Und die Zeit vergeht

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Serrin hat soeben die Hand zu einer Faust geballt. Sie knirscht fest mit den Zähnen und versucht ihre Angespanntheit zu unterdrücken. „Du wolltest mich sehen? Hier bin ich", knurrt sie giftig. Wütend starrt sie ihr Gegenüber an. Sie zwingt sich dazu den Blick nicht abzuwenden. Diesmal nicht. Moon beugt sich zu ihr herunter. „Genießt du die Zeit mit deinem neuen Freund? Sunrise hat mir erzählt, dass er dich neulich mit ihm zusammen in der Stadt gesehen hat." Serrin zieht ihre Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. „Das ist mir doch egal. Ich habe weder dir noch ihm etwas zu erzählen. Verschwinde endlich und lass mich in Ruhe." Moon grinst sie unheimlich an. „Nein", sagt er abfällig und umfasst ihr Kinn grob. Herrschend zieht er ihren Kopf zu sich hoch und zwingt sie dazu in seine rot leuchtenden Augen zu schauen. „Erst wenn ich das bekommen habe was ich will." Er grinst einmal verschmitzt. Serrin knurrt und umfasst sein Handgelenk. Störrisch wehrt sie sich gegen ihn, als Moon wieder einmal versucht sie zu küssen.

Mit einem überraschten Schrei schießt Serrin nach oben. Ihr plötzliches Erwachen hat auch Sammy erschreckt, der friedlich auf ihrem Bauch geschlafen hat. Der rote Kater ist fauchend aufgesprungen und maunzt nun verwirrt in der Gegend herum. „Entschuldige bitte, Sammy, ich wollte dich nicht erschrecken." Sanft nimmt sie ihr aufgebrachtes Haustier in den Arm und beruhigt es wieder. „Schon okay, alles ist gut." Nach einer intensiven Streicheleinheit beginnt der Kater zu schnurren und entspannt sich wieder. Zufrieden stupst er seine Besitzerin mit seinem Näschen an. „Ja, ich hab dich auch lieb." Serrin hat ein Buch über die Katzensprache gelesen. Diese zärtliche Geste bedeutet so viel wie 'ich liebe dich' oder 'ich hab dich gern'. Erschöpft lässt sich Serrin in ihrem Bett niedersinken. Frustriert schaut sie auf ihren Wecker, der halb vier am Morgen anzeigt. Dieser verdammte Moon sucht sie immer noch zu seiner eigenen Belustigung heim.

Nun rollt sich Sammy wieder auf ihrem Bauch zusammen, sodass sie ihm sanft die Ohren kraulen kann. „Am liebsten würde ich ihn mal persönlich besuchen und ihm ordentlich die Meinung geigen." Die Weißblonde stöhnt einmal unglücklich. Damit hat sich für diese Nacht die Ruhe wohl erledigt. Serrin hat Schlafstörungen entwickelt. Es würde eine halbe Ewigkeit dauern, um nochmal einzuschlafen. Sie hasst Menschen die einschlafen, sobald deren Augen zu sind. Sie braucht für den Scheiß drei Stunden, siebenhundert Positionswechsel und eine Opfergabe an Gott. Auch dieses Problem gab es früher nicht. Ihre ganzen Probleme hat sie einzig und alleine Sunny zu verdanken. Vielleicht sollte sie ihn trotz Hausverbot noch einmal besuchen gehen, um ihm einen ordentlichen Tritt in seinen Robohintern zu verpassen. Egal wie sehr sie es auch versucht, nach einer halben Stunde schält sich Serrin aus dem Bett. Genervt geht sie sich einen Tee machen, um mit ihrer dampfenden Tasse noch einen Film auf Netflix zu schauen.

Sammy scheint das weniger zu stören. Er trottet seiner Mama einfach hinterher und rollt sich dann wieder auf ihrem Schoß zusammen. Serrin lächelt. „Anhängliches Katerchen", sagt sie und streichelt ihn. Irgendwann ist die Weißblonde vor dem Fernseher eingeschlafen. Auch diese Erfahrung ist ihr früher erspart geblieben. Dummer Moon – er hat ihr ganzes Leben ins Chaos gestürzt. Für Serrin steht jetzt schon fest, dass sie ihm das alles eines Tages heimzahlen wird. In den frühen Morgenstunden wird sie dann zum zweiten mal geweckt. „...Sammy, was ist denn...?" Der verschmuste Kater fummelt mit seinen Pfoten in ihrem Gesicht herum. Er miaut halb verhungert. „Schon gut, ich steh ja schon auf..." Völlig übermüdet schält sich Serrin vom Sofa herunter und geht den jammernden Kater füttern. Erst danach schaltet sie ihre Glotze ab. Zumindest scheint einer in diesem Haushalt glücklich zu sein. Serrin beobachtet Sammy, der schnurrend sein Futter verschlingt. Am liebsten würde sich die Weißblonde wieder in ihr Bett verkriechen. Doch sie weiß aus eigener Erfahrung, dass sie hinterher noch kaputter ist als vorher.

Wegen ihrem instabilen psychischen Zustand ist Serrin noch ein paar Wochen krank geschrieben. Daher wird sie sich etwas überlegen müssen, was sie mit ihrer freien Zeit anfangen soll. Normalerweise hat sie diese immer mit Sunny verbracht. Aber jetzt ist dem nicht mehr so. Ein heißes Stöhnen hallt durch den Raum. „Sunny...", flüstert sie leise. Es ist immer schwer ein Trauma oder eine Enttäuschung zu verarbeiten. Trotzdem musste Serrin lernen, dass das Leben weitergehen muss. Ein weiterer Monat vergeht, in dem sie viel mit Alexander unterwegs gewesen ist. „Sag mal, ist bei dir alles in Ordnung? Du siehst echt müde aus." Als Antwort gähnt sie erst einmal. „Ja, geht so..." Die Alpträume von Moon haben sich gehäuft. Mittlerweile kommen sie fast täglich vor. „Wollen wir morgen ins Kino gehen?", fragt Alexander. „Vielleicht ein anderes mal. Ich muss morgen etwas wichtiges erledigen."

„Verstehe, kein Problem." Die zwei sind dicke Freunde geworden. Trotzdem fällt es ihr schwer Sunny komplett zu vergessen. Immer wenn die Sonne aufgeht, muss sie an ihn denken. „Na schön, wir sehen uns." Alexander drückt sie noch einmal, bevor im Endeffekt jeder zu sich nach Hause geht.

Serrin wird sofort von Sammy begrüßt. Der attraktive rote Kater schleicht ihr um die Beine und zittert mit dem Schwanz vor Freude. „Na, mein Süßer?" Sie streichelt ihn sanft und gibt ihm ein Leckerli. Am folgenden Abend bereitet Serrin etwas vor, das sie morgen brauchen wird. Nach einem Serienabend kuschelt sie sich ins Bett, um sich ihren Alpträumen zu stellen.

Moondrop weiß was du in der Dunkelheit tust (Abgebrochen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt