Kapitel 26

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( M e l o d y )

"Hast du keine Angst davor, eine fremde Person zu heiraten?", fragte ich und versuchte es mir vorzustellen - sowohl für ihn als auch für mich, schließlich hatte mein Vater ein ähnliches Schicksal für mich gewählt. Bei dem Gedanken wurde mir schlecht, auch weil ich mich dazu noch gar nicht bereit fühlte.

Silas lehnte sich zurück in die Kissen, wippte nervös mit dem rechten Bein. "Ich weiß davon schon etwas länger" Ich hielt es für besser, nicht weiter darauf einzugehen, wollte nicht dass die Stimmung endgültig kippt. Ich wusste zu gut, wie schnell das bei Silas der Fall sein konnte.

"Zeig mir dein Handgelenk", forderte er und hielt seine Hand in meine Richtung. Ich legte meine Hand in seine. Er schob den Ärmel der Bluse hoch und betrachtete den blauen Fleck.

Er strich vorsichtig mit einem Finger darüber, während seine Miene sich verfinsterte. Ich konnte dabei zusehen, wie seine Augen dunkler wurden, seine Kiefermuskeln sich anspannten.

"Ich habe deinem Vater gesagt, dass er es bereuen wird, sollte er dir nochmal weh tun", knurrte er. Ohne dass einer von uns diese Bewegung bewusst steuerte, verschränkten sich unsere Hände miteinander. Eine Geste, die immer noch selbstverständlich für uns war.

"Er hat es nicht mit Absicht gemacht", seufzte ich und Silas gab einen wütenden Laut von sich. "Ich weiß, wie absurd sich das anhört", versicherte ich ihm, "ich sagte ihm, dass er mir weh tut und dann hat er mich losgelassen. Er war wütend, hat es nicht bemerkt..."

Silas schwieg und ich wusste, dass ich ihn damit kein bisschen beruhigt hatte.

"Ich wollte am Sonntag mit ihm über unsere Abmachung reden und sie auflösen", gestand ich, "Da hat er mir davon erzählt, dass er in zwei Monaten einen Verlobten für mich finden will"

Silas drückte meine Hand, starrte in das Feuer vor uns.

"Ein Wort von dir und ich bringe ihn um", kam es plötzlich von ihm. In seiner Stimme lag ein mörderisches Verlangen und ich wusste ganz genau, dass er damit nicht übertrieb.

"Und dann verliert meine Familie alles, dein Vater wäre sicher auch nicht begeistert und ich müsste vermutlich morgen den nächst besten heiraten, um alles irgendwie zusammen zu halten", seufzte ich müde. In meinem Kopf hatte ich bereits so einige Szenarien durchgespielt - das Ende blieb immer das selbe.

Silas wusste, dass ich damit recht hatte. Er leerte sein Glas in einem Zug, dann sah er mich an.

"Du wolltest unsere Abmachung nicht mehr, weil ich dich verletzt habe"

Ich nickte, hörte seine Worte erneut in einem Kopf.

"Ich bin die Abmachung nicht eingegangen, weil ich dich einfach nur ficken wollte"

Bei dem Wort *ficken* zuckte ich zusammen, doch mittlerweile war ich diesen rauen Ton von ihm gewöhnt. Er versuchte gar nicht erst, die Dinge zu verschleiern.

"Ich glaube dir... aber worauf warst du dann aus, Silas?"

Er rieb sich mit einer Hand übers Kinn, schien die richtigen Worte auf diese Antwort zu suchen. "Wie gesagt: Anfangs wollte ich deinem Vater auf den Sack gehen", er sagte das so ernst, dass ich schmunzeln musste.

"Nur am Anfang?"

Silas nickte.

"Dass du deinen Vater auch nicht sonderlich magst, hat dich sympathischer gemacht", er stellte das leere Glas auf dem Tisch vor uns, stützte sich mit den Ellenbogen auf seinen Knien ab und schaute zwischen sie auf den Boden.

Das stimmte nicht so ganz. Als ich klein war, liebte ich meinen Vater sehr, doch sein Verlangen nach Anerkennung hatte so vieles in unserer Familie kaputt gemacht...

Secrets of London I Dark Romance / AbgeschlossenWhere stories live. Discover now