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Wenn es einen Tag gab den er nicht leiden konnte, dann war es der vierte im Monat. Tag vier. 04. Jeden Monat. Es war eigentlich egal. Es hing für ihn nicht an einem Monat fest oder einem speziellen Tag im Jahr. Für Taehyung war jeder Vierte das Datum, an dem der Tod seiner Mutter ihm bekannt gegeben wurde.

Ein sehr ausführliches Frühstück hatte Taehyung nicht genossen.

Eigentlich hatte er am Morgen, nach erneuten Albträumen nur einen der Proteinriegel essen können. Soweit er gesehen hatte, hatte der Fremde sich ein Brotende in den Mund gesteckt gehabt. 

Sie waren aufgebrochen, sobald die Sonne sie beide geweckt hatte. Sie prasselte heute unangenehm. Es war warm und hitzig. Besorgt musste Taehyung feststellen, dass er bald nur noch eine halbe Wasserflasche übrig hatte.

Irgendwo mussten sie halt machen. Doch der Mann, der sich früh morgens tatsächlich zum Brot einen kalten Kaffee angerührt hatte, schien nicht den Anschein zu machen zu halten. Anfangs hatte sich Taehyung noch zu geschlaucht gefühlt zu reden und sich lieber aufs Laufen konzentriert, jetzt war ihm schlicht zu warm. 

„Wie lange laufen wir heute noch?”

Die Frage wurde scheinbar gekonnt ignoriert. Sie begab sich irgendwo zwischen die Beiden. Bettete sich ins Schweigen hinein.

Ihre Schritte knirschten über den Kies der ehemals das Bett für die Schienen gewesen war. Nun war seine Funktion überflüssig. Er war kein guter Laufboden. Steinchen hatten sich schon in die abgetragenen Sneakers von Taehyung gebissen und zerstörten die ramponierte Sohle noch weiter.

Hoseok zuckte die Schultern. 

Taehyung wusste nicht, was er antworten sollte. Wenn der andere schon nicht wusste, wohin sie gingen, warum sollte er wissen wie lange sie noch liefen? Er hätte sich die Frage sparen können. 

Das Gestrüpp, üppiges Gras umschmeichelte Taehyungs nackte Beine. Es war ein Gefühl, welches er an seinem Bahnhof auch hin und wieder gehabt hatte. Eines aus seiner Kindheit. Wenn er mit seiner Mutter… 

Taehyung war mehr als erleichtert, als die Büsche richtigen Bäumen wichen und sie in einen Wald kamen. Die Schatten waren eine Wonne. 

Doch ihr Weg war anstrengender. Immer wieder mussten sie die Schienen verlassen und um Dornbüschen herum laufen, wenn sie sich nicht die Beine aufschlitzen wollten. Es war mühselig.

Umso überraschter blieb Taehyung jedoch stehen, als er begann rot-rostiges Metall durch die Büsche zu erkenne. Ein Waggon. Ein alter, eingefahrener Waggon. 

Es war ein Waggon, wie Taehyung seinen Bahnhof hatte. Allein, verlassen, abgeschieden. 

Wie Taehyung wenig später erfuhr war es Yoongis Waggon. 

TrainwayWhere stories live. Discover now