Kapitel sechs

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„Dad? Wann hast du das letzte Mal mit Emmet geredet?"
Sie sah in ihre Müslischüssel, als würde darin etwas interessantes schwimmen, während Dorian seine Tasse mit Kaffee auffüllte. „Ähm, gestern, wenn ich mich nicht täusche. Wieso?"
Ruckartig hob sie den Kopf. „Was?" Er war wieder da und sie hatte es nicht mitbekommen.
Sie wollte sich erheben und in sein Zimmer stürmen, jedoch hielt Dorian's Blick sie zurück. „Ja, gestern habe ich mit ihm geschrieben. Er ist in New York, bei Onkel Robert, wegen einem wichtigen Praktikum. Wusstest du das nicht?" Er setzte sich an den schlichten Esstisch ihr gegenüber. Wütend senkte sieden Blick, damit er es nicht sah und schob sich einen weiteren Löffel in den Mund. „Nein", brummte sie mit vollem Mund.
„In dieser Kanzlei. Das ist sehr gut für ihn, wenn er sich gut anstellt, bekommt er die Zusage, damit er nach dem College dort anfangen kann", nickte er und trank einen Schluck Kaffee.
Er log ihren Dad an und außerdem schrieb er ihm zurück, aber ihr nicht. Sie konnte nicht aufzählen wie oft sie ihm schon geschrieben hatte, weil sie wissen wollte, wo er sich aufhielt. Auch wenn Dorian eine Antwort bekommen hatte, wusste sie, dass es gelogen war. Er war nicht einfach nach New York teleportiert worden. Wohin er wirklich gegangen war, würde sie wahrscheinlich erst erfahren, wenn er zurückkam.

Nachdem Dorian zur Arbeit gegangen war, saß sie den ganzen Vormittag nur herum und sah Fern. Bis sie sich langweilte und beschloss etwas für ihre Schulbildung zu tun. Seufzend schnappte sie sich den Rucksack. Da sie nicht wusste wie lange sie bleiben würde und es nun immer kälter und schneller dunkler wurde, stieg sie in den Wagen und fuhr los.

„Tut mir leid, Snow. Alles leer", zuckte sie die Achseln und zeigte ihr die leere Keckspackung. Als wäre sie beleidigt drehte sie den Kopf um hundertachtzig Grad herum und ging einen Schritt nach hinten. „Ich kann nichts dafür, du hast die meisten gegessen", schmunzelte Lexi und widmete sich ihrer letzten Englischaufgabe. Solange sie diese bearbeitete, nahm sie schmunzelnd wahr wie die Eule wieder auf ihr Bein kletterte. Als sie fertig war, räumte sie Block und Stifte zurück in den Rucksack und entdeckte dabei ein etwas dickeres, dunkelgrünes Buch darin und erinnere sich, dass sie dieses aus der Bibliothek ausgeliehen hatte. Sie nahm es heraus und legte es auf den Schoß. Die griechische Mythologie, zierte es auf dem Wälzer. Obwohl sie schon einiges gelesen hat, wusste sie dass sie noch einiges nicht wusste oder kannte, und wahrscheinlich nie kennen konnte, da dieses Thema sehr umfangreich war. Was sie sehr frustrierte. Emmet konnte ihr da mit Sicherheit weiter helfen, wäre er nicht verschwunden.

Traurig schüttelte sie den Kopf und schlug das Buch auf. Seite für Seite las sie und fand heraus, dass es zu den Göttern, auch noch Halbgötter gab. Kinder die daraus entstanden, wenn sich ein Gott mit einem Mensch einließ. Einige von ihnen hatten große Taten vollbracht und Fähigkeiten und Stärken die den der Götter ziemlich nahe kamen. Doch es gab auch andere Wesen, Fabelwesen. Wie Zentauren, Nymphen, Minotauren, Zyklopen und noch viele mehr. Die meisten machten ihr Angst. Von den Bildern der Nymphen war sie jedoch fasziniert. Sie waren wunderschön. Sie waren meist Begleiter mancher Götter, oder schützten Seen oder Flüsse, Wälder, Berge, da sie für den Erhalt der natürlichen Elemente zuständig waren. Es gab so viele, dass sie sich die Namen nicht merken konnte.

Sie hatte gerade mal das halbe Buch durchgelesen, als sie bei einem lauten Schlag zusammenfuhr. Snow flatterte aufgeregt mit den Flügeln und erst dann bemerkte Lexi, dass die Sonne fast verschwunden war.
Zögernd stand sie auf und lief in den Raum hinein, nur um dann die Wendeltreppe hinunter zu starren, die in Dunkelheit lag. Es war still, nur der aufkommende Wind pfiff draußen. Trotzdem wendete sie sich nicht ab, da die Tür unten normalerweise fest verschlossen war. Man konnte sie nur von innen öffnen. Normalerweise... Sie ging weitere Schritte hinunter und lugte über das Geländer. Zuerst war es weiterhin still, dann ertönte ein Quietschen. Sie kannte dieses Quietschen, es war das der verrosteten Stufen, wenn man diese hinauflief. Es war ganz leise, fast nicht zu hören und vorerst dachte sie, sie hätte es sich eingebildet. Bis es wieder ertönte und wieder und wieder. Eine bleiche Hand legte sich auf den Griff und sie gab einen erschreckten Laut von sich, als sie den Dolch sah. Selbst in dem schlechten Licht blitzte die schmale Klinge auf. Die Person erstarrte und blickte nach oben. Dieses Grinsen, dass sie unwohl fühlen ließ, hatte sie nicht vergessen. Sein Blick traf ihren und abrupt stürmte er hinauf. Lexi hetzte ebenfalls die zwei Stufen hinauf und schlug die Falttür zu. Eilig griff sie nach den Metallstäben, die an der Wand lehnten und klemmte so viele wie möglich zwischen Falttür und Boden, so dass man sie von der Treppe aus nicht öffnen konnte. Sobald sie die letzte hineingeschoben hatte, krachte es heftig von innen und sie stürzte nach hinten auf die Hände. Immer wieder schien er sich dagegen zu werfen. Wie gebannt starrte sie auf die Stäbe. Ihr wurde kalt und ihr Puls raste. Hektisch stand sie auf und warf den Rucksack über die Schultern, Snow schlug mit den Flügeln, flog jedoch nicht weg, als würde sie Lexi nicht alleine lassen wollen.
Sie atmete viel zu schnell und hatte die leise Vorahnung zu hyperventilieren. Ihre Augen weiteten sich als sie sah, dass die Stäbe sich begangen zu biegen und zu ächzen. Wahrscheinlich hatte dieser Irre, die Falttür schon zerstört, bevor die Stäbe weit genug verbogen waren.

Dark Halo - Asche & LichtWhere stories live. Discover now