Prolog|Akita

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Ich sah besorgt zu meinem Bruder hinauf. Der herbstliche Morgen war kühl und Tau hatte sich auf Blättern und Gras gebildet. Die Sonne hatte sich in einen riesigen Feuerball verwandelt, der wie von einer unaufhaltsamen Kraft aus dem Himmel runter in den Horizont gezogen wurde und auf der Erde das letzte glitzernde Netz aus Licht auswarf.

Das dunkle Grün der Bäume hatte sich mittlerweile in ein braun-rot verwandelt. Die Jahreszeit in Ninjago zu erkennen war nicht schwierig. „Wie geht es Kaito?" Kleine Nebelschleier bildeten sich vor meinem Mund, als ich die Stimme erhob. Langsam schwebten die Wölkchen in den Himmel empor und ich sah ihnen nach.

Kaito gehörte genau wie Kataru und ich zu den Wandlern. Nachdem der ewige Winter und die Eiseskälte ein Ende hatten und der Eiskaiser besiegt wurde, kamen nämlich alle eingefrorenen Wandler frei. Nach der Verschmelzung verschwanden jedoch einige der Wandler spurlos. Mein Bruder und ich hatten es uns zur Aufgabe gemacht unsere Freunde - die schon praktisch unsere Familie waren - zu finden und wollten jede verschmolzene Welt nach ihnen abklappern. Kairo war einer von denen gewesen, die wir bereits gefunden hatten. Er war genau neben der Welt von uns gewesen, als Kataru und ich ihn fanden, doch es ging ihm nicht gut. Er kämpfte innerlich seit Monaten um sein Leben.

Kataru biss sich auf die Unterlippe. Das machte er - genau wie ich - immer, wenn er gestresst, aufgeregt, angespannt oder nachdenklich war. Diesmal war es aber die Spannung. Keinesfalls war diese Spannung eine gute, es war die Art von Spannung, die einen wissen ließ, dass etwas nicht in Ordnung war.

„Ich kenne mich in dem ganzen Medizinthema nicht aus, aber ich bezweifle, dass das gut kommt." Gab mein Bruder etwas kleinlaut zu. „Oh", ich starrte zu Boden und schluckte. Ich kannte Kaito schon seit ich klein war und er war... besonders. Er war nicht unser Anführer oder hatte sonst eine spezielle Stellung, aber er hatte einfach ein herz aus Gold. Bei uns gab es keinen, der ihn nicht mochte und auch keinen, der sich keine Sorgen um ihn machte.

„Dann verbringen wir die Zeit, die ihm bleibt, eben mit ihm und geben ihm alles, damit er sich wohlfühlt." Sagte ich mit entschlossener Stimme. Ohne die Zweifel meines Bruders zu beachten, lief ich in die Richtung, in der sich Kaitos kleines Zelt befand.

„Und wann fangen wir wieder damit an, die Welten zu erkunden?" Kataru blickte in die Ferne, zu den verschiedenen Welten. „Keine Ahnung, aber nicht jetzt." Entgegnete ich knapp. „Wir sollten uns vielleicht mal das Zentrum der Schmelze anschauen." Warf mein Bruder nur ein und ich merkte, wie sehr er mich ablenken wollte. „Können wir machen, aber nicht jetzt!" Wich ich nur aus und rannte das letzte Stück zum kleinen Zelt.

Ich betrat das kleine Zuhause von Kaito und ließ meinen Blick durch den Raum schleifen. Der kranke Wandler lag in seinem Bett und bekam einen Hustenanfall nach dem anderen. Er tat mir unglaublich leid. Er hatte das nicht verdient. Die Schmelze war schuld an dem Ganzen. Davor war er wie immer gewesen und wenn die Welten nicht ineinandergreifen wären, ginge es ihm gut.

„Hallo, Akita", Begrüßte Kaitos klare und kräftige Stimme sie. Und er soll krank sein? Ich blickte nach rechts und betrachtete den etwas älteren Wandler. Seine Stimme hatte kräftiger als je zuvor geklungen, doch wenn sie ihn annahm erkannte sie, wie die Lebenskraft langsam aber sicher Kaitos Körper verließ.

Nachdem ich dem Todkranken Wandler zugenickt hatte, fragte ich ihn, wie es ihm ging. Im Gegensatz zu der von Kaito klang meine Stimme unsicher. „Ausgezeichnet", behauptete Kaito und ich musste sich zurückhalten, um nicht zu grinsen. Das sagte er doch immer! Kataru gesellte sich zu den beiden und setzte sich neben mich hin.

Kaito gab sich jetzt Mühe, um auf Kataru zu blicken. „Wie geht es dir denn?" Fragte er barmherzig. „Mir geht es gut, danke der Nachfrage", lächelte Kataru zurück und rieb sich die Hände, um sie zu wärmen. „Und wie geht es ihnen?" Eigentlich wusste er genau, was die Antwort sein würde. Egal was war, Kaito behauptete, ihm ginge es super, auch wenn es nicht stimmte.

Kataru und ich unterhielten sich noch eine Weile mit unsere, Wandlerfreund und gaben uns Mühe, sich nicht darauf zu konzentrieren, dass Kaito sterben würde.

Genervt blickte ich zu Boden und versuchte meine Emotionen zu verstecken. Der Hintergedanke, dass Kaito krank war, wollte mich einfach nicht in Ruhe lassen! Wie eine lästige kleine Fliege, die die ganze Zeit da war, jedoch einfach nicht besiegt werden wollte.

„Es ist schon spät, wir sollten schlafen gehen." Verkündete Kataru sanft und stand auf. Kaito nickte verständnisvoll und wünschte den beiden eine gute Nacht. Ich blieb jedoch noch einige Sekunden. „Gute Nacht", murmelte ich schließlich und folgte meinem Bruder in unser eigenes Zelt.

*****

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Ninjago | dunkle SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt