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Robert biss sich auf seine Lippen. Er spürte genau Christians Blick, der ihn etwas überrascht traf. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass Robert plötzlich in dem Raum stand. Aber Robert spürte mit einem Mal wieder dieses Verlangen, was Christian wie aus dem Nichts in ihm auslösen konnte. Er musste nur ein paar Schritte weiter gehen und es wäre nach solch einer langen Zeit wieder alles möglich. Robert wollte es so sehr. Endlich wieder all die Berührungen von Christian auf seiner Haut spüren. Er musste einfach nur weiter in den Raum gehen. Zu Christian gehen. Doch seine innere Stimme schrie ihn an, dass er das dringend unterlassen sollte. Es wäre falsch. Deshalb legte Robert schnell die Klamotten ab und bewegte sich peinlich berührt aus dem Raum. Damit ließ er Christian wieder alleine. Aber mit seinen Gedanken kam er nicht von Christians Anblick los. Er zog ihn jedes Mal wieder in seinen Bann. Und so saß Robert auf seinem Sofa und grübelte vor sich hin. Und schmachtete Christian nach wie vor an, wenn auch nur in seinen Gedanken.

Aber nach einiger Zeit stand Christian dann wahrhaftig vor ihm. Mit nassen Haaren, die ihm im Gesicht hingen. Und mit einem von Roberts T Shirts, was ihm etwas zu klein war und dementsprechend über seinen Oberkörper spannte. Und auch die Hose saß etwas eng, was Robert ziemlich attraktiv fand. Nicht, dass dies nicht sowieso der Fall wäre. Aber ihn in seinen Klamotten zu sehen, das hatte doch definitiv etwas. Christian bemerkte natürlich diese auffälligen Blicke, mit denen Robert ihn musterte. Und gefühlt mit diesen auszog. Apropos, Robert wollte sich noch für diese unangenehme Situation vorhin entschuldigen.

"Oh Christian, es tut mir wirklich Leid, dass ich eben so ins Badezimmer geplatzt bin. Ich hab einfach nicht nachgedacht und war dann wohl etwas schnell. Das war nicht wirklich der Plan."

"Alles in Ordnung, ist ja nicht so, als ob du mich noch nie so gesehen hättest. Abgesehen davon sollte ich dir eher dankbar sein, dass du mir die Sachen gegeben hast. Sonst wäre ich wahrscheinlich nach wie vor plitschnass. Und das alles nur wegen dieses scheiß Wetters. Das musste jetzt wirklich nicht sein."

"Naja, Regen ist momentan schon nicht schlecht, wenn man bedenkt, wie trocken es eigentlich ist. Auch wenn das das Problem nicht löst.", grübelte Robert so vor sich hin.

"Man Robert, du denkst auch immer viel zu sehr in deiner grünen Blase. Das war eigentlich nicht meine Intention, wir wollten uns immerhin über andere Dinge unterhalten.", lachte Christian leicht. Er fand es so unfassbar süß, wenn Robert in sein politisches Denken abschweifte. Auch wenn dieses Denken grün war. Aber es machte ihn doch ziemlich aus, auch wenn er es immer versuchte, vor Christian nicht allzu sehr zu zeigen.

"Ja sorry", lachte Robert unsicher. Es war mal wieder eine komische Situation. Sie mussten darüber reden, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollten. Gleichzeitig standen auch wieder diese Küsse im Raum. Und am liebsten würden sie beide ganz andere Dinge tun, als miteinander zu reden. Auch wenn sie beide wussten, das dies absolut gegen jegliche Vernunft wäre. Und als sich Christian dann auch noch so nah neben Robert setzte, da wusste er gar nicht mehr, was er denken sollte. Provozierte Christian das? Er merkte zumindest, wie unruhig Robert wurde.

"Was machen wir denn jetzt?", fragte Robert, um die unangenehme Stille zu durchbrechen. Wobei diese dann auch noch einmal von einem lauten Donner erschüttert wurde. Christian erschrak und nahm fast wie aus alter Gewohnheit Roberts Hand in seine. Um diese Sicherheit zu spüren. Diese Sicherheit, die er noch immer bei Robert spürte. Es hatte sich zu keiner Zeit geändert. Zu keiner Sekunde. Robert starrte auf ihre verschränkten Hände und war wieder einmal wie gelähmt.

"Ich habe viele Vorstellungen davon, was wir jetzt machen könnten, Robert."

Diese Worte ließen Roberts Herz erneut schnell hüpfen, schlagen, laufen. Er wollte es so sehr. Einfach wieder diese Berührungen spüren. Nicht nur Christians Hand halten, sondern ihn wieder alles in ihm auslösen lassen. Und in Christians Augen sah er, dass es ihm genauso erging. Absolut genauso. Und so dauerte es nur wenige Sekunden, die sich trotzdem wie Stunden anfühlen. Gestern war es noch Robert gewesen, der den Abstand zwischen ihren Lippen überbrückt hatte. Heute war es Christian, der seine warmen Lippen auf die seines Gegenübers legte. Und in Roberts Körper spürte er eine Gefühlsexplosion. Er wusste nicht wieso, aber an diesem Tag war es intensiver als sonst. Es war noch einmal eine ganz andere Ebene der Gefühle, die er mit einem Mal spürte. Vielleicht war dies der Grund, warum er dieses Mal all seine Vorsätze über Bord warf. Er konnte Christian einfach nicht widerstehen. Und dem ging es da offensichtlich ganz genauso. Es dauerte also nicht wirklich lange, bis beide ihren Verstand absolut ausgeschaltet hatten und das taten, was ihre Gefühle ihnen sagten.

Schwer atmend lag Christian in Roberts Armen auf seinem Sofa. Sie wussten, dass sie die Situation gerade nicht weniger kompliziert gemacht hatten. Aber dafür, um diese Gefühle endlich wieder spüren zu können, hatte es sich gelohnt. Endlich konnten sie wieder all ihre Liebe und Zuneigung zueinander zeigen. Und es für einen Moment genießen. Auch wenn Robert so langsam das schlechte Gewissen überkam. Sie wollten doch alles in Ruhe überlegen. Und das hier war wohl das absolute Gegenteil davon. Aber es zeigte nur ihre wahren Gefühle. Und mit einem Mal überkam es dann auch Robert.

"Christian?"

"Hmm?". Christian schaute mit einem verträumten Blick auf. Wobei er gleichzeitig etwas Angst hatte, was jetzt kam. Denn er wusste genau, dass Robert derjenige von ihnen war, der gerne mal haderte und grübelte. Er hoffte einfach, dass er es nicht bereute. Wobei, dann würden sie sicherlich nicht so dort gemeinsam liegen.

"Ich liebe dich. Es hat sich nie geändert. Das hat mir die Zeit seit unserer Trennung nochmal deutlich vor Augen geführt. Ich weiß nicht, wie das alles klappen soll. Aber unsere Gefühle sind viel zu stark, um sie zu ignorieren. Deine weise Partei Kollegin hat gestern gesagt, dass wir nicht aufgeben sollen. Ich glaube, sie hat Recht. Wir haben uns nie ganz aufgegeben. Auch wenn ich oft das Gefühl hatte. Und es war wirklich schrecklich. Eigentlich dachte ich, dass ich mehr Zeit bräuchte, um meine Gedanken sortieren zu können. Und so richtig sortiert sind sie wahrscheinlich auch nicht. Aber es gibt gerade nichts mehr, was ich will, außer wieder mit dir zusammen sein zu können. Doch gleichzeitig haben wir gestern Abend ja gesehen, was passieren kann. Aber alles was ich dir endlich sagen will ist, dass ich dich liebe Christian."

Seine Augen wurden etwas feucht, als er die Worte gesprochen hatte. Endlich hatte er es gesagt. Das, was er fühlte. Schon seit solch einer langen Zeit. Christian zog ihn einfach so nah wie möglich an sich und küsste ihn mit all der Leidenschaft, die er in den letzten Monaten zurückhalten musste. Er hatte solch eine Angst gehabt, dass Robert ihn wieder abweisen würde. Aber das war offensichtlich nicht der Fall. Nach einiger Zeit mussten sie ihre Lippen wieder trennen, um Luft zu bekommen. Christian legte seine Stirn an die von Robert und ließ den Moment einfach auf sich wirken. Wie lange hatte er darauf gewartet, dass Robert endlich wieder diese drei Worte aussprach. Dass er ihn liebte. Nach wie vor. Beflügelt von seinen Emotionen legte er seine Lippen wieder auf die seines Gegenübers. Und wollte sich am liebsten nicht mehr lösen. Aber irgendwann mussten sie auch das tun.

"Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich über diese Worte bin. Endlich wieder zu hören, dass du nach wie vor das gleiche für mich empfindest. Ich weiß gerade noch nicht wie wir es schaffen werden, aber wir werden es schaffen. Dieses Mal wirklich. Dieses Mal geben wir nicht auf. Und scheinbar haben wir ja tatsächlich etwas Rückhalt. Auch wenn wir uns jetzt natürlich überlegen müssen, wie wir mit all dem umgehen können."


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