Kapitel 11

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Aimee

Ich lag jetzt im Bett und ließ das weitere Gespräch von Marie und mir Revue passieren.
"Wie stehst du eigentlich zu meiner Mom, also bist du wirklich ihre Schwester?" Marie lächelte und antwortete "Wir sind nicht blutsverwandt, aber wir waren wie Schwestern. Wir haben dies hier zusammen aufgebaut, bis sie deinen Vater kennenlernte. Ein Ort wo Flüsterer lernen und leben können." Erstaunt fragte ich "Also sind alle anderen auch Flüsterer?" Marie nickte nur. "Kann es sein, dass der eine mir befehlen wollte, dass ich gehe? Sie hatten so komisch reagiert." "Du meinst Gorden? Ja er kann ganz schön ruppig sein und will uns alle hier beschützen. Also hat der Befehl bei dir nicht gewirkt?" fragte sie mich überrascht. "Ich habe eine Ruhe gespürt, die ich immer hatte wenn ich einen Befehl sprach." "Du kennst schon dein Gefühl, dass ist gut. Ja dies zeigt dir, dass deine Kraft sozusagen aktiv ist. Das mit Gorden bedeutet, du kannst unbewusst schon die Befehle abblocken. Das können die meisten erst nach langer Übung, das ist erstaunlich. Ich würde vorschlagen, dass wir jetzt schlafen gehen und morgen früh mit dem Training anfangen." Tja, so beendete sie unseren ersten Abend. Aber jetzt weiß ich, warum sie so abgelegen wohnt, um die Flüsterer zu schützen.

"Aufstehen, meine Liebe. Hier hilft jeder mit, also raus aus den Federn." weckt mich Marie früh morgens. Nach einem Blick aus dem Fenster sehe ich, dass die Sonne gerade aufgeht. Das ist eindeutig zu früh. Ergebend, da ich jetzt eh nicht mehr schlafen kann, mache ich mich fertig. In der Küche wartet schon Marie auf mich. "Brauchst du was zu essen, oder können wir nach der Arbeit frühstücken?" "Was gebe es denn?" frage ich schläfrig. "Jetzt nur einen schnellen Müsliriegel." Ich nickte und nahm mir einen.
Im Stall waren schon die anderen am arbeiten. "Seht mal, die Prinzessin ist auch aufgestanden." fing Gorden an. Ich bedachte ihn nur mit einem bösen Blick und folgte Marie. Sie erklärte mir die Arbeit und schon machte ich mich dran. Nach einer Stunde hatten wir den Stall gemistet und alle Pferde gefüttert. Beim Frühstück erklärte mir Marie den Plan für heute. "Wir werden versuchen, dass du deine Kraft bewusst aktivierst. Da ist es vom Vorteil, dass du schon weißt, wie es sich anfühlt. Schaffst du das, wird ein Pferd dich auswählen. Mit diesem werden wir dann weiter üben." Verstehend nickte ich "Warum das Pferd?" "Pferde spüren unsere Gefühle, bist du ruhig, ist auch das Pferd ruhig. Bist du ängstlich, ist auch das Pferd ängstlich. Deine Mutter und ich haben herausgefunden, dass es für Anfänger leichter ist, die eigenen Kräfte zu finden und zu aktivieren, wenn ein Pferd ihnen deren Gefühle zeigt. Du fühlst dich dann ruhig, ich fühle mich dann pudelwohl, Gorden fühlt sich dann ängstlich. Wir hatten auch mal einen Flüsterer, der hat sich dann aggressiv gefühlt. Es hat lange gedauert ihn zu lehren wie er damit umgeht, aber das Pferd half ihm, mit seinen Gefühlen umzugehen, schließlich ist es nicht wirklich sein eigenes empfinden, es ist die Kraft in uns." erklärte Marie.
Nach dem Frühstück gingen wir zum Stall und führten alle Pferde auf die Weide, auf der wir auch blieben. "Konzentriere dich auf dich selber und deinen Körper. Tief in dir schlummert deine Kraft. Finde sie." "Und wie?" "Du weißt, wie sie sich anfühlt, also such danach." forderte sie mich auf. Da ich mich so im stehen unwohl fühlte, ließ ich mich an Ort und Stelle zu Boden sinken, sodass ich jetzt im Schneidersitz saß. Dann folgte ich der Anweisung von Marie. Ich konzentrierte mich auf mich selber, fühlte jeden Grashalm an meinen Beinen und den Wind um mich herum. Ich atmete tief durch und auf einmal spürte ich diese Ruhe in mir, wie sie darauf wartet, dass ich sie benutze. Ich ließ die Ruhe mich durchströmen, sodass ich komplett erfüllt war. Ich hörte Pferde und das erschrockene aufatmen von Marie. Langsam öffnete ich die Augen und sah vor mir einen Friesen stehen, der seinen Kopf zu mir herabgebeugt hat. Ich streichelte ihn vorsichtig und blickte an ihm vorbei. Tatsächlich standen dort auch Pferde, aber nicht alle, z.B. das von Marie stand dort und das von Gorden. Ich erkannte die beiden Pferde an deren Fellfarbe, da sie gescheckt waren. Ich wendete mich Marie zu, die mich aus großen Augen anschaut. "Und wie kann ich es wieder ehm, abschalten?" Marie schüttelte kurz den Kopf und sprach dann "Stell dir vor, wie du das Gefühl wieder zurückdrängst. Du sperrst es wieder in dir ein." Ich konzentrierte mich wieder und tatsächlich, ich konnte spüren wie die Ruhe sich wieder zurückzog, nur konnte ich sie immer noch spüren. "Ist es normal, dass ich es immer noch spüre, obwohl ich es wie du sagtest wieder eingesperrt habe?" Maries Mund klappte auf, verunsichert blickte ich zu ihr hin. Ich wollte schon gerade aufspringen und zu ihr gehen, als sie sich wieder fing. "Äh, ja das ist normal und eigentlich auch der Zustand, den wir erreichen wollen, nach dem Training. Die Kraft ist immer da. Und eigentlich braucht es etwas Übung, dass man sie immer spürt, da sie regelmäßig bewusst aktiviert werden muss, bis sie präsent bleibt. Aber keine Sorge, man gewöhnt sich daran. Der Friese heißt übrigens Adalid und bedeutet Anführer." "Adalid, ein schöner Name." zustimmend schnaubte er. "Die anderen Pferde, warum sind sie hier?" "Das sind die Pferde von uns Flüsterer, jedenfalls die von hier. Sie folgen ihrem Anführer." Erschrocken wirbelte ich herum "Und warum hat mich Adalid dann ausgewählt?" "Deine Kräfte sind enorm. Ich glaube du kommst ganz nach deiner Mutter. Sie war auch die stärkste Flüsterin." "Ich will aber niemanden anführen." "Das brauchst du auch nicht, wenn du es nicht willst. Deine Mutter hat uns auch immer nur geholfen, wenn wir sie gerufen haben. Ihr war die Familie wichtiger. Du kannst es genauso machen wie sie." Ich nickte langsam, immer noch nicht ganz verstehend, aber mein Vater war mir sehr wichtig. Ich muss zurück zu ihm, und Killian. Killian? Woher kam das denn?

Die FlüstererDonde viven las historias. Descúbrelo ahora