Kapitel 79 Verrat

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Es war der Tag der großen Flucht, wie Zyle mit erschrecken klar wurde, als die Sonne langsam am Horizont auftauchte. Das Licht tauchte eine Hälfte der Stadt vor ihnen in lebhafte Gold und Rottöne, während der andere noch im Schatten blieb. Helike hatte sich während ihrer kurzen Abreise nicht verändert. Aber er konnte die Spannung, die in der Luft lag grade zu schmecken, als er mit den anderen durch die Stadttore trat. Wenn alles gut ging, würde der heutige Tag endlich eine Wende für Helike bedeuten. Und wenn nicht...

Wenn nicht, würde er die Stadt heute zum letzten Mal betreten, so oder so. Kellvian und die anderen müsste dann alleine zu Ende bringen, was sie begonnen hatten. Das zweite Tor öffnen und den Meister aufhalten. Aber für den Moment  zählte nur eines: Zyle musste zum Hafen... 

,, Relina ist vermutlich schon bei den Schiffen." , erklärte er, ,, Besser, wir beeilen uns..."

,, Sie werden schon nicht ohne euch ablegen." , meinte Kellvian beruhigend. Er kannte den wahren Grund für Zyles Unruhe natürlich nicht. ,,Wenn ihr sie begleiten wollt heißt das."

,, Das wird sich heute entscheiden müssen." Er beschleunigte seine Schritte, als sie sich dem Hafenbezirk näherten. Obwohl es noch früh war, waren bereits mehr als genug Leute auf den Straßen Helikes. Angst und Ungewissheit wuchsen mit jedem Schritt in ihm, selbst als die Hafenmole endlich in Sicht kam. Dieser Teil der Stadt lag noch im Schutz der Dunkelheit verborgen, aber er war leicht der geschäftigste. Leicht hätte man die dutzenden von Männern und Frauen, die Fässer und Kisten an Bord der intakten Schiffe am Hafen luden , für reguläre Arbeiter halten können. Aber Zyle wusste genau, wer sich unter der Kleidung von Seemännern und Werftarbeitern verbarg. Ein paar Gesichter, die Körbe trugen oder Fässer rollten kamen ihm vage bekannt vor, obwohl sie sich unter schichten aus Schmutz und Kohle verbargen, die die Täuschung noch verbesserten. Eine Täuschung, die nicht lange halten würde, wenn die Archonten verdacht schöpften. Und dafür hatte er gesorgt...

Es musste einfach funktionieren.  Seine Hände schwitzten , als sie die Windrufer passierten. An dem Schiff wurde nach wie vor gearbeitet, so dass die Magier es kaum verwenden konnten. Und Eden hätte dem wohl auch nie zugestimmt. Und dann kamen die kaiserlichen Galeonen in Sicht, die die Magier für ihre Flucht nutzen wollten. Seit dem Rückzug der Garde war es an Bord wohl nicht mehr so geschäftig gewesen. Relina hatte wieder einmal ganze Arbeit geleistet... und er hatte dabei auch seinen Anteil gehabt, dachte er mit einem gewissen Stolz. Obwohl mehrere hundert Menschen und Gejarn an Deck standen, Segel vorbereiteten, Fässer mit Vorräten unter Deck brachten oder sich bereits wieder auf den Weg machten, neue zu holen, entstand kein Chaos. Jeder wusste, was er zu tun hatte...

Einige Schaulustige hatten sich ebenfalls eingefunden, welche die seltsamen Vorgänge an der Hafenmole begutachteten. Aber niemand schien misstrauisch. Zyle wurde klar, das es ein weiterer Geniestreich Relinas  gewesen war, die kaiserlichen Schiffe für die Flucht der Magier zu verwenden.

Die Archonten würden vielleicht von Kellvian erfahren wollen, wieso er Vorräte und Ausrüstung an Bord von angeblich leeren Schiffen brachte, aber es war nicht ihr Zuständigkeitsgebiet. Und wenn sie es als Hinweis auf eine baldige Abreise der Fremden aus Canton deuteten, würden sie sich kaum darüber beschweren...

Und dann sah Zyle sie. Relina trug die gleiche unauffällige Kleidung, wie die meisten anderen. Braun-graue Stoffe, wie sie typisch für die Handwerker Helikes waren. Trotzdem bildete sie das deutlich sichtbare Zentrum des organisierten Chaos um sie herum, gab letzte Anweisungen und wies allen, die untätig zu werden drohten, neue Aufgaben zu.

Und dann drehte sie sich zu der kleinen Gruppe um, die sich durch den Strom der getarnten Rebellen kämpfte.

,,Zyle !" Die Gejarn  verließ ihren Posten unter den Arbeitern und kam lächelnd auf sie zu. ,, Du hast es geschafft."

Die Archonten der inneren Stadt (DKDFS 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt