Kapitel 29

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Kapitel 29

Zayn war durch die vom Arzt verabreichten Schmerzmittel ungewollt eingeschlafen. Ich saß noch immer neben der Bettkante an seiner Kopfseite, beobachtete, wie gleichmäßig sich sein Brustkorb hob und senkte. Ein kleines Schmunzeln wurde auf meinem Gesicht verursacht, da Zayn kurze Schmatzgeräusche von sich gab. Er sah so unglaublich sorglos aus, wenn er schlief, es fing schon an mich zu beruhigen. Zu sehr war ich mit meinen Gedanken beschäftigt, dass ich aufschreckte, als die Tür aufging. Ein Gefühl der Erleichterung breitete sich in mir aus, als ich das familiäre Gesicht von meiner Chefin wahrnahm.

"Ist er noch immer nicht aufgewacht?", sorgte sie sich um ihren Sohn, doch ich nickte heftig und schrieb auf meinen kleinen Notizblock, dass Zayn durch die Medikamente wieder eingeschlafen war.

Sofort entspannte sie sich, zum ersten Mal sah ich so eine große Sorge um ihren Sohn fühlen. Wieso war sie denn nicht immer so? Wieso war sie so kalt gewesen? Wieso hatte sie ihn nicht geschätzt? Ich lächelte Mrs. Malik an, setzte mich entspannter hin und beobachtete weiterhin Zayns ruhige Atemzüge. Eine Weile geschah nichts, alles war ruhig, ich spürte Mrs. Maliks Blicke auf mir, ignorierte sie aber, bis sie ihren Stuhl auf die andere Seite des Bettes zog, sodass sie gegenüber mir saß, Zayns vertikaler Körper zwischen uns.

"Er schläft so ruhig, nicht wahr?", fragte sie plötzlich und ich nickte als Antwort.

"Früher konnte er nicht so schlafen. Seit dem Tag, an dem seine beste Freundin gegangen ist, konnte er entweder nicht einschlafen oder hatte Albträume. Jede Nacht schrie er rum, fühlte sich erdrückt, wachte schweißgebadet auf und schrie ihren Namen, als sei sie tot gewesen. Ich habe es wirklich nie verstanden, ich habe versucht, ihn zu beruhigen, aber er wollte nie auf mich hören. Eines Nachts tauchte er zuhause nicht auf, ich hatte mich so gesorgt gehabt. Erst um zwölf Uhr mittags, am nächsten Tag, war er wieder da. Ihm war es vollkommen egal, dass ich mich zu Tode gesorgt hatte, dass ich kein Auge zugedrückt hatte. Das ging dann jeden Abend so, bis er mittags einmal ausgerastet war und alles umgeschmissen hat, was er finden konnte. Für mich war das dann der Zeitpunkt als Mutter einzugreifen. Ich hab ihn von James in das Auto zerren lassen, brachte ihn in eine psychiatrische Klinik. Dort blieb er dann fünf Monate, den letzten Monat hatte er jeden Tag Besuch von seinem Psychiater bekommen, bis dieser der Meinung war, dass sich Zayn normalisiert hatte. Was hätte ich denn anderes tun können? Hätte ich wissen können, dass ein gottverdammtes Mädchen sein ganzes Leben ruinieren würde? Ich möchte nicht, dass sowas noch einmal passiert, also hör mir zu, Bailee. Ich bin zufrieden mit deiner Arbeit, aber wenn ich nur einmal mitbekomme, dass du ein engeres Verhältnis zu Zayn hast, als eine Mitarbeiterin zu ihrem Chef haben sollte, dann war's das. Ich hoffe, du hast mich verstanden."

Fast hatte ich Mitleid mit ihr gehabt, aber auch nur fast. Ich mochte sie, keine Frage, aber das war zu viel. Ihre Sorge konnte ich nachvollziehen, aber Zayn und ich waren grade mal dabei, uns, nett ausgedrückt, anzufreunden. Natürlich würde ich liebendgern Distanz einhalten, leider war es nicht so einfach für eine Person, die grade dabei war alles an der anderen Person zu vergöttern. Okay, ich war am Arsch. Entweder mein Job oder meine Gefühle. Das Problem war nicht das Verlieren meiner Arbeit. Meine Schwester war mitbeteiligt und das konnte ich ihr nicht antun. Nicht, solange ich mir nicht eine eigene Wohnung leisten konnte, die ich mit meiner Schwester bewohnen würde. Was ich ja nicht verstand, zwischen mir und Zayn lief nicht einmal etwas, wie kam Mrs. Malik dann darauf? Kurzerhand zückte ich einen den Notizblock, schrieb etwas drauf, reichte es über Zayn zu meiner Chefin.

Zayn und ich sind nicht einmal befreundet, wie kommen Sie denn auf so etwas? Er ist zwar netter geworden, aber mehr ist da auch nicht. Wie verhalten uns wie Chef und Personal sich verhalten sollte.

"Sagen wir mal so, ein Vogel hat mir etwas zugeflüstert. Ich sage es nur vorher, damit du Bescheid weißt. Ich möchte dich nicht in der Nähe von Zayn sehen, ja? Außerdem, seien wir mal ehrlich, zwischen dir und Zayn könnte nichts laufen. Mein Mann hätte absolut etwas dagegen. Ich könnte ihm zutrauen, dass er alles mögliche versuchen würde, um diese 'Beziehung' zu zerstören", antwortete sie und ich war wirklich perplex, brauchte einen Moment, um mich zu fassen.

No Response || z.m.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt