-35-

9 0 0
                                    

Den restlichen Tag und Abend überlege ich wie ich herausfinden kann, was genau Timo vor hat.
Am leichtesten wäre es ihn zu fragen, aber ohne wirkliche Beweise kann ich Timo nicht gegenüber treten. Ich male den Grundriss vom Schloss des Königs nach und erinnere mich an jedes Schlafgemach das hier von Bedeutung ist. Mutter hat uns früh beigebracht sich Sachen zu merken und nachzumalen. Eine Sache die ich besser konnte als Timo und worauf ich früher sehr stolz war. Jetzt hilft es mir dabei, meinen Bruder zu entlarven und zu hoffen das ich etwas wichtiges finde. Ich gehe die geheimen Gänge durch, besonders die die zu den Gemächern zum Prinzen führen.
In den nächsten Tage werden einige Zeremonien durchgeführt um an Chris zu gedenken, der Prinz wird viel unterwegs sein, aber auch die Soldaten die vielleicht seine Gemächer bewachen. Das muss ich zu meinen Nutzen machen, ich lächle als ich über mein fertiges Bild rüber schaue und bin stolz das ich mich auf meine Gedanken verlassen kann. Denn die haben mich bis hier her gebracht und mich gestärkt, jetzt brauch ich einen Moment Denkpause.
Ich verstecke mein gemaltes Bild unter meiner Matratze und ziehe mich dann zurück ins Bad, um mir ein Badewasser einzulassen.
Nachdem ich es endlich geschafft habe mit meinem verletzten Bein ins Wasser zu steigen, bereue ich es sofort wieder. Die frisch genähte Wunde brennt unter dem lauwarmen Wasser und ich fluche, aber versuche das brennen auszuhalten. Ich habe es wohl verdient, im Gegensatz zu Chris, habe ich es verdient zu leiden.
Ich war mein ganzes Leben eine Lügnerin, eine Diebin und auch unser letzter Plan hatte nichts moralische an sich. Chris war genau das Gegenteil, er ist gut aufgewachsen, hatte viele Freunde und Kontakt mit dem wahrscheinlich nettesten und aufrichtigsten Lord und wollte nichts sehnlicheres als ein Soldat zu werden. Während wir nie Soldaten werden wollten, wir wollen nur Geld, Macht und Aufmerksamkeit.
Ich fange an zu weinen und haue gegen das Wasser, weil ich sonst nichts anderes habe zu gegen hauen.
„Verdammt!" Fluche ich und weine immer mehr, ich bin kein guter Mensch. Das wusste ich schon immer, doch nun wo wegen uns ein Mensch gestorben ist, verkrafte ich diese Tatsache noch weniger.

Nachdem ich fertig bin mit dem weinen und mich in meinen morgen Mantel gekuschelt habe, hinke ich langsam in mein Schlafgemach zurück.
„Ich glaube nicht das Sie hier sein dürfen." Sage ich, nachdem ich den ersten Schock verarbeitet habe.
„Ich denke ich bin genau richtig." Sagt Lord Lucien mit dem Rücken zu mir gewandt.
„Und was sollen die anderen denken, wenn Sie so spät Abends meine Gemächer verlassen?" Frage ich weiter und versuche zu ignorieren, dass ich nackt unter meinen Mantel bin.
„Keine Sorge, ich habe nicht vor lange zu bleiben." Sagt er matt.
„Das hoffe ich auch." Sage ich ebenfalls ohne jegliche Emotion.
„Ich will nur eines wissen." Er dreht seinen Kopf leicht zu mir und scheint zu sehen wie ich vor ihm stehe, er lächelt leicht und ich nutze meinen Vorteil. Ich gehe zu ihm und setze mich ebenfalls auf einen Hocker, sein Blick wandert über meinen Körper und ich lege meinen Kopf schief.
„Ja bitte?" Frage ich und er schärft seinen Blick.
„War es Absicht?" Fragt er die alles entscheidende Frage und ich hole scharf Luft.
„Nein." Antworte ich schnell und er lehnt sich zu mir nach vorne.
„Ich dachte wir haben das lügen übersprungen, sagen Sie mir die Wahrheit." Ich lehne mich ebenfalls nach vorne, mit dem wissen das man mein Dekolleté sieht.
„Ich sage Ihnen die Wahrheit." Ich schließe meine Augen, ich bin es wirklich leid ihn anzulügen, ihm etwas vor zu machen.
„Vielleicht wissen Sie ja selber nicht die Wahrheit." Sagt er und ich sehe ihn fragend an.
„Was meinen Sie?" Frage ich.
„Wissen Sie genau was ihr Bruder alles tut?" Fragt er ebenfalls.
„Natürlich, er ist mein Bruder." Sage ich mit voller Überzeugung, obwohl ich vor wenigen Stunden darüber nachgedacht habe wie ich ihn überführe.
„Auch Geschwister können Dinge verheimlichen." Sagt er und lehnt sich siegessicher nach hinten, legt seine Arme über die Lehne und schaut mich genau an. Wieder prickelt die Luft zwischen uns und ich denke an die Nacht in die Küche.
„Was soll ich denn anscheinend nicht wissen?" Frage ich ihn, er lächelt.
„Nein, Sie machen es mir nicht so leicht. Was ist los Claire? Sind Sie müde?" Fragt er und ich sehe ihn wütend an, wie kann er es wagen so mit mir zu reden.
„Bitte? Ich habe heute jemanden getötet? Ich wollte das nicht! Ich wollte nie das jemand stirbt, ich wollte nicht das es so endet." Meine Stimme bricht und meine Sicht verschwimmt.
„Das was endet?" Fragt er und ich schüttle den Kopf.
„Na der Kampf, aber Chris kam auf einmal mit dem Messer auf mich zu und ich wusste mir nicht zu helfen. Ich konnte doch nicht ahnen das er stirbt." Erste Tränen laufen über meine Wangen und der Lord lacht.
„Claire Sie sind eine wirklich gute Schauspielerin." Er klatscht und Ich schüttle nur mit meinen Kopf.
„Er war nie krank, er wurde vergiftet." Sagt er ernst und mein Herz bleibt stehen, sind wir wirklich aufgeflogen? Ich muss in meiner Rolle bleiben um hier lebend wieder herauszukommen.
„Was?" Flüstere ich und wische meine Tränen hinfort.
„Das wusste ich nicht." Ich schlucke.
„Das dachte ich auch am Anfang, das in der Halle war nicht gespielt. Es hat Sie wirklich mitgenommen, aber als Sie beim General saßen, waren Sie wieder gefasst. So schnell verkraftet man keinen tot, schon gar nicht drei Stunden später." Ich schaue weg.
„Ich habe es nicht gewusst." Sage ich, presse meine Lippen aufeinander.
„Ich weiß, also sagen Sie mir was ihr Bruder vor hat." Ich drehe meinen Kopf wieder zu ihm.
„Ich weiß es nicht, das meine ich ernst." Sage ich und er nickt.
„Ich würde Ihnen wirklich glauben, aber das kann ich nicht. Und solange ich nicht weiß was wirklich passiert ist, werden wir euch beiden in Gewahrsam nehmen." Sagt er ernst und steht auf.
„Was? Sie wollen uns einsperren? Wir sind die zukünftigen Soldaten des Königs." Ich stehe ebenfalls auf.
„Dann sagt endlich, das Ihr Schuld seid!" Schreit er und ich knicke mit meinen Bein weg.
„Ich bin nicht schuld." Sage ich.
„Ich wusste nicht das er vergiftet wurde, ich habe es mir zusammengereimt. Niemand verliert so schnell Blut, das ist biologisch gar nicht möglich." Sage ich weiterhin in einer lauter Stimmlage.
„Ich weiß nicht wer ihn vergiftet hat, aber ich war es nicht." Rede ich weiter.
„Also arbeitet Ihr Bruder alleine?" Fragt er wieder ruhig.
„Keine Ahnung! Ich weiß nicht was er vor hat." Ich fluche und fahre mit meinen Händen durch meine Haare.
„Sag endlich die Wahrheit." Er tritt zu mir heran, ich schüttle traurig meinen Kopf und Tränen füllen wieder meine Augen.
„Ich kann nicht." Ich setze mich müde auf den Hocker und drücke auf meine Wunde, in der Hoffnung dass das brennen aufhört. Lucien kommt zu mir und hockt sich vor mir, er sieht mir direkt in die Augen.
„Wenn Sie hier lebend raus wollen, müssen wir zusammen arbeiten." Sagt er ernst, ich sehe ihn unsicher an.
„Ich kann Ihnen nicht vertrauen." Sage ich.
„Ich Ihnen ebenfalls nicht." Sagt er.
„Aber uns ist beiden wichtig das wir hier alle die nächsten Tage überleben und Sie scheinen zu wissen was passieren wird." Ich schüttle den Kopf.
„Ich dachte das ich es wüsste." Sage ich leise.
„Ich kann Ihnen nicht sagen was in den nächsten Tage passiert, weil ich nicht weiß was Timo vor hat." Er legt seine Hände auf meine Knie und mein Blick wandert auf seine Hände.
„Dann finden wir heraus was Ihr Bruder vor hat." Ich schaue wieder zu ihm hoch und sehe das er sich ziemlich Sicher ist mit dem was er meint.
Er will nach allem was ich ihn angetan habe, noch was mit mir zu tun haben und mit mir zusammen arbeiten.

Eure Soli 💕

Silent Thief Where stories live. Discover now