Speziaaal ~ 29

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Linn starrte das Geschenkpapier an, als sollte es sich selbst gleich in Luft auflösen, damit sie nicht mit dem Auspacken herumhadern soll. Sie stand vor der Qual der Wahl welches Geschenk sie zuerst auspacken soll.

Die farbenbunt verpackte Geschenkebox von Kira und Amy?
Das kleine kartenförmige Geschenk von Jason?
Das in Zeitungspapier verpackte Geschenk von Alex?
Oder Noahs Geschenk?

"Leo, such eines aus.", bestimmte sie dann überfordert und wandte sich an ihren Kindheitsfreund.
"Du wirst dich nie ändern.", gähnte er auf, während er Amys und Kiras Geschenk näher heranzog. "Mach doch einfach irgendwas auf. Ist doch egal was."
"Wenn mir wer ein Messer rüberschiebt mach ich dich auch gerne auf.", konterte sie genervt, woraufhin Leo blass erstarrte.

Drohungen waren etwas, was er von ihr nicht in dem Ausmaß gewohnt war. Natürlich fiel ab und an eine Bemerkung, die scherzhaft gemeint war, aber bei dem was Leo alles in seinem Kopf hörte und was ihm den Schlaf raubte, schlug so ein schlechter Scherz mit Folter oder Tod ihm doppelt in den Magen.
"Linn, das ist nicht witzig. Ich hätte nie vor deinen Eltern geheimhalten sollen, dass du Game of Thrones gesehen hast."
Jasons Züge verhärteten sich, als eine gewisse Serie erwähnt wurde. "Valar Morghulis.", flüsterte er dunkel, wobei Noah ihn skeptisch musterte.
"Valar Dohaeris.", grinste Linn spitzbübisch zurück und Leo verdrehte die Augen.

"Noah muss sterben.", hauchte die kraftlose Stimme in Leo. "Er muss weg. Verschwinden aus unserem Leben." Müde hievte sich Leo auf die Beine und schliff sich zum Buffet, um eine Sodaflasche zu greifen. Seit der Versiegelung hatte er kaum eine Nacht ruhig geschlafen, denn ständig streifte diese flüsternde Stimme durch ihn, wie eine zischende Schlange. Und sie hörte weder auf Noah zu verwünschen noch Blutbäder zu schmieden. Es nützte nicht, dass Leo sich den Kopf wund dachte und alle Kraft konzentrierte, denn die Stimme hörte nicht auf.
Seine Augen lagen trüb auf Linn, während sie mit dem Öffnen des Geschenkpapier haderte. Ein Gedanke lag Leo quer in seinem Kopf. Was nützt mir denn schon ein Traumgeist-Talent, wenn ich allen Wünschträume und angenehmen Schlaf schenken kann... nur mir nicht?
Seine Hand verfing sich beinahe schon selbstständig in einer Hosentasche, wo er eine Schlaftablette versteckt hielt. Irgendwie musste er einen Weg zur Ruhe finden und die Kräutertees von Linns Mutter hatten schon ihre Wirkung auf Leo verloren. Er ergriff drastischere Maßnahmen, um sich bei Sinnen zu halten.

Linn riss währenddessen voller Neugier den Deckel von Amy und Kiras Geschenk auf. Ihre Vorfreude übertraff die Freude, die sie sich für alle möglichen Geschenke hätte vorstellen können. Doch als dann ihr Blick auf dem wirklichen Geschenk lag, fiel ihr Gesicht. Nein, oder?
Ihre beiden besten Freundinnen strahlten wie Kinder, deren gleich ein Eis an einem strahlenden Sommertag hingestreckt werden soll und sie konnten sich gar nicht mehr einkriegen.
"Leute.", quengelte Linn gequält und versuchte ihre Emotionen im Zaun zu halten. Nein, oder? schoss ihr durch den Kopf. "Leuteee.", wiederholte sie dann überfordert und zog bei den entsetzten ehrfurchtsvollem Blicken ihrer Freunde das Geschenk aus der Box.

Der Raum füllte sich voller Spannung und die beiden Freundinnen konnten nicht verstehen, warum Linn nicht vor Freude an die Decke hüpfte und sich wie wild im Kreis wirbelte. Amy überkam ein Grauen. Ist das Geschenk so schrecklich? Wird sie uns gleich auslachen?

Und wie aufs Stichwort platzte aus Leo ein zwielichtiges Lachen heraus, dass bei Linns Ausdruck nur noch stärker wuchs.
"Okay, was zur Hölle ist los?", versuchte Alex die Situation zu lösen, bevor Amy und Kira in einem Tränenfluss ausbrachen.
"Das ist ein wirklich tolles Geschenk, Mädels, aber-"
"Du hasst es." Kira ließ enttäuscht den Kopf fallen. Wie kann man mit dem Geschenk so falsch liegen?
"Dein Geburtstag vor zwei Jahren?", riet Leo prustend von irgendwo weiter hinten und Linn nickte mit gespitzten Lippen.
"Kira, Amy. Das ist wirklich ein richtig cooles Geschenk-", fing sie bedrückt an und musterte die Polaroidkamera in ihren Händen, genauso wie die extra Filmrolle noch in der Box.
"Jetzt kommt ein Aber.", sah es Amy schon vor ihrem inneren Auge.
"Aber Laura, Tina und Leo haben mir vor zwei Jahren schon eine Polaroidkamera geschenkt."

ᴡɪᴇ ʜᴇɪßᴛ ᴅᴇɪɴᴇ ᴡᴏ̈ʟғɪɴ? ✔️Where stories live. Discover now