Ein gefährliches Unterfangen

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Serrin winkt Sunny traurig hinterher, als er in die Kindertagesstätte zurück muss. Gerne hätte sie noch mehr Zeit mit ihm verbracht. Doch leider muss er sich streng an die Einschlussregeln halten, da ein frei herumlaufender Moon eine Katastrophe bedeuten würde. Sunny hört das vertraute Geräusch der sich verschließenden Tür und holt lächelnd den versiegelten Brief hervor, den er von Serrin bekommen hat. „Lass ihn Moon aufmachen und lesen", hat sie ihm gesagt. Am liebsten würde er aus Neugier den Brief selbst öffnen, doch was auch immer darin geschrieben steht ist nicht für seine Augen bestimmt. Er hat ihr versprochen nicht hinein zu sehen und daran hält er sich auch. Schließlich werden die Lichter abgeschaltet. Diesmal überlässt Sunny freiwillig seinem Bruder die Kontrolle über den gemeinsamen Körper. Moon stöhnt einmal frustriert, bis er den Brief in seiner Hand sieht. 'Für Moon' steht darauf.

„Was ist das...?" Er kann einen zarten Hauch eines blumigen Parfüms wahrnehmen. Ist das etwa ein...Liebesbrief...? Voller Vorfreude fängt Moon breit grinsend an den Umschlag zu öffnen und dessen Inhalt herauszuholen. Über das was er herausgeholt hat ist der Nachtbetreuer allerdings gar nicht glücklich. „...Du ungezogenes, kleines...", knurrt er. Eine dicke Wutader pocht an seiner Schläfe, während er das Bild betrachtet, auf dem Sunny von Serrin geküsst wird. „...GRRRR..." Moon presst seine scharfen Zähne so fest aufeinander, dass eine ölige Flüssigkeit austritt. Spätestens als er das Foto umdreht, verliert er jegliche Selbstbeherrschung. Serrin hat eine Notiz hinterlassen. 'Geh schlafen, Halbgesicht.' Moon stößt einen wütenden Schrei aus. „Miststück...MISTSTÜCK!!!" Er zerreißt das Foto in lauter kleine Fetzen und lässt seiner Wut dann freien Lauf. Statt alles schön sauber zu machen und aufzuräumen, richtet er das größte Chaos an, was man jemals in der Kita gesehen hat.

Daher ist Sunny doch sehr erstaunt, als die Kita am nächsten Morgen wie nach einem Atombombenangriff aussieht. „Was zur...?" Der Sonnenmann traut seinen Augen kaum. Plötzlich fällt ihm der zweite Brief ein, den Serrin ihm gegeben hat. Diesen hat er fein säuberlich in seinem Privatzimmer verstaut. In diesem wird sehr gut beschrieben, was für einen bösen Scherz sie sich mit Moon erlaubt hat. Sunny presst seine Kiefer zusammen. Er fängt an zu grinsen, bis er wenige Sekunden später in schallendes Gelächter ausbricht. Natürlich ist diese Aktion gewaltig nach hinten losgegangen. Lustig ist es aber trotzdem. Zu seiner Überraschung liegt das Foto in diesem Umschlag nochmal bei, denn Serrin ist davon ausgegangen, dass Moon es aus Wut und Frustration vernichten wird. „Awww...", macht es Sunny glücklich und hängt ihr schönes Geschenk neben sein Bett auf. Was für ein Glück, dass heute Sonntag ist, denn nun liegt es an ihm die Kita wieder herzurichten, bevor morgen seine kleinen Freunde wieder kommen. Sunny muss schon sagen, dass sie Moon ganz schön gedisst hat. Obwohl er es schon verdient hat.

Einige Tage später ist Moon noch immer wütend darüber. Er ist mehr als je zuvor davon überzeugt, dass er Serrin loswerden muss. Auch wenn er sie begehrt, er gönnt sie seinem Bruder nicht. Der Sonnen-Animatronic ist gerade mitten in einer Bastelstunde, als sie ihn wieder besuchen kommt. „Ach Gottchen, Sunny...wie siehst du denn aus?" Der Tagespfleger hat überall im Gesicht lustige Wackelaugen kleben. Als er sie sieht, geht in ihm die Sonne auf. „Die Freundin von Mister Sonne ist wieder da. Auf sie!" Serrin wird von den aufgedrehten Kindern nicht verschont. Sie holen schon die Wackelaugen und den Glitzerkleber. „Nein, das werde ich nie wieder aus meinen Haaren herausbekommen. Gnade! Ich bin doch nur da, um mein Versprechen einzulösen." Sofort halten zwei Kinder inne, die ihr gerade ein paar der Wackelaugen auf die Wangen kleben wollen. „Böse Kinder bekommen von mir nichts zu naschen", sagt sie. Plötzlich ist eine Totenstille in der Kita. Der Trick mit den Süßigkeiten funktioniert bei Kindern eben immer.

Serrin ist immerhin eine Frau, die ihr Wort auch hält. Daher sollen sich die Kleinen in einer Reihe aufstellen, damit sich jeder etwas Süßes nehmen kann. Die Weißblonde hat eine Tüte vorbereitet, wo sich jedes Kind zwei Sachen aussuchen darf. Immerhin hat man zwei Hände. Dabei zeigt sich auch der unterschiedliche Charakter von den ganz kleinen Strolchen. Während der eine Gummibärchen bevorzugt, mag ein anderes Kind lieber Schokolade und wieder ein anderes hat für Bonbons eine Schwäche. Zufrieden und brav setzen sie sich alle an einen Tisch, um ihre Beute zu verspeisen. Sunny legt sich beeindruckt einen Finger an sein Kinn. „Und für was belohnst du sie nun?" In der Aufregung hat sie ganz vergessen ihm das zu erzählen. „Während dem Stromausfall habe ich ihnen gesagt sie sollen sich schlafend stellen, damit Moon ihnen nicht wehtut. Als Gegenleistung habe ich ihnen ein paar Süßigkeiten versprochen." Sunny grinst einmal. „Du ausgefuchstes Schlitzohr. Bist du sicher, dass du hier nicht arbeiten willst?" Serrin sieht ihn einmal vielsagend an. Sofort reißt der Sonnen-Animatronic die Hände nach oben. „Nein, viel zu gefährlich!"

Serrin lacht darüber bloß. „Ja, vermutlich hast du Recht." Auch dieser Tag neigt sich langsam dem Ende zu. Alle Kinder werden von ihren Eltern abgeholt und erzählen ihnen die Abenteuer, die sie heute erlebt haben. „Sieht so aus, als ob ich auch gehen muss, was?" Sunny lässt den Kopf hängen. „Leider schon. Die gucken eh schon dumm, weil du ständig hier bist." Serrin grinst einmal schief. „Wir sehen uns, bis dann." Sunny winkt ihr nach und seufzt dann einmal leise. Er kontrolliert ob auch alle Kinder weg sind. Es ist still geworden. „...Und wieder eine Nacht, in der Moon Unfug treiben wird." Seit einiger Zeit weigert sich der Nachtbetreuer seiner Aufgabe nachzukommen. Er ist so dermaßen mit seinen geheimen Racheplänen beschäftigt, dass es ihm inzwischen egal ist. Soll doch Sunny vor der Öffnung das ganze Chaos beseitigen. „Schau nicht so geknickt, das passt nicht zu dir." Sofort wirbelt der Sonnen-Animatronic herum. „Serrin! Nein, nein, nein, nicht schon wieder! Bitte geh, bevor sie die Tür..." Und da erklingt auch schon das Geräusch, dass sie zusammen eingeschlossen wurden.

Panik breitet sich in ihm aus. „Wieso tust du das immer nur? Du weißt doch genau, dass Moondrop...-" Da geht das Licht schon aus. Sunny fängt an zu krampfen. „Nein...nein...schnell, versteck dich..." Seltsamerweise ist Serrin sehr entspannt. „Lass mich raus, damit ich sie endlich flachlegen kann." Er wehrt sich dagegen. „Serrin, bitte...ich will dir nicht wehtun..." Plötzlich zuckt Sunny zusammen. Er blinzelt. Die schmerzhaften Krämpfe haben aufgehört. „...Was...?" Sie lächelt ihn an. „Besser?" Die Weißblonde hat tatsächlich ein tragbares Flutlicht auf ihn gerichtet. „Was? Das ist doch nicht dein Ernst!" Moon knurrt, was nur sein Gegenstück hören kann. „Serrin, aber wie...?"

