Kapitel 18

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Felix' Augenbrauen gruben tiefe Falten in sein wettererprobtes Gesicht. Die Schatten unter seinen Augen wurden noch länger und er Schein abermals um einige Jahre älter.

Ein verächtliches Schnauben stahl sich über seine Lippen. "Dieser Bastard hat es wirklich darauf abgesehen, mich zu blamieren. Naja. Da müssen wir wohl zusammen arbeiten, wenn wir deinen Freund noch lebendig haben wollen."

"Ich weiß nicht warum du "Freund" so betontst. Tewksbury ist ein..."

Felix fiel ihr ins Wort: "Es ist offensichtlich dass du ihn liebst. Ich habe schon genug gesehen, ich werde das ja noch wohl erkennen. Es liegt aber an dir, ihn zu deinem Freund zu machen. Er wird dir nicht ewig hinterher kriechen. Euer Streit bezeugte das ja wohl."

Enola biss sich fest auf die Zunge, um nichts zu sagen, was sie später einmal bereuen würde. Dennoch musste sie sich eingestehen, dass ihr Bruder zumindest teilweise Recht hatte. Geschwind schob sie den Gedanken in die hinterste Ecke ihres Kopfes. Darüber konnte sich auch noch ihr zukünftiges Ich Gedanken machen.

"Wann habt ihr euch jetzt die Treue geschworen?"
Ihre Stimme war gereizt. Man konnte den Zoll der Nacht klar ablesen.

"1881. Probiere es damit."

Wortlos ging Enola wieder in das Zimmer mit dem Tresor. Diesmal schenkte sie ihrer Umgebung keine Achtung mehr. Es war irrelevant. Abermals fand sie sich hockend vor dem Metall und wieder starrte sie auf das Schloss, diesmal aber mit einem Code im Kopf. Mit Eile, aber auch Vorsicht gab sie die Zahlen ein.

1881.

Und die Tür ließ sich nicht öffnen.

Frustriert stieß sie gegen den Kasten. Ein hohler Ton zerschnitt die Stille. Das konnte doch nicht wahr sein. Aber warum würde es auch so leicht sein?

Noch einmal sah sie dich das Zahnrad des Eingabemechanismus genauer an. Mit ihrem Finger strich sie über die teilweise verblichen Zahlen. Kleine Einkerbungen streichelten ihre Fingerkuppen.

Das ist es.

Der Tresor war nicht das neuste Modell. Es hatte als Schloss einen sehr robusten Mechanismus, der häufig in derartigen Konstruktionen zu finden war. Gesichert wurde es durch eine zylinderförmige Drehscheibe, auf der Zahlen standen. Die richtige Kombination würde den erwünschten Einblick auf das Innere gewähren.

Erneut tastete sie den Zylinder ab. Jetzt richtete sie ihre Aufmerksamkeit aber auf die Seite. Im fahlen Mondlicht war ihr bisher der Zustand des Gegenstandes noch nicht aufgefallen. Er stand un einer dunklen Ecke und somit blieben bei ihrer vorherigen Inspektion einige Sachen ihrem Auge verborgen. Ihre Haut jedoch konnte es sehen.

An der Seite befanden sich Einkerbungen. Blindenschrift.

Nur sehr schwer und nach einigen Versuchen gelang es Enola, alle Zahlen richtig zu identifizieren und einzugeben. Ächzend sprang die Metalltür beiseite und öffnete die Tore zu dem Schatz, den es so sicher behütete.

Ein Papier lag in dem Gefängnis aus Stahl.

Hastig steckte sie es in ihre Tasche.

In wenigen Sekunden stand sie wieder an der Kante und signalisierte Felix stumm mit ihrem Blick, dass er sie herunter hohlen soll. Kurz darauf befanden sie sich auf dem Weg aus der Ruine.

Erst jetzt traute sich Felix die Stille zu stören: "Hast du den Hinweis?"

Enola nickte Ihren Kopf. Erst jetzt bemerkte sie, wie müde sie ist. Ihre Augen wurden schwer, dennoch zwang sie sich, weiter zu laufen. Tewksbury konnte nicht warten.

Ihr Bruder schüttelte den Kopf. Zwei große Schritte und er lief an Enolas Seite. Er schielte zu ihr herab. "Vielleicht sollten wir eine kleine Pause machen und schlafen. Wir gehen zu mir und dann legst du dich in ein Gästezimmer..."

"Und was wird dann bitte mit Tewksbury? Wir können nicht einfach uns ausruhen wenn er sonst wo ist!"

Inzwischen konnte Enola den Vorhof der Fabrik erkennen. Die Schatten hüllten ihn jetzt ein, dass Licht wurde von der vortschreitenden Nacht vertrieben.

Eine Hand legte sich auf ihre Schulter und Zwang sie zum Stehenbleiben. Ruckartig drehte sie sich um. Kleine schwarze Punkte stahlen sich in ihr Sichtfeld und tanzten ihr vor der Nase herum, bis sie abklungen. Sie musste echt schlafen.

Ihr Bruder schaute verärgert auf sie herab: "Es wird dir gar nichts bringen wenn du dich selbst behindert. Du brauchst Schlaf. Ansonsten ist deine Denkfähigkeit beeinflusst. Wir gehen jetzt zu mir und da legst du dich hin! Basta!"

Schon zehrte er das junge Mädchen in die Richtung eines Pferdes, dass wohl sein Transportmittel für die diesige Nacht war, und hob sie auf den Rücken des Tieres. Auch er setzte sich drauf und Ehe es sich Enola versah waren sie beide in der wunderschönen Villa, in der sie schon einmal war.

An den Rest konnte sie sich nicht mehr viel erinnern. Dazu war sie zu Schlaftrunken. Aber am nächsten Morgen wachte sie in einem niedlichen Zimmer mit Blick auf dem Garten auf. Die Sonne stand schon hoch und die Pflanzen leuchteten in dem hellen Licht. Ihr Blick wanderte durch den Raum. Eine Uhr sprang ihr ins Auge. Kurz vor Elf.

Ruckartig setzte die sich auf. So spät schon? Die Decke formte sich zu einem Knäuel als sie sie von sich weg strampelte.

Sie sprang auf und lief aus dem Zimmer. Vor ihr war ein riesiger Flur. Ein Hund lag in einem Körbchen neben ihrer Tür. Er hob seinen Kopf als sie herauskam und stand auf.

Es war eine hübsche Hündin. Karamell farbendes Fell und intelligente Augen. Sie reichte bis zu Enolas Hüfte. Die Hündin stupste sie freundlich an und lief in den Korridor. Enola stellte es nicht in Frage und folgte ihr.

Nach zahlreichen Wendungen fand sie sich in einem kleinen großen Häuschen. Überall war Vogelkacke. Tauben flogen ein und aus.

Sie trat hinein. Wie zu erwarten war es ein Taubenverschlag. Felix stand in der Mitte und fummelte an dem Bein von einem der Vögel herum.

Er drehte sich zu Enola um.

"Wir gehen heute zu dem Ort, wo dein Freund entführt wurde."

And suddenly there were four (Enola Holmes Fanfiction)Where stories live. Discover now