Kapitel 55 Durch die Nacht

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Der Rückweg kostete sie um einiges mehr Zeit, als es die Katakomben getan hätten. Nachdem Relina und er sich von ihren Gastgebern verabschiedet hatten, machten sie sich auf den Weg zurück zu dem Haus, von dem sie ursprünglich Aufgebrochen waren. Etwas, das leichter gesagt als getan war. Wie Zyle bereits befürchtet hatte, waren die Straßen hoffnungslos überfüllt. Zwar bot ihnen die Menge Deckung, aber sie kamen nur langsam voran. Die Leute hatten es nicht eilig, irgendwo hin zu kommen, sondern ließen sich Zeit. Einige Straßenhändler hatten ihre Stände am Wegrand aufgebaut und bei mehr als einer Taverne, die sie passierten, saßen die Leute bereits draußen auf dem Pflaster oder auf Bänken und Tischen, die extra für heute herbeigeschafft worden waren. Die Bürger Helikes saßen zusammen, tranken und redeten im Schein von Kerzen und Laternen… Es war beinahe genug, das Zyle über die Schattenseiten dieser Stadt hinweg sehen konnte. Beinahe. Das hier war die gute Seite Helikes. Eines der wenigen Dinge, die sich nicht ändern sollten, wenn es in seiner Macht läge.

Er hingegen hatte heute eine der dunkelsten erlebt, ein Schatten, der sich nur langsam wieder von ihm hob.

Obwohl sie die Feierlichkeiten nur passierten, fühlte Zyle sich wieder auf eine Art zugehörig, die er seit einem Jahr vermisst hatte. Die meisten Leute grüßten sie kurz im Vorübergehen, andere winkten sie sogar ganz offen heran, nur um sich dann wieder abzuwenden, als die zwei Wanderer vorübergingen. Selbst Relina schien sich der Atmosphäre nicht ganz entziehen zu können. Sie wurde tatsächlich etwas langsamer und hörte auf, alle paar Augenblicke nervös über ihre Schulter zu sehen.

Zyle wusste nicht, ob er sie jetzt besser verstehen konnte. Im Gegenteil, es brachte nur mehr Fragen. Aber der Respekt für sie wuchs. Er an ihrer Stelle hätte keinen friedlichen Weg gesucht, das wusste er. Ganz im Gegenteil.  Relina hingegen hatte es irgendwie geschafft, über die Jahre Verbindungen zu knüpfen und einen Weg zu suchen, der ohne Blutvergießen auskam.  Beinahe jeder andere hätte sich wohl in einen Rachefeldzug gestürzt. Es war beeindruckend, so gering er ihre Erfolgsaussichten einschätzte. Er stand, nach wie vor, vor dem gleichen Alten Problem. Und genau zwischen den Fronten. Die Archonten würden irgendwann Antworten erwarten. Auch wenn das sein geringstes Problem wäre. Er könnte leugnen je Kontakt zu den Magiern gehabt zu haben.

Relina war derweil wieder etwas langsamer geworden. Die Gejarn sah zu einem kleinen Straßenstand und schien offenbar zu überlegen, ob es das Risiko wert war.

,, Ich dachte wir sollten uns beeilen.“ , meinte Zyle schmunzelnd. Relina schien immer darauf aus, möglichst Effizient zu sein. Das hatte er mittlerweile gelernt. Es war schön, diese seltsame Disziplin einmal bröckeln zu sehen. Wenn auch nur etwas.

,, Ich schätze wir sind sicher genug.“ , erwiderte sie, klang aber ertappt. ,, Und es wird ohnehin kühl.“ , fügte die Gejarn  noch hinzu, bevor sie dem Verkäufer am Stand zwei Silbermünzen gab. Der Mann füllte daraufhin zwei Zinntassen bis zum Rand mit aufgewärmtem Kräuterwein und reichte sie ihr zurück.

,, Ihr braucht euch vor mir nicht zu rechtfertigen Relina.“  , sagte Zyle, während er einen der Becher entgegennahm. Die Kälte der Nacht setzte allmählich wirklich ein und das Getränk war angenehm wärmend.

,, Ich…weiß.“ , antwortete sie, bevor sie ihren Weg durch die Straßen fortsetzten. Langsam erreichten sie einen etwas ruhigeren Bezirk. Auch wenn ruhig hier ei sehr gestreckter Begriff war, dachte Zyle. Es gab weniger Leute auf den Straßen. Die Gaststätten hatten zwar ebenfalls allesamt geöffnet, aber die Menschen wie Gejarn drängten sich nicht auf der Türschwelle. Zyle ließ den Blick etwas schweifen. Auf der anderen Straßenseite verließ grade eine Wachpatroullie eine weitere Taverne. Sofort merkte er, wie Relina die bewaffneten Männer  musterte. Zum Glück schienen sie sich jedoch kaum für sie zu interessieren. Dazu war nach wie vor zu viel los. Und auch der Gejarn schien langsam klarer zu werden, dass sich zumindest heute kaum jemand um sie kümmern würde.

Die Archonten der inneren Stadt (DKDFS 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt