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Insgesamt hatte es Hoseok 2,7 Jahre in der Trübsinnigkeit ausgehalten, bevor er aus der Mitte der Stadt zu seinem Großvater zurück zog, bei dem es nie langweilig war. Seong war eben ein Mensch der Abenteuer, sei es früher im Haus oder auf der Wiese nebenan oder später die Kletter-Wandertouren, spontanen Kuchenback-Sessions oder mal schnell den eigenen Film drehen... Bei Seong war immer etwas los.

Hoseok erzählte viel. Er erzählte von den verschiedenen Erlebnissen mit seinem Großvater. Taehyung fühlte sich berauscht. Endlich öffnete sich der Mann mit dem er damals mitgegangen war ihm gegenüber vollkommen. Taehyung fühlte sich angekommen, erfüllt mit Glückshormonen die diese neuen Gespräche zwischen ihnen auslösten.

Er hatte nun auch endlich das Gefühl Hoseok seine Geschichte anvertrauen zu können, alles. Jedes Stück.

„Erinnerst du dich an die Tragödie, die Seokjin erwähnte?", begann Taehyung sein ernstes Thema anzuschlagen.

Sie waren gerade dabei auf den Tunnel zuzusteuern. Tae balancierte wieder auf den Schienen und zum ersten mal, machte Hoseok auf der zweiten sogar mit.

„Ja, es schien ein sehr ernstes Thema zu sein."

„Das ist es. Mein Vater ist gewalttätig...", sagte Tae und nahm sich Zeit für den zweiten Satz: „Er sitzt wegen Mord momentan im Gefängnis."

Die Worte waren zögerlich. Sie fanden ihren Platz zwischen sie beide, doch engten keinen von ihnen ein. Wie ein Kissen, auf dem sie beide ihren Kopf ablegen konnten.

„Wegen Mord...?", wisperte Hoseok und klang gleichermaßen geschockt wie neugierig.

„Ja, es kam damals in allen Medien, jeder wusste sofort wer ich war: Der Sohn dessen Vater die Mutter umbrachte."

Es war eine schwierige Zeit gewesen. Der Jüngere fühlte noch immer den Schock, den beißenden Beigeschmack von Hass, als er vom Krankenhaus die Todesnachricht bekam. Es hatte sich zuvor noch nie wie ein Vater angefühlt, den Taehyung da gehabt hatte.

„Es wurde überall ausgestrahlt, jeder wusste die ganzen Details von dem Vorfall. Irgendwann hab ich es nicht mehr ausgehalten. Ich wollte einfach weg und der erste Ort an dem ich mich zurück gezogen habe war der Bahnhof. Da hat mich keiner gestört, da hat mich keiner gesucht. Da hat mich keiner darauf angesprochen, dass ich doch der Sohn bin von dem Mörder..."

In Hoseoks Gesicht spiegelte sich Erkenntnis. Es war, als verstünde er plötzlich ein paar Sachen mehr, die ihm zuvor ein Rätsel gewesen waren und vielleicht war das sogar der fall.

„Ich war dein Entkommen..."

Hoseok machte eine nüchterne Feststellung und Taehyung hatte keine Widerworte.

„...und du hast meine Flucht verhindert."

TrainwayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt