen und Behandlungen gewehrt und bei allem mitgemacht, egal wie schmerzhaft das auch für sie wurde, nur um dadurch vielleicht wieder Irgendwann ein richtiger Mensch zu werden...
Vergeblich.
Sie hatte Monatelang alle Hindu-Gottheiten angefleht, ihnen geopfert und meditiert... in der Hoffnung dass auch sie sie vielleicht heilen könnten.
Dass da später doch noch ein Leben auf sie wartete, nach dieser ganzen Tragödie dem Verlust ihrer Familie und Bräutigam.
Doch die Wahrheit war, dass die Medizin welche die Ärzte entwickelten schlicht nicht funktionierte.
Eine Eindämmung des Virus war nach dem kompletten ersten Wandel zum Wolf unmöglich, hatte ihr eine der netten Forschungsassistentinnen mitleidig wie auch besorgt mitgeteilt. Da war sie noch in Bonn gewesen und sie hatten sich dort ernsthaft mit dem Virus beschäftigt, bevor viele Dutzend Werwölfe aus der Einrichtung entkommen waren, die auch nicht freiwillig bei dem Programm mitgemacht und sich gegen die Forscher und strikte Isolation gewehrt hatten. Sie waren anscheinend von irgendwelchen irren Tierschutz-Aktivisten befreit worden, hieß es später.
Das aber hieß auch, dass die strengen Eindämmungsversuche das Virus und die davon Befallenen Menschen isoliert zu halten und die infizierten Personen unter Verschluss, alle fehlgeschlagen waren. Sie brachten die wenigen nicht geflohenen infizierten in eine andere, größere Einrichtung in München. Und nun kümmerten sich die Ärzte hier gar nicht mehr um eine Heilung oder Impfung, nein, sie wollten die Bestien, zu der auch sie geworden war, einfach nur noch vernichtet sehen und gaben ihnen allen Gifte, welche sie dann aber entweder schnell zu diesem Horrorbestien mutieren ließen, wie man sie aus den vielen Geschichten und Filmen kannte, oder sie starben an Organversagen und schliefen einfach ein ... was auch immer.
Es gab gerade nur noch das eine oder das andere. Und Rena wollte bei Leibe keine Bestie werden.
Dann doch lieber einfach nur einschlafen. Doch selbst TXT, was man den Haustieren zu Hause verabreicht, um sie damit einzuschläfern, wirkte bei einem Werwolf  wohl nicht immer.
Es kam wohl auf die Fähigkeit des Wolfes an sich selbst wieder zu Regenerieren. Und ihre eigenen Regenerationsfähigkeiten waren nunwohl etwas ausgeprägter als die bei anderen Wölfen. 
Weshalb sie dann auch einmal erschossen werden sollte. Doch auch das hatte nicht geklappt...
Kali wollte sie einfach nicht haben

Seelenverwandt, Rena - Die auserwählte LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt