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Der Schmerz eines gebrochenen Herzens

Vor einem Feuer sitzt der Herrscher der Hölle. Ganz in seine Gedanken versunken, alleine. Seine weißen Haare hängen ihn etwas auf dem blassen, weißlichen Gesicht. Doch dies interessiert ihm nicht. Seine schwarzen Augen sind leer zum Feuer gerichtet. Beobachtet das Flackern der Flammen und wartet ab, bis der Schlaf ihn einholt.
Das schwarze batisthemd ist komplett aufgeknöpft, die Wunde damit freigelegt.

Sein Herz wurde ihn beraubt. Man hat es ihm entnommen, um es wieder einmal zu zerstören. Sowie es bereits vor paar Jahren geschehen ist.
Michael war seine erste große Liebe. Er war sein Ein und Alles. Für ihn wäre er gestorben. Für ihn hätte er alles aufgegeben, was ihn wichtig war. Doch verstand dieser nicht, weshalb Luzifer Gott stürzen wollte.
Luzifer wollte Gott stürzen, um der neue Herrscher des Himmels zu werden.
Einen besseren Himmel hätte er erschaffen, wo Himmel und Hölle eins sind. Denn Satan hat ihn Dinge gezeigt, die der kleine naive Engel damals nicht wusste. Hat ihn gezeigt, wie man sündigt. Ihn gezeigt wie man seine liebe zeigen kann und hat ihn Geborgenheit geschenkt.
Satan war sein Gott gewesen. Sein allmächtiger Vater.
Denn er war es auch, der ihn Emotionen beigebracht hatte. Die er Michael ganz gewidmet hatte.

Zu seinem Unglück. Denn er stand nicht auf seine Seite, sondern auf Gottes.
Somit war es auch klar, dass er die Befehle des Himmelherren befolgt.
Luzifer wäre dabei beinahe gestorben.
Hätte Satan ihn nicht gerettet, in eine Gestalt eines roten Drachens.
Ihn gerettet hatte er, doch dabei sein Leben lassen müssen.
Bevor Luzifer gefallen ist, hat er gesehen, wie Gabriel Michael einen Blick voller Liebe zu warf und diesen er erwiderte.
In diesem Moment wusste Luzifer, dass Michael ihn niemals lieben würde. Denn sein Herz gehörte jemanden anderen.

Sowie das Herz von seinem Schützling ihn niemals gehört hatte.
Er erinnert sich noch, als dieser zum ersten Mal in der Hölle war. Seine Flügel Schneeweiß, doch nicht komplett. Die Spitzen wurden allmählich schwarz. Was nur bedeuten konnte, dass er Hochverrat begangen habe.
Die Tracht von ihm war durch die Dornen etwas zerrissen, sodass Luzifer auf diese wundervolle Haut seinen Blick werfen konnte. Leichte Schnittverletzungen, verleihen diese makellose Haut, etwas Gefährliches.
Doch dies faszinierte ihn nicht. Es war diese Entschlossenheit, die er in den blauen Augen von Rephaim sehen konnte.
Die Entschlossenheit, komplett in der Hölle angenommen zu werden.
Und Luzifer hat ihn gerne angenommen.
Er wollte sehen, wie dieser Engel sich entwickeln würde. Wie dieser sich komplett in der Dunkelheit fallen ließe.

»Und doch hätte ich ihn sterben lassen sollen. Hätte mich nicht in diese Augen verlieben sollen, die mich ansahen, als wäre ich der einzige in dieser Welt.«
Murmelt der momentane höchste der Hölle vor sich her. Das Blut seiner offene Wunde hat nun den kompletten Sessel durchnässt und doch stört er sich nicht daran.
Seine Augen schließt er. Weiß aber, dass er noch ein wenig durchhalten muss, bevor der Schlaf ihn für eine längere Zeit einholen wird. Es bleibt also noch genug Zeit, um weiter in der fürchterlichen Erinnerung zu schwelgen ...

Luzifer weiß noch genau, als er Rephaim mit sich zu einer Orgie genommen hatte. Die Erste des Cherub war es, weshalb er noch etwas Neugierde in sich getragen hatte. Die er zwar vor anderen gekonnt vertuschen konnte, doch vor Luzifer nicht.
Dieses Leuchten, was sich hinter das Himmelsblau versteckt hatte, hatte ihn verraten. Ohne, dass er selbst es wusste.

Der Raum des Festes ist gedämmt gewesen, als sie beide eingetroffen sind. Nur noch einzelne Kerzen sind entfacht gewesen. Die allerdings bei jeder Bewegung drohten zu erloschen.
Luzifer hatte sich sofort aufgemacht, um geliebt zu werden. Rephaim beliebte an einer Ecke stehen, um zu beobachten. Egal welche Berührungen er auf seine Körper bekommen hat. Egal was für süße Worte ihn zugeflüstert wurden, sein Blick blieb starr zum Höllenfürst und dieser liebte es.
Er fühlte sich begehrt und geliebt von ihm, obwohl sie sich noch nicht lange kannten.

Dies ist der Anfang des Weges gewesen, der nur eines Luzifer versprechen konnte: ein zerstörtes Herz.

Gleich am Anfang war ihm klar, dass der Gefallene Engel, der ihn solch ein wundervoller Blick schenkt, nur mit ihm spielt. Sein Vertrauen ausnutzt, um an die Macht zu kommen – die Luzifer durch Satan erlangt hat. Gewusst hat er es, doch zugelassen. Sein Herz hat ihn aufgehalten, durch die Lügen, die er sich selbst eingeredet hat. Sich selbst hat er immer eingeredet, dass es nicht ähnlich enden wird wie bei Michael.
Doch diese Lüge ist ihm zum Verhängnis geworden ...

Paar Stunden ist es erst her, als ihm das Herz gebrochen wurde, somit hat er die Szene noch genau vor sich.
Rephaim ist zu ihm gekommen, nach dem seine Flügel endlich einen Schwanz erlangt haben.
Stolz hat er diese Luzifer präsentiert.
Sie sind in solch ein wunderschönes Schwarz getaucht worden, dass der Höllenfürst sich nicht beherrschen konnte. Diese musste er anfassen – ohne eine Erlaubnis.
Weich hat sich das Gefieder in seine Finger angefühlt. Freude hat sich in ihm entwickelt, da ihm klar wurde, dass dieser Mann nicht mehr als Engel betitelt werden konnte, sondern als Teufel. Und was für ein Prachtexemplar von Teufel er doch war.
„Gefällt dir, was du siehst?“ Hat er ihn gefragt, auch wenn er selbst wusste, dass es Luzifer mehr als nur gefällt.
Nicht geantwortet hatte er.
Den Rücken hat er ihn zugewendet.
Seine eigenen Augen geschlossen, um tief durchzuatmen. Für ihn war der Moment perfekt. Zu perfekt, um es nicht sagen zu können.
„Ich liebe dich“, drei Worte, die einfach die Lippen entgleiten können. Drei Worte, die doch zu viel Kraft aufbringen, zu sagen. Schwierig ist es für einen Teufel, solche Gefühle zu offenbaren.
Denn sie sind nicht geschaffen worden, um solchen starken Emotionen tragen zu können. Selbst Satan hat ihn davor stetig gewarnt und doch hat er jedes Mal den Fehler wiederholt.

Einen Moment war es ruhig gewesen.
Luzifer erinnert sich daran, wie grauenvoll lang diese Ruhe für ihn ging.
Doch diese Ruhe war besser, als das, was als nächstes gefolgt ist ...

Ein Schmunzeln war zu hören. Ein Lachen, getrieft von Spott und Herablassung.
„Ich fühle mich geschmeichelt und bin zu tief gerührt, doch dein Herz, den du da mir schenkst, möchte ich nicht besitzen. Du bist für mich nichts weiter als ein Mittel zum Zweck. Deshalb verzeihe mir das, was nun folgt. Doch ein Teufel, der liebt, hat es nicht anders verdient.“
Etwas Spitzes bohrte sich durch sein Rückenmark. Seine Augen haben sich geschlossen. Eine Träne ist ihm entkommen, nicht wegen des Schmerzes der Wunde. Sondern wegen des Schmerzes des Verrats.

Bei dieser Erinnerung seufzt Luzifer traurig. Liebe ... Wie grausam sie doch sein kann.

Die Flamme des Kamins scheint zu erlöschen. Somit wird es so langsam Zeit für ihn, ebenfalls ins Land der Träume zu gelangen. Doch sobald er erwachen wird, sobald ein neues Feuer brennen wird – so wird er sich an den rächen, die sein Herz gebrochen haben ...

Als auch das letzte Licht im Raum erloschen ist und der letzte Atemzug, die Lippen des Fürsten entkamen,
wurde mit einem lauten Knall die Tür aufgebrochen.
Laut hört man das Holz Kanaren bei jeder Belastung dieser.
Ein Mann in einem braunen Umhang taucht vor dem Sessel auf, auf dem Luzifer schlummert.
Tief ist sein schmunzel, was seine Kehle entgleitet.
Der Stock in seiner rechten Hand, beginnt in einen grünlichen Ton zu glühen.
Immer heller und heller, bis man nichts mehr sehen konnte ...

Und dann war da nichts mehr.

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