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Je näher der alljährliche Test rückte, desto zappelliger wurde Ripley. B. Zum Himmel sei Dank war es ein B, mit dem ihr Nachname begann, ansonsten würde es um einiges länger dauern. Baxter.

Mittlerweile waren drei Gruppen, mit jeweils zehn Personen, fertig, also dürfte es nicht mehr all zu lange dauern. Die vierte Gruppe wurde aufgerufen, in der Achten war Ripley. Freude, leichte Aufregung und Anspannung, weil sie nicht wusste, was sie erwarten würde.

In einem Zimmer in dem sich ein einziger Stuhl in der Mitte sowie einem Monitor befand, blieb Ripley stehen und schaute geringschätzig umher. Ein Test also, ha? Kein Tisch zum Ausfüllen eines Fragebogens? Was soll das bitte für ein Test werden?

"Nervös?", fragte ein Mann mit grauer Kleidung und lächelte dabei, "Musst du nicht. Setz dich einfach auf den Stuhl und alles Weitere erklärt sich von selbst."

"Natürlich", mehr als nur skeptisch, setzte sich Ripley auf den Stuhl und lehnte sich nach hinten, worauf der Mann ihr die Nadel einer Spritze in den Hals drückte, "Und wofür war das? Drogen, Schlafmittel oder gegen epileptische Anfälle?"

"Es hilft dir bei deinem Test", mehr sagte der Mann nicht, wodurch Ripley die Augenbrauen zusammenzog und ihn misstrauisch ansah, "Wenn du dir sorgen machst, dass es Folgenschäden gibt, da kann ich dich beruhigen. Es wird keine geben."

"Genau das, würde ich auch an Ihrer Stelle sagen", erwiderte Ripley, versuchte ruhig zu atmen und nickte, "Okay, bin bereit. Wie.... es kann anfang."

•••

Blinzend öffnete Ripley ihre Augen und schaute sich hastig um. Uhm.... wie.... was? Gerade eben noch, hatte sie doch noch auf einem Stuhl gelegen, um den Eignungstest zu absolvieren und jetzt stand sie inmitten der Stadt? Wie war sie hierher gekommen? An den Test konnte sie sich schon gar nicht mehr erinnern und jetzt stand sie auf einmal hier. Wie war sie hierher gekommen? Und, noch viel wichtiger, warum? Wie..... der Test.

Dies war der Test. Eine Simulation. Prustend atmete Ripley aus und ging die menschenleere Hauptstraße entlang. Überall hingen Plakate. Nach einer gefühlten Ewigkeit des Wanderns, kam ein Mann auf sie und streckte ihr beide Fäuste entgegen.

"Welche?", sagte der Mann und deutete mit einer Kopfbewegung auf seine Fäuste zum auszusuchen, "Wähle."

"Ähm, nein danke", ablehnend hob Ripley eine Hand, "Ich weiß ja noch nicht einmal, was sich darin befindet. Und solange, ich dies nicht weiß, habe ich kein Interesse mich zu entscheiden. Dennoch danke, aber nein danke."

Was war das bitte für ein Test? Beim Weitergehen flog einer der vielen Zettel auf Ripley zu und blieb an ihrem Bein haften. Erst jetzt warf sie einen richtigen Blick auf die Zettel, die überall klebten. Eine Reihe Gesichter von Kindern und Jugendlichen waren darauf abgebildet gewesen. Vermisst, war in roten Versalien unter der letzten Reihe der Gesichter zu lesen. Darunter die Beschreibung eines Verdächtigen.

Ganz langsam, wie in Zeitlupe, drehte Ripley sich um und duckte sich sofort. Der Mann, der sie aufgefordert hatte zu wählen, stand direkt hinter ihr und wollte in dem Augenblick ein Taschentuch auf ihren Mund drücken. Bevor sie überhaupt darüber nachdenken konnte, trat sie so fest, wie sie konnte, gegen das Bein des Mannes und schlug dessen Kopf gegen ihr Knie. Keuchend machte sie einige Schritte zurück, bevor sie sich dann ganz umdrehte und dann einfach weiter geradeaus lief.

Ein Test. Eine Simulation. Nicht mehr als. Wenn dieser Test zu Ende war, würde Ripley unter Paranoia leiden. Auch noch nach einer gefühlten Ewigkeit, in der sie einfach nur die Straße hinunterlief, blieb sie außer Atem stehen. Weit genug müsste sie jetzt von dem Typen weg sein. Hörbar am Atmen beugte sie sich nach vorne über und richtete sich nur wenige Sekunden später auf. In dem Moment sah sie den Typen vor sich stehen, doch zu spät, dieser schlug mit einem alten Metallrohr gegen ihren Schädel und alles wurde schwarz.

•••

Am Tag der Entscheidung war Ripley ungewöhnlich ruhig. Ungewöhnlich, weil es der Tag der Entscheidung war und diese Entscheidung, das restliche Leben beeinflussen wird. Für ihre Mom war es klar, dass sie bei den Candor bleiben würde, jedoch nicht für ihren Dad. Zwar sagte er nicht, was er dachte, aber es war offensichtlich, dass er nie wirklich daran geglaubt hatte, dass sie bei den Candor bleiben würde. Womöglich lag es auch daran, dass sie sich längst entschieden hatte.

Neunundvierzig waren noch übrig und als nächste war Ripley an der Reihe. Als ihr Name aufgerufen wurde, stand sie auf und ging die Stufen der Treppe hinunter, hinüber zu den fünf Schalen. Dort nahm sie das liegende Messer mit der rechten Hand, umfasste die Klinge der Linken und betrachtete die fünf Schalen. Kohle, Wasser, Glas, Steine und Erde. Es war so banal und einfach. Danach zog sie das Messer aus ihrer Faust und lies das Blut in die Schale mit der glühende Kohle laufen. Ein Jubeln war im Hintergrund zu hören. Ihre Entscheidung fiel auf die Ferox.

Shot Gun [Divergent]Where stories live. Discover now