Kapitel 5 Der Preis des Friedens

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Eiskaltes Regenwasser rann ihr den Hals hinab, während sie sich so gut wie möglich fest hielt.

Jiy hatte bisher noch nicht auf einem Pferd gesessen, aber das würde sie Kellvian sicher nicht sagen.

Ein Teil von ihr war immer noch wütend auf ihn. Aber was immer auch passieren würde… sie könnten sich dem gemeinsam  stellen. Vorausgesetzt, sie erreichten die Gejarn ohne niedergeschossen zu werden.

Der Sturm war endgültig hier und hatte den Himmel mit tiefhängenden Wolken überzogen. Fast dachte Jiy , sie müsste die dunkel brodelnde Masse eigentlich mit der Hand berühren können. Nur noch vereinzelt fanden Sonnenstrahlen ihren Weg durch die Wolken und ohne diese hätte es genau so gut mitten in der Nacht sein können. Wenigstens würde der Regen jegliche Feuerwaffen unbrauchbar machen, dachte die Gejarn. Vielleicht hatten sie also Glück…

Sie konnte über Kellvians Schulter und durch die dichten Regenschleier nicht viel erkennen. Hinter und vor ihnen lag die gleiche flache Landschaft aus totem Gras, die sich für Meilen zu erstrecken schien. Einzelne Felder aus im strömenden Regen schnell dahinschmelzendem Schnee blitzten hier und da auf. Jiy glaubte zuerst ein weiteres Eisfeld zu sehen als etwas Weißes aus dem Halbdunkel auftauchte. Einen Moment später jedoch erkannte sie ihren Irrtum, als die ersten Gestalten aus dem Regen auftauchten.  Es war das Zeltdach der Ältesten. Obwohl Jiy  geglaubt hatte, darauf vorbereitet gewesen zu sein, jetzt wurde sie doch nervös. Alles hing von den nächsten paar Augenblicken ab und ob sie dazu kam zu sprechen… oder gleich sterben würden. Sie drückte Kellvians Schulter, konnte sich aber nicht dazu durchringen, etwas zu sagen, während der Mensch das Pferd anhielt.

Reihen um Reihen bewaffnete Gejarn, aus mindestens einem dutzend verschiedener Clans schälten sich aus dem Halbdunkel. Manche trugen Laternen und versuchten wohl zu erkennen, wer sich dort näherte. . Im Gegensatz zu den disziplinierten und durchstrukturierten Truppen des Kaiserreichs konnte Jiy  schwer irgendwelche einheitlichen Uniformen erkennen. Jedoch mehr als ein bekanntes Gesicht…

Einige der Wartenden griffen zu den Waffen, als sie den Reiter als Menschen erkannten, andere zögerten noch. Auch die Ältesten, im Regen unter ihrem Zelt kaum zu erkennen schienen unschlüssig, was sie von dem einzelnen Mann halten sollten.  Jiy holte tief Luft. Jetzt oder nie. Mit diesem Gedanken ließ sie sich hinter Kellvian  aus dem Sattel gleiten. Im Moment, wo ihre Füße den Erdboden berührten machte sie auch schon einen Satz nach vorn, damit jeder sie erkennen musste.

,,Stopp.“ Ihre Stimme war auch durch das ständige Rauchen des Regens noch klar zu vernehmen. Erleichtert stellte Jiy fest, das die meisten erstarrten, wenn auch weiterhin eine unangenehme Zahl  Schwerter, Bögen und Steinschlosspistolen in ihre Richtung zielten.  Flüsternd verbreitete sich ihr Name unter denjenigen, die sie erkannten zu denjenigen, die keine Ahnung hatten, was vor sich ging. Allerdings… das hatte ja nicht einmal sie selbst, dachte Jiy und sah hinauf zu der kleinen Tribüne unter dem weißen Zeltdach. Dorthin, wo die Ältesten saßen. Das gute dutzend Gestalten war offenbar genau so überrascht, sie zu sehen, wie alle anderen. Unglaube, gemischt mit  Verwirrung stand auf ihren Gesichtern. Auf allen außer einem. Fenisin stand im Hintergrund. Wie immer, dachte Jiy. Niemand, der den grauen Wolf bei den übrigen Ältesten gesehen hätte, hätte Gedacht, dass er etwas zu sagen hätte doch genau darauf zielte er wohl ab. Fenisin blieb in der Öffentlichkeit  gerne im Hintergrund, aber es wäre ein tödlicher Fehler ihn deshalb jemals zu unterschätzen. Nicht zu vergessen, dachte Jiy, das er sie einmal beauftragt hatte Kellvian zu töten.

,, Waffen runter.“ Er sprach leise, aber in der einsetzenden Stille, die nur noch vom Regen durchbrochen wurde, konnte ihn trotzdem schwerlich jemand überhören. ,,Na los, Waffen runter und lasst sie durch.“

Die Archonten der inneren Stadt (DKDFS 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt