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Insgesamt 281 Tage hatte Hoseok nun gebraucht um zu verstehen, was gegen die Trübsinnig und Traurigkeit half, in die er erneut gerutscht war. Es half nicht sich zu verstecken und niemanden zu sehen, es half raus zu gehen und was zu erleben. Und doch bereute Hoseok diese 281 Tage nicht. Es war vielleicht ein langer Prozess, aber einer der mehr als Gold wert war.

„Darf ich dir erneut die Frage stellen, warum wir den Schienen folgen?"

Taehyungs Frage ging fast unter zwischen dem Keuchen und der Anstrengung, die die beiden an den Tag legen mussten.

Ihre Füße steckten im trägen Schlamm, der an ihnen zog, als würde er sie daran hindern wollen voran zu gehen. Taehyung musste an die Gesellschaft denken, an alle die ihn damals zurückgehalten hatten. Er hatte keinen Schritt tun können, er hatte sich verstecken müssen, doch jetzt?

Hoseok rutschte neben ihm ein Stück zurück. Strauchelnd gab er einen überraschten Ton von sich, fluchte laut.

„Mein Großvater...", knurrte Hoseok noch aggressiv über den Schlamm, fasste sich aber einen Moment später.

Er schaute Taehyung offen an. Legte sein Inneres offen während er sanft lächelte. „Sein letzter Wunsch war es, dass ich auf diese Reise gehe..."

Hoseok war noch nicht fertig mit erzählen. Tae ließ ihm Zeit, die Luft, die sein Freund zum atmen brauchte. Es war kein Schweigen mehr zwischen ihnen sondern ein Verständnis, dass still zwischen ihnen schwang.

„Er hat mich angeschaut und mir seinen Wunsch gesagt, dass er den Weg für mich geebnet hat und ich den Schienen folgen soll. Ich musste keine Sorge um den Proviant machen, weil er wusste, dass ich zur rechten Zeit am passenden Orten vorbeikommen werde. Er wusste, wen ich alles auf dem Weg begegnen werde. Er hat in seinen letzten Tagen geplant..."

Hoseok wirkte erleichtert. Als würde er sich nicht schwitzend durch den Schlamm kämpfen, als wäre nicht jedes Wort mit Anstrengung verbunden gewesen.

Taehyung fühlte sich überwältigt. Fragen beantworteten sich in seinem Kopf, er war erstaunt, wie ein Mensch so etwas planen konnte. Taehyung wusste nicht, was er fühlen sollte. Noch weniger, was er antworten konnte.

„Weißt du noch, die Begegnung mit Jimin? Ich hatte ihm bei unserem Abschied gesagt, dass er gestorben ist." Hoseok wirkte als fühlte er sich schuldig. Tae wusste aber nicht wofür.

„Anfangs dachte ich, ich folge diesen Schienen nur, weil ich ihm so nah sein konnte, seinen Willen ausführen konnte, doch jetzt denke ich was anderes."

„Deine Flucht", wisperte Taehyung. Sie waren einen Moment stehen geblieben, schauten sich in ihren verschlammten Kleidung an, ihrem Gepäck, ihrem Leiden, dass sie nun bereit waren vollkommen mit dem anderen zu teilen.

Hoseok nickte.

„Ja, Flucht. Flucht davor, dass er tot ist. Flucht vor mir selbst, meinem eintönigen Leben... ohne ihn ist ... war alles grau."

Es war ein Satz, den taehyung verstehen konnte: Nicht mit den Ohren, sondern mit dem Herzen.

TrainwayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt