30 - In der Klemme

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Die Angst vor dem Tod ist dem Menschen angeboren.
Es ist weniger die Angst vor dem Sterben selbst, als die Ungewissheit darüber, was nach dem Tod kommt.
Verschiedene Religionen versuchen hier Auskunft zu geben. Rose war kein religiöser Mensch. Ihm war klar, dass kein Gründer einer Religion über dieses Wissen verfügen konnte, denn nur wer gestorben war, hatte die Erkenntnis, die alle Lebenden verzweifelt suchten.
Für ihn gab es weder Himmel noch Hölle, noch irgendeine Form der Wiedergeburt. Nahtoderfahrungen ließen sich wissenschaftlich erklären und ließen wenig Freiraum für Spiritualität.
In Roses Vorstellung hörte der Mensch mit seinem Tod einfach auf zu existieren, doch das menschliche Gehirn ist nicht dazu fähig sich vorzustellen, wie es sein soll nicht existent zu sein. Es liegt außerhalb unserer limitierten Vorstellungskraft.
Rose hatte in diesem Augenblick Todesangst, Angst das gleiche Schicksal wie die vorherigen Opfer zu erleiden und unter stundenlangen Qualen das Zeitliche zu segnen.
Aber er versuchte diese Gefühle zu unterdrücken. Er musste ruhig bleiben, um aus dieser Nummer wohlmöglich doch irgendwie und möglichst unbeschadet zu entkommen. Und falls es keinen Ausweg aus diesem fürchterlichen Schicksal gab, so würde sein Tod in gewisser Weise sogar eine tröstliche Erlösung für ihn darstellen.
Aber der Mensch klammert sich an sein Leben. Das ist unser Urinstinkt. Fliehen, Kämpfen, Verhandeln - das waren nun die Möglichkeiten. Welche sollte er wählen?

Er hörte dumpfe Schritte in der Ferne, die sich näherten. War das seine Rettung? Sei nicht so naiv, sagte Rose zu sich selbst und hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Schritte eher eine Bedrohung darstellten, war deutlich höher - er war hier nicht ohne Grund gefangen.
Eine Tür wurde geöffnet, kurz fiel etwas Licht in den kleinen Kellerraum, dann wurde es schlagartig hell. Grelle Leuchtstoffröhren an der Decke blendeten den gefesselten Kommissar. Als seine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte er, dass es sich bei dem Tier, das sich mit ihm im Raum befunden hatte, tatsächlich um den Kater mit den runden Ohren handelte und er sah auch wer das Licht angeschaltet hatte: Es war die junge Pharmazeutin aus seiner Stammapotheke und zugleich die geheimnisvolle Disco-Bekanntschaft, die seinen Kollegen in ihre tückische Falle hatte treiben wollen. Sie war die Mörderin von Dennis Steiner und Dominik Schmahl, daran hatte er keinen Zweifel mehr!

„Na, sind Sie endlich aufgewacht, Herr Kommissar?" Ihre Stimme klang spöttisch während sie langsamen Schrittes durch den Keller stolzierte. Im Licht konnte er nun den Raum erkennen. Sauber gefliest und mit wenig Einrichtungsgegenständen. Lediglich ein Regal, in denen zahlreiche Werkzeuge unordentlich herumlagen.

„Wieso tun Sie das?", fragte Rose.

Sie ging gemächlich zum Regal und nahm eine Reitgerte hinaus. Drohend hielt sie diese in der Hand, als sie sich zu Rose umdrehte.

„Weil es das einzige ist, was diese Welt noch retten kann. Der Beginn einer Revolution, wenn sie so wollen. Die Frauen werden sich erheben und die Herrschaft des Mannes zerstören! Ich habe den Anfang gemacht und die widerwärtigsten von denen vernichtet, die uns Frauen nur als Lustobjekte sehen. Ich bin der Racheengel! Ich habe den Weg bereitet für eine größere Bewegung."

„Was macht Sie so sicher, dass Dennis Steiner und Dominik Schmahl so waren? Was qualifiziert Sie dafür über ihr Leben zu entscheiden?"

„Ich habe sie den ganzen Abend beobachtet. Wie sie jede Frau, die ihnen geeignet schien angegraben haben, sie begrabscht haben, ihnen sämtliche Lügen erzählt haben, nur um zu bekommen, was sie sich erhofften. Glauben sie mir, sie waren Schweine, sie verhielten sich wie welche und sie bluteten wie welche. Sie bekamen, was sie verdienten!"

„Wieso haben Sie die Körper fort gebracht und so abgelegt, dass sie schnell gefunden werden?"

„Es mussten Orte sein, an denen ich unbemerkt meine Botschaft platzieren konnte. Sie musste von dort aus in die Welt getragen werden. Der Bauernhof stellte sich als nicht ausreichend heraus, da es meine Nachricht noch nicht einmal in die Zeitung geschafft hat, also musste es ein etwas öffentlicherer Ort werden."

Katzenmorde - Kommissar Roses erster Fall (Krimi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt