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Der Älteste der vier jungen Männer kam als erstes auf Christian zu, streckte seine Hand aus und stellte sich als Jakob vor. Natürlich wusste Christian dies, er hatte ja im Vorhinein wirklich Angst gehabt, die Namen zu vergessen. Deshalb war er sie nicht nur einmal durchgegangen. Die Zwillinge stellten sich als Konrad und Anton vor und Christian war froh, dass er sie irgendwie auseinander halten konnte. Und zuletzt reichte ihm der Jüngste, Oskar die Hand. Christian war froh, als dass geschafft war, denn dann konnte er sich gemeinsam mit Robert an den großen Gartentisch setzen. Der Garten war tatsächlich sehr schön und ziemlich groß. Man konnte es dort definitiv aushalten. Zum Glück saßen Christian und Robert nebeneinander, sodass sie zumindest unterm Tisch ihre Hände festhalten konnten. Denn diese Sicherheit, diesen Rückhalt brauchte Christian.

Irgendwann stand Jakob auf und wollte wohl Kuchen besorgen, den er mitgebracht hatte. Dabei schaute er auffordernd zu Christian.

"Christian, möchtest du vielleicht kurz helfen? Dann geht das Ganze bestimmt schneller."

Überfordert nickte Christian, stand auf und folgte Roberts ältestem Sohn. Robert hingegen fühlte sich etwas unwohl in der Situation. Er wusste, dass Jakob der kritischste von den vier war. Er würde wahrscheinlich am meisten bei Christian nachbohren. Er hoffte einfach, dass alles gut lief. Denn eigentlich war die Stimmung bisher ja ganz gut gewesen.

Christian folgte Jakob in die Küche, wobei er sich etwas in dem Haus umschaute. Es war ganz eindeutig Roberts Handschrift zu erkennen.
Christian war ziemlich nervös. Ihm war klar, dass Jakob mit ihm alleine sprechen wollte. Es war offensichtlich. Er hoffte einfach, dass es nicht allzu schlimm werden würde.

"Okay Christian, wir waren alle wirklich neugierig, dich kennenzulernen. Aber ich weiß auch, dass es alles wahnsinnig komisch ist. Vor ein paar Monaten erst haben wir von all dem erfahren und es war auch für uns nicht einfach zu akzeptieren. Ist es zumindest für mich nach wie vor nicht. Und für dich muss es ja auch komisch sein, hier einfach so in die Familie zu platzen. Und ja, es ist nicht einfach zu sehen, wie du und mein Vater miteinander umgeht. Das ist wirklich nicht einfach. Ich hoffe einfach, dass es sich zumindest für unseren Vater gelohnt hat, all das hier aufzugeben. Aber es muss ja irgendwas dran sein, sonst hätte er das ja nicht gemacht. Und wenn ihr glücklich seid, dann ist das ja auch in Ordnung. Aber ihr müsst nicht glauben, dass wir das nicht kritisch sehen. Und natürlich bin ich nicht sonderlich begeistert von der ganzen Sache. Es steht ja auch viel auf dem Spiel. Aber natürlich hoffe ich, dass ihr jetzt das Beste aus der Situation macht. Auch wenn ich es nach wie vor nicht so ganz verstehen kann. Eigentlich nicht wirklich. Aber solange ihr glücklich seid."

Verwirrt ließ Jakob Christian stehen. Christian war sich nicht sicher, was er ihm sagen sollte. Tausend Gedanken schossen ihm durch seinen Kopf. Sonderlich gut hatte sich das ja alles nicht angehört. Eigentlich gar nicht gut. Richtig Akzeptanz hatte Jakob nicht gezeigt. Und das holte Christian wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Seine Befürchtungen waren berechtigt. Roberts Söhne akzeptierten ihn nicht. So schien es ihm zumindest in diesem Moment. Plötzlich stand Jakob wieder neben ihm. Er hatte wohl nur ein paar Teller besorgt. Christian konnte und wollte das so nicht stehen lassen.

"Jakob, es tut mir wirklich Leid, wie das alles gelaufen ist in den letzten Monaten. Das war sicherlich nicht mein Plan und es war auch nicht meine Vorstellung, mal hier zu stehen. Ganz sicher nicht. Aber manchmal kann man es auch nicht beeinflussen, wie es läuft. Und ehrlich gesagt kann ich nichts anderes sagen, als dass Robert und ich glücklich sind. Und dass es sich für uns beide gelohnt hat, diesen Schritt zu gehen. So schwer es auch war und ist. Und natürlich verstehe ich es, dass es für euch, für dich, schwer ist. Was muss das auch für eine Vorstellung sein, wenn der eigene Vater plötzlich so einen Weg geht. Aber wie gesagt, wir sind glücklich. Und ich hoffe, dass das vielleicht zumindest in gewisser Weise ein Grund ist, dass du oder ihr es hinnehmen könnt. Ich würde es mir wirklich erhoffen, dass ist für uns beide wichtig."

Jakob schaute zu ihm, nickte und lächelte sogar leicht. Christian wusste nicht, ob dies eine Bestätigung sein sollte. Aber er wusste gerade ganz generell nicht, was er denken sollte. Jakob hatte gerade seine Gedanken gehörig auf den Kopf gestellt. Es fühlte sich so falsch an, dass er da war. Und Jakob hatte ihn dies in gewisser Weise spüren lassen. Eigentlich wollte Christian jetzt nur noch zu Robert. Und mit ihm alleine sein.

Dieser sprach in der Zwischenzeit mit seinen jüngeren Söhnen. Er war mittlerweile wirklich etwas beunruhigt, da Jakob und Christian nach wie vor nicht zurück waren. Was sprachen sie nur so lange? Hoffentlich meinte es Jakob nicht zu Ernst mit Christian. Er hoffte es wirklich. Denn sonst würde sich Christian direkt wieder schlecht fühlen. Um dem vielleicht etwas entgegen wirken zu können, redete er nun auf seine anderen Söhne ein.

"Jungs ich wäre euch echt verbunden, wenn ihr nicht allzu kritisch mit Christian seid. Er kann nichts dafür, dass alles so ist, wie es jetzt ist. Er ist sowieso schon unfassbar aufgeregt, ihr müsstet es nicht unbedingt noch schlimmer machen. Auch wenn ich mich wirklich frage, was Jakobs Plan ist." Robert seufzte leicht, bekam dann aber aufmunternde Worte von den restlichen Anwesenden. Oskar meinte nur halb im Spaß, dass sie Christian schonen würden. Auch wenn sie das nicht mit ihrem ältesten Bruder abgesprochen hatten. Dieser kam dann allerdings gemeinsam mit Christian wieder raus. Und Robert merkte natürlich sofort die Anspannung, die Christian ausstrahlte. Er hoffte einfach, dass Jakob fair zu ihm gewesen ist. Aber so richtig gut schien es Christian nicht zu gehen. Und das bereitete auch Robert ein schlechtes Gewissen. Denn immerhin hatte er ihn in diese Situation laufen lassen. Das einzige, was er jedoch in diesem Moment tun konnte, war wieder Christians Hand zu nehmen und ihn auf seine typische Art anzulächeln. Und das schien auch Christian etwas zu beruhigen.

Gemeinsam aßen sie anschließend Kuchen und unterhielten sich ein wenig darüber, wie es bei den Jungs so lief. Christian hielt sich zwar im Hintergrund, aber Robert war absolut zufrieden damit, wie es lief. Auch Jakob schien mittlerweile etwas aufgeschlossener zu sein, was Robert und auch Christian beruhigte. Denn Christian konnte ihn nach wie vor nicht so wirklich einschätzen. Aber so langsam taute auch Christian auf. Die Jungs waren ihm gegenüber freundlich und aufgeschlossen und das erleichterte die ganze Sache dann doch ziemlich. Auch wenn alle paar Minuten die Gedanken aufkamen, dass Christian eigentlich nicht dort sitzen sollte. Aber diese Gedanken verdrängte er dann ganz schnell wieder. Auch wenn es schwer fiel, wenn er Andrea auch dort sitzen sah. Aber sie sah vergleichsweise entspannt aus. Was Christian doch etwas erstaunte. Müsste sie nicht diejenige sein, der das hier am schwersten fiel? Offenbar war es nicht so.

Irgendwann kamen sie dann auf Politik zu sprechen, was Christian nicht wirklich besser fühlen ließ. Ihm war klar, dass er in einer ganz anderen Welt angesiedelt war diesbezüglich, als Robert und seine Söhne. Eigentlich wollten sie nur wissen, wie Robert und er damit klar kamen, dass sie da so unterschiedliche Ansichten hatten. Und ja, da mussten natürlich beide zugeben, dass es nicht einfach und manchmal auch durchaus problematisch war. Und sicherlich auch mal amüsant für Außenstehende, wenn sie mal wieder über Tempolimits oder Steuererhöhungen diskutierten. Das kam durchaus vor. Irgendwann brachte Jakob Christian aber wieder mal aus dem Konzept. So richtig leicht wollte er es ihm nicht machen.

"Ich verstehe echt nicht, wie man so liberal sein kann. Den Sinn musst du mir irgendwann nochmal erklären. Wobei ich nicht glaube, dass ich ihn sehen würde. Aber gut, solange Papa es versteht."

Jakob schaute ihn offensiv an und Robert war ziemlich verwundert, dass sein Sohn sich so provokativ äußerte. Was musste er Christian dann wohl erst gesagt haben, als sie alleine waren? Mittlerweile hatte er schon ein etwas schlechtes Gewissen.

"Ich glaube diese Diskussion müssen wir wirklich nicht führen. Natürlich haben wir da Differenzen, aber darauf kommt es auch nicht an. Und wir respektieren uns da gegenseitig. Und das solltest du vielleicht auch hinbekommen, Jakob.", sagte Robert etwas verärgert. Es hätte ihm klar sein müssen, dass es nicht alles so einfach laufen würde. Und er merkte, dass Christian nicht so gut damit umgehen konnte. Glücklicherweise beließ es Jakob dabei. Doch Robert würde später nochmal bei ihm nachbohren. Deshalb zog er ihn irgendwann mit ins Haus und ließ Christian bei den anderen alleine. Da machte er sich weniger Sorgen, dass etwas passiert. Seine jüngeren Söhne waren wohl wirklich weniger kritisch. Darüber war er zumindest mal froh.

"Jakob, was soll das? Was hast du zu Christian gesagt? Ich hab gemerkt, dass irgendwas nicht so gut gelaufen ist. Also, was ist los?"

Puhh habe ich dieses Kapitel oft gelöscht und wieder neu geschrieben. Das war nicht wirklich einfach zu schreiben, aber ich hoffe es gefällt euch trotzdem, so wie es jetzt ist :)

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