„Ich habe es vor etwa einer Woche gekauft. Natürlich habe ich es Zuhause auch ausprobiert." Das Flutlicht leuchtet einen fünf Meter Radius aus und ist hell genug, um Moon unterdrücken zu können. „...Aber...warum...?" Serrin antwortet nicht gleich, sondern umarmt ihn vorher. „...Weil ich auch in der Nacht einmal bei dir sein möchte..." Sunny errötet und erwidert die Umarmung schließlich. „Ach, Serrin...", säuselt er. „Du bist wirklich verrückt. Das ist sehr gefährlich gewesen..."
„Ja, ich weiß. Aber das ist es mir wert gewesen." Für den Sonnenanbeter ist es ungewöhnlich in der Nacht aktiv zu sein. Er kann seinen dunklen Bruder fluchen und schimpfen hören. Und das so sehr, dass Sunny nun eine Wutader bekommt. „Halt endlich die Klappe, Moon! Du machst doch sowieso nur wieder Unordnung!" Serrin sieht ihn entgeistert an. „Tut mir Leid, ihm passt es nicht, da er die Kontrolle nicht hat." Sie grinst. „Schadet ihm gar nicht selbst einmal Sendepause zu haben." Die beiden lachen darüber.

Sunny wird nochmal zusätzlich überrascht, da seine alte Freundin ihren Laptop mitgebracht hat. Eigentlich wollte sie zuerst einen Gruselfilm ansehen, hat dann aber doch zu viel Angst davor. Daher haben sich beide für eine Horrorkomödie entschieden. Sunny hat wirklich viel Spaß mit Serrin, während Moon schmollend festsitzt und Däumchen dreht. Sie hält sich eine Hand vor den Mund und beginnt zu kichern. „Gott, hab ich mich erschreckt." Obwohl der Film erst ab sechzehn freigegeben ist, ist er dennoch ziemlich lustig. Danach erzählen sie sich ein paar Geschichten und schauen sich noch einen Film an. Schließlich kommt es wie es kommen muss. Serrin ist eingeschlafen. Sunny rüttelt sie leicht und bemerkt sofort was los ist. Der Sonnen-Animatronic lächelt und bettet vorsichtig ihren Kopf auf eines der Kissen, das in Reichweite ist. Glücklich schmiegt sie sich darin ein und wahrscheinlich wird Sunny nichts anderes tun, außer sie die ganze Nacht lang liebevoll zu betrachten. Plötzlich zuckt er zusammen. „Lass mich raus..." , knurrt Moon bösartig. Gestresst krallt sich Sunny an den Kopf und kämpft gegen die gewaltsame Übernahme seines bösen Bruders an. „Nein, ich lass dich nicht...nicht jetzt..." Er taumelt.

Moon zwingt Sunny dazu den Radius des Flutlichtes zu verlassen, sodass er die Kontrolle über den Körper übernehmen kann. Der Sonnenmann ist sich sicher, dass er Serrin dadurch aufgeweckt hat. Noch immer kämpft er gegen Moon an, doch diesen Kampf wird er definitiv verlieren. „...Du kleines, ungezogenes Mädchen..." Moon schaltet von hinten das Flutlicht ab, um sich in seiner geliebten Dunkelheit wieder zu finden. Seine roten Augen fangen an zu glühen. Er hat Serrin fixiert und kommt näher. „Heehehehe....diesmal....dieses mal wirst du mir nicht entkommen..." Auch wenn sie gegen die Erwartung von Sunny noch tief und fest schläft, lässt sich der rachsüchtige Mondmann diesmal nicht von seinem Unterfangen abbringen. „...Ich habe dich endlich...", lacht er. Serrin bewegt sich einmal leicht und nuschelt nur etwas unverständliches. Moon greift an ihr Oberteil und will seinen schmutzigen Plan in die Tat umsetzen. „...Alter Spinner...", nuschelt sie nun im Schlaf. In dem Moment hebt sie die Hand und sucht nach Sunny. Es ist kalt geworden, weshalb sie nach einer Wärmequelle sucht.

Schließlich bekommt sie Moon zu fassen und zerrt ihn statt Sunny zu sich. „Mhm...", macht sie es leicht und kuschelt sich an ihn heran. Serrin ist so tief am Schlafen, dass sie nicht einmal den Unterschied bemerkt. „...Hab dich lieb...", murmelt sie leise schlafend. Das hat Moon nicht kommen sehen. Er ist so davon überrumpelt, dass er sie einfach nur anstarren kann. „Du kleines, ungezogenes...ach...egal..." Wer weiß, ob er ihr ein zweites mal so nahe kommen kann. Eigentlich wollte er ihr eiskalt an die Wäsche gehen, doch das ist auch nicht schlecht. „Hehehe...siehst du das, Sunrise? Sie mag mich doch..." Zumindest versucht sich Moon das einzureden. Denn es ist einfach eine Tatsache, dass sie ihn schlichtweg mit Sunny verwechselt. Serrin hat von seiner Transformation gar nichts mitbekommen. Sie glaubt noch immer, dass sie mit der Sonne kuschelt. Daher wird Moon eine riesengroße Ausnahme machen und in dieser Position die Nacht mit ihr verbringen. Er hat sie näher zu sich gezogen, sodass sie ihren Kopf auf seine Schulter legen kann.

Serrin blinzelt. Verschlafen kann sie in das lächelnde Gesicht von Sunny sehen. „Guten Morgen, mein Sonnenschein." Auch sie lächelt ihn an. „Guten Morgen." Sie setzt sich auf und streckt sich. Kaum sind die Lichter angegangen, hat Sunny seinem Bruder die Kontrolle entrissen. Besorgt blickt der Sonnen-Animatronic sie an. „Serrin, bitte....hat....hat Moon dir etwas getan?" Sie sieht ihn verwirrt an. „Wie meinst du das...? Er war doch gar nicht da gewesen." Die beiden ungleichen Brüder haben in ihren gemeinsamen Kopf noch eine hitzige Diskussion geführt. Moon behauptet er hat ihr nicht wehgetan, während Sunny ihm diese Ausrede nicht abkauft. „...Ich...." Er kann sie nicht einmal ansehen. „...Er hat es irgendwie geschafft mir seinen Willen aufzuzwingen, also habe ich das Flutlicht verlassen. Dann hat er die Kontrolle übernommen und dann...naja..." Serrin wird leichenblass im Gesicht. Sie hat eine ganz schwache Erinnerung daran, dass sie letzte Nacht jemanden umarmt hat. Plötzlich fängt sie an zu schreien. „Igitt, ich habe mit Moon gekuschelt. Ich darf nicht einmal daran denken, so eklig ist das." Der momentan inaktive Mondmann bekommt eine dicke Wutader. „Hat sie mich gerade EKLIG genannt?" Sunny muss sich das lachen verkneifen.

„Serrin, ich habe mich wirklich gefreut, dass du mir Gesellschaft leisten wolltest. Aber bitte mach das nie wieder. Es ist einfach zu gefährlich für dich. Wir werden nachts nicht umsonst eingeschlossen." Auch wenn sie das nicht wirklich will muss sie es ihm versprechen. „Na gut, ich verspreche es." Kaum hat sie das ausgesprochen, ist auch schon das erste Kind auf dem Vormarsch. „Hoppla, schon so spät?" Dann kommt schon das nächste und das übernächste. „Ahhh, die Freundin von Mister Sonne ist wieder da!" Sofort wird Serrin von den beiden frechen Rabauken angegrinst. „Wir wissen genau, dass ihr euch lieb habt. Also küsst euch endlich. Wir wollen es sehen." Sunny stemmt die Hände in die Hüften. „Werdet ihr wohl endlich mit diesem Unfug aufhören?" Doch die beiden lachen nur wieder. „Küsst euch! Küsst euch!"

Sunny ist kurz davor sie schon zu Beginn des Tages in die Time-Out Ecke zu schicken. Doch plötzlich packt Serrin ihn an den Schultern, zieht ihn zu sich herunter und küsst ihn. Dabei hält sie ihre wunderschönen, blauen Augen geschlossen. Sunny's helle Sonnenstrahlen spielen verrückt. Sie drehen sich unkontrolliert im Kreis. Dann schließt er ebenfalls die Augen und erwidert es. „Iiiihhh, die küssen sich", schreien die zwei frechen Kinder nun umher. Serrin lacht. „Sieh es positiv. Wenigstens lassen sie dich jetzt in Ruhe." Sunny lächelt, während Serrin ihm geheimnisvoll zuzwinkert. Manchmal spielt sie wirklich mit dem Feuer. Doch auch diesmal hat sie dieses gefährliche Abenteuer unbeschadet überstanden.


Moondrop weiß was du in der Dunkelheit tust (Abgebrochen)Where stories live. Discover now