9| 21. Mai 1985

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Jett Blacks Hand war eisig auf seiner Haut, glatt wie geschliffener Marmor. Kaz hatte nicht protestiert, als er ihn ins Dunkel der Lagerhalle geführt hatte, vernarbte Finger an seinem Handgelenk, als wollten sie seinen Puls ertasten. Sein Kopf war wie leer gefegt.

Hier drinnen war die Luft dick und schwer von Staub und dem Geruch nach Metall. Auf dem Wellblechdach hörte er den strömenden Regen, as dumpfe Donnergrollen, das jetzt nicht viel mehr als ein leises, wütende Grummeln war.

Bis auf eins, das immer wieder vom flackernden Licht der Blitze erleuchtet wurde, waren alle Fenster mit Brettern vernagelt oder schlampig schwarz gestrichen. Die einzige andere Lichtquelle in der Lagerhalle war eine Laterne auf dem Fußboden, in dem die schwache Flamme einer Kerze tanzte. Ihr Schein reichte nicht weit, gerade mal genug, um den Kasten, auf dem sie stand, die alte Matratze und die Schlafsäcke drum herum zu gedimmt zu beleuchten.

Da, wo Jett Black und er standen, war nur Finsternis, sodass Kaz vermutlich über am Boden liegenden Schutt gestolpert wäre, hätte diese kühle, vernarbte Hand in seiner ihn nicht wissend durchs Dunkel dirigiert.

Kaz Gedanken fühlten sich leicht und vernebelt an, als würde er durch einen Traum waten. Als Jett Black zu sprechen ansetzte und er seinen Atem im Nacken und an seinem Ohr spürte, flatterte etwas in seinem Bauch.

"Besser als draußen im Regen", flüsterte er mit samtweicher Stimme.

Irgendwo in seinem Hinterkopf formte sich die unsinnige Frage, ob Jett Black wohl tatsächlich dafür hätte sorgen können, dass ihn der Blitz traf. Er roch ein bisschen so; kalt, nach Regen und Strom, purer Energie. Ein bisschen auch nach Rauch und der muffig-staubigen, leicht fauligen Luft in der Lagerhalle.

Kaz erwischte sich bei dem Gedanken daran, ob er wohl auch nach Rauch und Strom schmecken würde und riss sich mit einem Kopfschütteln aus diesem Fiebertraum in die Realität zurück. Es war immer noch absolut möglich, dass Jett Black in den nächsten fünf Minuten ein Messer ziehen und ihn anweisen würde, sich bis auf die Knochen auszuziehen und alles rauszurücken, was er bei sich hatte.

Nichts, würde Kaz dann sagen und der andere würde ihn vermutlich vom Schlüsselbein bis zum Unterbauch aufschlitzen.

"Du kannst dich setzen, wenn du willst", hörte er Jett Black sagen und stellte irritiert fest, dass es ihm etwas ausmachte, dass da plötzlich keine kalten Finger mehr waren, die über seine strichen. Kein Atem mehr in seinem Nacken. Seine neue Bekanntschaft stand auf der anderen Seite des Lichtkreises und entfernte sich immer weiter in die Schatten, wo es kurz raschelte und rumpelte, als er etwas aus einem Regal holte.

Dann warf er ihm eine verstaubte Dose Bier zu. Kaz ließ sich widerstrebend auf einem der Schlafsäcke nieder und beobachtete seinen Gastgeber, wie er um den Lichtkreis herumtigerte, als hätte er Angst, sich zu verbrennen, käme er auch nur einen Millimeter zu nah.

Als er Kaz' Blick bemerkte, lächelte er nur.

"Ich werd dich nicht abstechen", bemerkte er schließlich und setzte sich im Schneidersitz auf die Matratze. Das orangefarbene Kerzenlicht tanzte geisterhaft in seinen Obsidianaugen. "Ich dachte nur, du wärst im Trockenen besser aufgehoben."

Kaz Finger kratzten über den Verschluss der Bierdose, unentschlossen, zögerlich. Er wollte in diesen schwarzen Seen aus Augen versinken. Vielleicht würden sie ihm all die Geheimnisse des Universums offenbaren.

Ein Scheppern aus der Richtung, in die Jett Black zuvor verschwunden war, ließ ihn jäh zusammenzucken. Das Lächeln seines Gegenübers wurde breiter und er begann, träge Kreise auf die schäbige Matratze zu malen. Kaz beobachtete die Bewegung und stellte sich vor, wie sie sich auf seiner Haut anfühlen...

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⏰ Last updated: May 25, 2022 ⏰

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