Kapitel 14~Wenn die Uhr zwölf schlägt

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"Das ist ja das Problem, ich bin mir nicht mehr sicher ob ich überhaupt etwas weiß.", Cirillo ließ sich verzweifelt auf die Bank neben dem Trainingsplatz fallen. Beruhigend legte Lycus ihm eine Hand auf die Schulter: "Wir können niemals sicher wissen was in anderen vorgeht, aber wir können wissen wer wir sind und was wir wollen." Er schwieg, dachte über seine Worte nach: "Lycus, was willst du?" Lycus schien überrascht, dann lächelte er: "Ich will die Leben andere retten und mein eigenes genießen. Und was willst du?" "Ich will meine Schwester zurück.", Tränen rollten über seine Wangen. Einige Zeit saßen die beiden einfach da und schwiegen.

Hinter ihm konnte er den Sand knirschen hören, als er sich umdrehte sah er Pandora. Sie lief festen Schrittes auf ihn zu. Er seufzte: "Was willst du schon wieder?" Pandora blieb abrupt stehen, ihr Gemüt so kalt wie Stahl: "Verity, ich bin eurer Lehrerin, obwohl ich jünger bin, steht mir Respekt zu, wenn ihr statt zu weinen tatsächlich etwas lernen würdet wüsstet ihr das auch." Cirillo brach in Gelächter aus, er lachte so stark dass er sich vor Schmerzen den Bauch hielt: "Lehrerin? Seit wir uns kennen hast du nicht anderes gemacht als an mir rumzumeckern." Ihre Stimme blieb so scharf wie immer: "Ich sporne dich an, ich bin hier um dir zu helfen dich zu verbessern, nicht um dich zu bemuttern."Sofort hörte er auf zu lachen: "Du nennst das helfen. Du hilfst mir nicht du benimmst dich nur wie ein Arschloch!" "Whoa, entspannt euch mal ein bisschen.", Lycus stellte sich zwischen die beiden. An einer der Türen zum Palast hatte sich eine kleine Gruppe Gardisten gesammelt. Pandora verschränkte ihre Arme vor der Brust: "Nein, red ruhig weiter, Verity!" "Du bist die heuchlerischste Schlange der ich je über den Weg gelaufen bin, die Rubinkönigin war immerhin ehrlich! Du tust so als wüsstest du nicht was falsch an deinen Taten ist. Wann auch immer wir uns sehen tust du nichts als mich runter zu machen und zu meckern, aber wenn dir jemand mal sagt was er wirklich von dir denkt wirst du wütend. Du kannst doch wirklich nicht denken dass du hier wirklich im Recht bist, so dumm kannst nicht mal du sein. Wie hättest du dich denn gefühlt wenn sich deine Lehrerin so verhalten hätte?", als er seiner ganzen Wut endlich Luft gemacht hatte war sein Gesicht ganz rot. Sein Gegenüber blieb kurz still, Verwirrung machte sich auf ihrem Gesicht breit: "Was meinst du mit 'hätte'?" Er zog seine Augenbrauen zusammen: "Ich meine damit wie du dich gefühlt hättest wenn deine Lehrerin bei den Seherinnen dich genauso behandelt hätte wie du dich jetzt mir gegenüber verhälst. Langsam glaube ich dass du wirklich dumm bist." "Ich verstehe dass soweit, mir ist nur nicht klar warum du 'hätte' statt 'hat' verwendest." Cirillo und Lycus wurden still, sie blickten sich kurz an dann blickten sie beide zu Pandora. Lycus war der erste der seine Stimme wieder fand: "Pandora, du weißt dass sich ein Lehrer eigentlich nicht so verhalten sollte, stimmts?" Sie blieb einfach still, dann raffte sie ihren Rock und rannte davon.

Basilia öffnete langsam die Augen, hätte sie aber beinahe wieder geschlossen da die Szene vor ihr nur ein Traum sein konnte. Vor ihr, in ihrem Hotelzimmer stand ein etwa fünfzehnjähriges Mädchen mit neongrünen Haaren, die singend ihre Habseligkeiten durchwühlte und in eine Tasche packte. "Das ist nicht dein Ernst!", als sie realisierte dass sie schon wach war sprang sie auf. Das Mädchen drehte sich zu ihr um, ihren Helm in der Hand und winkte: "Hey, du bist wieder wach." "Was zur Göttin denkst du, was du hier tust, und wer bist du?" "Ich klaue dein Zeug und mein Name ist Kin.", sie lachte und begann wieder Basilias Hab und Gut zu betrachten und in ihre Tasche zu räumen, "Weißt du Rotschopf, dein Problem ist dass du nur auf dein Hirn hörst, aber nie auf dein Herz, die meisten Leute haben das Problem." Basilia kletterte aus ihrem Bett: "Du willst mir sagen dass ich ein Problem hab, wenn du diejenige bist die versucht mich singend in meinem Schlaf auszurauben?" "Ich hab nie gesagt dass ich kein Problem habe, meines ist halt dass ich nur auf mein Herz höre, aber nie auf mein Hirn.", sie stopfte weiter Dinge in ihre Tasche, Basilia war zu verwirrt um zu handeln, "Ich hab den Streit gehört, hat sich schlimm angehört. Du solltest dich bei ihr entschuldigen!" Basilia wurde langsam wütend, was sich in ihrer Stimme widerspiegelte: "Du hast keine Ahnung!" "Nur weil ich in meinem Leben noch nie über etwas länger als zwei Sekunden nachgedacht habe heißt dass nicht dass ich keine Ahnung habe. Wenn man auf sein Herz hört weist man einige Dinge die einem sein Hirn nie sagen würde. Zum Beispiel dass die Welt ziemlich scheiße ist wenn man niemanden hat mit dem man sie teilen kann.", immer noch grinsend schloss sie ihre Tasche und lief zur offenen Balkontür, "Du solltest mehr auf dein Herz hören, es ist nie zu spät um sich zu entschuldigen. Basilis versperrte ihr mit einer Stichflamme den Weg: "Die Tasche bleibt hier!" Kin wich zurück: "Schon gut Feuerzeug." Schnell öffnete sie die Tasche und schüttete den Inhalt auf den Boden. "Dann bis niemals hoffentlich, und vergiss nicht dich bei deiner Freundin zu entschuldigen.", flink wie ein Eichhörnchen sprang sie über auf den Balkon und über das Geländer, wo sie an einem Seil nach unten raste. Immer noch verwirrt ließ sich Basilia wieder auf ihr Bett fallen: "Ich glaube dafür ist es zu spät."

Lycus roch an einer der vielfarbigen Blüten: "Sie sind wunderschön." "Ja, sie sehen fast aus wie der heilige Nebel.", Cirillo lag zwischen den Blumen und schloss die Augen. Die Wärme der beiden Sonnen schien auf sein Gesicht: "Aber warum hast du mich hierher gebracht, haben wir nichts besseres zu tun?" Er lachte und pustete einige der goldenen Pollen vom Stempel der Blüte: "Das hier sind Götterblumen, niemand kann vorhersehen wann sie blühen, das nächste Mal könnte morgen oder in tausenden von Jahren sein. Aber das ist nicht der einzige Grund warum ich dich hergebracht habe, es heißt dass die Pollen negative Gefühle lindern, bald werden noch mehr Leute hier sein, aber so früh am Morgen sind wir hier fast alleine." Einige dutzend Meter saß die Thronfolgerin Niamh, mit ihren beiden jüngeren Geschwistern Marce und Liliet, auf einer Picknickdecke, eine Hand voll Gardisten stand in der Nähe. Cirillo nahm einen tiefen Atemzug und genoss den Duft der Blumen. Bis er jemanden durch die Blumen auf sich zukommen hörte. Als er die Augen öffnete setzte sich Pandora gerade auf eine Steinbank. "Ein schöner Tag heute.", sie holte drei Flaschen Beerensaft aus ihrer Tasche, fast zu leise um es zu verstehen fügte sie noch hinzu: "Zu schön..." "Was redest du denn da? Ein Tag kann nicht zu schön sein." "Wenn man ihn alleine betrachtet nicht, aber Tage die so schön sind gibt es nur direkt vor oder nach Katastrophen, und ich bezweifle dass unsere Probleme schon vorüber sind.", sie reichte den beiden je eine Flasche. "Du meinst also dass hier ist die Ruhe vor dem Sturm?", