Kapitel 16

113 18 1
                                    

Ich sehe Harry stumm an.

Ich weiß, dass er es ernst meint und das es ihm wirklich leid tut.

Aber genau so weiß ich auch, dass es wieder vorkommen wird.

So wie jedes Mal.

,,Harry", sage ich ruhig und sehe zu ihm.

,,Ich weiß wie sehr es dir leid tut, aber ich weiß auch genau so gut, dass es nicht das letzte Mal sein wird, dass du so reagierst."

Harry atmet schwer aus und nicht verständlich.

,,Versteh mich nicht falsch Harry. Ich helfe dir echt gerne und ich versuche alles, dass es dir gut geht.
Aber wenn ich immer wieder dadurch verletzt werde und ich daran kaputt gehe, dann bringt das mir und dir nichts.
Du lässt dir nämlich nicht helfen", fahre ich fort.

,,Ich versuche es Louis, glaub mir doch", fleht er mich an.

,,Ich will dir glauben, Harry. Ich will es ehrlich. Aber weißt du, wie verdammt schwer das für mich ist?
Weißt du wie weh das tut, so abgestoßen zu werden und jedes Mal wiederholt sich das?
Das gibt mir das Gefühl, als wäre das, was ich mache, alles unnötig", erkläre ich ihm sanft.

,,Es ist nicht unnötig, Louis. Du hilfst mir, auch wenn du es nicht weißt", widerspricht er.

,,Wo? Wo helfe ich dir?", frage ich verzweifelt und fahre mir durch meine Haare.

,,Du trinkst trotzdem jeden Abend, du lässt dich nicht anfassen oder überhaupt helfen. Du baust jedes Mal deine Mauer um dich höher.
Jedes Mal ist es ein weiterer und noch schwierigerer Weg für mich darüber zu klettern."

Harrys Kopflage sinkt nach unten und er schließt für einen Moment seine Augen.

,,Ich weiß Louis und es tut mir auch so verdammt leid. Aber glaub mir, für dich baue ich die Mauer nicht so stark, damit du sie irgendwann zerstören kannst. Vielleicht baue ich sie immer höher, aber nur für Außenstehende, die schon beim Anblick aufgeben.
Aber du gibst nicht auf.
Du gibst mich nicht auf und ich will auch nicht das du mich aufgibst.
Ich hab mich selbst schon aufgegeben und wenn selbst du nicht mehr an mich glaubst, was hält mich dann noch hier."

Und als diese Worte Harrys Mund verlassen, bricht es mir das Herz in tausende von Teilen.

,,Sag das nicht", flüstere ich.

,,Es stimmt aber, Louis. Meine Familie hat mich schon aufgegeben und Niall hat es auch.
Also, wie soll ich das bitte sonst hinbekommen? Wie will ein Mensch weiterleben, wenn kein andere an ihn glaubt?"

,,Indem du selbst an dich glaubst, Harry. Indem du dich in den Vordergrund stellst und du auf dich schaust. Darauf achtest, wie du mit dir umgehst. Moment kämpfst du nur gegen dich an.
Du bist dein größter Feind, Harry.
Und anstatt gegen dich selbst anzukämpfen, versuche zu kämpfen für dich!", spreche ich und lege sanft meine Hand auf sein Knie.

Im ersten Moment spüre ich, wie er sein Bein wegziehen möchte, aber er lässt es.

Er sieht kurz auf sein Knie, bevor er dann seine Hand auf meine legt und wieder zu mir hoch schaut.

,,Kämpfe bitte mit mir."

Ich betrachte ihn ganz genau und als er mir tief in die Augen schaut, wird es um mein Herz ein wenig wärmer.

,,Ich Kämpfe mit dir, aber niemals gegen dich, okay?", sage ich.

,,Okay", nickt er und sieht zu mir.

Kurz ist es still und wir sehen uns einfach nur an.

,,Soll ich dich nach Hause bringen?", frage ich.

Seine Hand liegt immernoch auf meiner und ich kann mich kaum davon abhalten, dort hinzuschauen.

,,Kann ich da bleiben?", sagt er leise und sieht kurz weg.

,,Willst du das wirklich?", frage ich zur Sicherheit nochmal nach.

,,Ich würde echt gerne hier bleiben, bei dir", versichert er mir.

Ich nicke und lächle ihn kurz an.

,,Soll ich dir andere Klamotten geben? Die vielleicht besser zum Schlafen sind?"

,,Ja, dass wäre lieb", entgegnet er.

Ich stehe langsam auf und löse meine Hand von seinem Knie.

Er bekommt einen grauen Pulli und eine schwarze Jogginghose von mir.

,,Ich würde dann unten auf der Coach schlafen", entgegne ich ihm.

Er sieht blitzartig zu mir und schüttelt den Kopf.

Verwirrt sehe ich ihn an.

,,Was ist?", frage ich.

,,Schlaf hier."

,,Harry, du kannst ruhig hier schlafen. Ich kann auf de Couch unten schlafen", winke ich ab.

,,Schlaf mit mir hier", drückt er sich deutlicher aus.

Überrascht sehe ich zu ihm.

,,Wir hatten das schonmal", entgegne ich.

,,Ich weiß, aber dieses Mal will ich es wirklich und bin auch nüchtern, Louis."

Unentschlossen sehe ich ihn an.

,,Außer du möchtest das nicht", sagt Harry.

,,Doch, doch. Ich will das", antworte ich schnell.

,,Nur will ich nichts falsch machen", füge ich noch hinzu.

,,Machst du nicht", versichert er.

Zögerlich gehe ich auf ihn zu und lege mich neben ihn ins Bett.

Harry liegt ein wenig seitlich zu mir, während ich auf dem Rücken liege und an die Decke starre.

,,Hast du eigentlich eine Freundin?", fragt Harry plötzlich unerwartet.

Ich sehe zu ihm und schüttle den Kopf.

,,Nein, hab ich nicht. Du etwa?", stelle ich die Gegenfrage.

,,Nein, auch nicht."

Dann ist es wieder still.

Bis er schließlich näher zu mir rückt.

,,Dann darf ich das hoffentlich machen", sagt er und legt seinen Kopf auf meine Brust.

Starr bleibe ich liegen und versuche die Situation zu realisieren.

Sachte schlinge ich, nach ein paar Minuten, meine Arme um seinen Rücken.

,,Geht das so?", frage ich.

,,Das ist perfekt."


𝓔𝓿𝓮𝓻𝔂𝓽𝓱𝓲𝓷𝓰 𝓲 𝓷𝓮𝓿𝓮𝓻 𝓽𝓸𝓵𝓭 𝔂𝓸𝓾Where stories live. Discover now