2130

12 3 1
                                    

Seokjin besaß seinen Bauwagen schon seit 50 Jahren. Er war klein und gemütlich eingerichtet. Mit allem was er als Kartenleger benötigte. Sein Bauwagen beruhigte ihn. Erfüllte ihn mit Kraft. Stärkte ihn. Seokjin hatte sich für ein selbst erstelltes Kennzeichen entschieden, welches er Anhing, wenn er seinen Bauwagen nicht bewegte. Er hatte sich für die Nummer 2130 entscheiden.

Taehyung war am nächsten Morgen das Ereignis der letzten Nacht peinlich. Er hatte sich wie ein kleines Kind von Hoseok in den Arm nehmen und trösten lassen. Er hatte so Schweineangst aus dem nichts gehabt.

Er war kein Erwachsener gewesen.

Auf der anderen Seite war es das erste mal gewesen, dass er überhaupt Trost gesucht hatte, ihn gebraucht hatte. Hoseok hatte keine Fragen gestellt. Er hatte einfach akzeptiert dass Taehyung sich in seinen Armen ausgeheult hatte, wegen einer Angst, die in der Vergangenheit lag. Weil er damals hatte stark sein müssen. Weil er sich vor damals versteckte und es noch immer tat.

Jetzt fühlte es sich nicht mehr danach an stark sein zu müssen. Taehyung fühlte den Druck nicht mehr. Fühlte sich nicht mehr verantwortlich. Er fühlte sich freier und doch noch nicht bereit Hoseok seine Geschichte zu erzählen.

Sein Leben, denn er kannte auch noch nicht Hoseoks.

Obwohl er dem anderen so vertraute, mit ihm wanderte und in gewissem Sinn lebte, so wusste er so gut wie nichts.

Beidseitig.

Sie lebten nebeneinander.

Es stimmte ihn traurig. Seltsam traurig.

Er hatte Informationen über Hoseok, hatte Einblicke in dessen Leben erhalten, verstand stumme Gesten, doch Hoseok selbst verstand er noch nicht.

Da zwischen ihnen war noch eine unsichtbare Wand, die Taehyung nicht zu überwinden wusste. Von der er nicht wusste, was er halten sollte.

Dieser Tag war wie der vorherige.

Sie redeten miteinander, als sei das in der Nacht nie passiert, der Tag in der Stadt, die Begegnung mit Jungkook. Alle Begegnungen davor.

„Warum folgst du diesen Schienen?"

Taehyungs geflüsterten Worte erinnerten ihn daran, welche Frage am meisten Zwischen ihnen stand. Die Frage, die Taehyung noch immer nicht verstehen konnte. Bei der er vor einem Rätsel stand.

Die Frage nach dem Warum. Eine einfache Frage. Doch keine einfache Antwort.

Er bereute es nicht. Nach letzter Nacht wusste er, warum er mitgekommen war. Was ihn dazu geritten hatte seine Sachen zu nehmen und dem Fremden zu folgen. Es war seine Flucht gewesen. Seine Flucht vor dem Leben dort, vor der Einsamkeit. Es war so klar.

Hoseok hatte ihn nicht sofort abgewiesen, hatte sich nicht aufgedrängt. Er war so neutral gewesen, wie es Taehyung gebraucht hatte.

Er war dankbar dafür. 

TrainwayWhere stories live. Discover now