Kapitel 57

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Langsam nehme ich die Welt um mich herum wieder war. 

Zuerst kam das Gefühl in meinen Fingern wieder. Ich spüre wie ich auf einem ungewohnt weichem Untergrund liege, nicht das es unangenehm ist, aber nicht der gewohnte Boden. Dies versetzt mich, soweit das in meinem Zustand geht, in Alarmbereitschaft.

Danach tritt meine Nase wieder ihren Dienst an. Fast sofort nehme ich den Geruch von Wald, Schweiß und einem 0815 Männerduft wahr, aber auch der Geruch von Suppe liegt in der Luft. 

Als letztes kommt der Gehörsinn zurück. Ich höre meinen eigenen, langsamen Atem und leise Männerstimmen. Sie sind unterhalten sich irgendwo in meinem Rücken.

Sofort kommen wieder die Erinnerungen an den Keller in mir hoch. Wie ich auf diesem Stuhl sitze und eine ekelige Stimme in meinen Nacken flüstert und die Fesseln in meine Handgelenke schneiden. Auf einmal fühle ich mich so, als ob ich wieder in diesem Keller sitze und um mein Leben fürchten muss. Wieder spüre ich jeden einzelnen Schlag auf meinen Rücken, wie das Blut über meinen Rücken läuft und die Tränen über meine Wangen. Meine Stimme ist kaum mehr als ein leises Wimmern, doch es scheint den ganzen Raum zu füllen. Ab und zu hört man das teuflische Lachen eines meiner Peiniger und die ständig gleichlautenden Fragen.

"Wer ist der Rebell?"

"Wo ist der Rebell?"

Kräftig werde ich an den Schultern gepackt und meine Erinnerungen springen an den Punkt, wo ich gepackt werde und auf den Tisch gefesselt werde. Erneut spüre ich förmlich das Wasser auf meinem Gesicht. Verzweifelt versuche ich Luft in meine Lungen zu ziehen. Doch wie damals kommt kaum etwas darin an. Doch im Gegensatz zu damals kann ich noch durch die Nase Luft holen. Panisch reiße ich die Augen auf. Kurz sehe ich wie ein unbekannter Mann vor mir hockt und auf mich einredet, dann sehe ich wieder den Keller. Das psychopatische Lächeln und die schmierigen Haare des Bosses. Die maskierten Gesichter als ich den Lieferwagen gezogen werden und ein chloroformgetränktes Tuch auf mein Tuch gedrückt wird. Mein Kopf und meine Brust schmerzen. Mein Herz und Atem gehen in einem ungesund schnellen Takt. Schweiß läuft mir über den Rücken und sorgt dafür, dass das T-Shirt an meinem Rücken klebt. 

Langsam verschwindet der Keller und ich nehme die wahre Umgebung wahr. Ich liege nicht auf dem Tisch, sondern auf einem Sofa. Das beengende Gefühl kommt von einem Schlafsack, in den ich mich verheddert habe. Durch den Mund atmen kann ich nicht, weil dieser mir von einem unbekannten Mann zu gehalten wird. Verwirrt starre ich auf seine sich bewegenden Lippen. Wie durch Watte dringen seine Worte mit Verzögerung zu mir durch. Mit Mühe bringe ich meinen Atem wieder unter Kontrolle. Die Hand wird wieder von meinem Mund genommen. 

Doch die nächste Welle von Angst durchflutet mich, sobald mir richtig klar wird, das ich diesen Typen gar nicht kenne und er so nah vor mir sitzt. Panisch rutsche ich so gut es geht zurück. Doch das Sofa ist nicht gerade groß und ich  plumpse mit meinem Rücken auf den Teppich, während meine Füße immer noch auf dem Sofa liegen. 

Ein Kopf schiebt sich über mich, diesmal kenne ich ihn allerdings. Matts.

"Was machst du den da auf dem Boden? Ist das nicht ein bisschen ungemütlich?"

"Sie hatte eine Panikattacke und anscheinend hat sie mich nicht erkannt."

"Manno man. Ihr macht Sachen. Ich war doch nur schnell aufs Klo." 

Mit einem Stöhnen zieht er mich wieder aufs Sofa. Der andere Typ blickt mich mit einer Mischung aus Besorgnis und Belustigung an. 

"Ohne blaue Lippen und Rehkitzaugen siehst du echt besser aus."

Verwirrt blicke ich von einem zum anderen. Warum sollte ich blaue Lippen haben und warum benimmt sich der Typ so, als ob ich ihn kennen sollte.

"Erkennst du Kai wirklich nicht? Ist das normal Kai?"

"Das kann schonmal vorkommen, dass man nach einer starken Unterkühlung sich nicht an einige Dinge erinnern kann. Aber das meiste sollte wie nach einem Sturz auf den Kopf irgendwann wiederkommen. Hast du Hunger oder willst du erstmal weiter schlafen?"

Mein Magen, der miese Verräter, knurrt wie auf Kommando auf und beantwortet die Frage ohne überhaupt den Rest des Körpers zu fragen, ob dies den auch mit dessen Planung übereinstimmt. 




Spruch des Tages: Es geht nicht darum, Zeit zu haben. Es geht darum sich Zeit zu nehmen.

Whatever it takesWhere stories live. Discover now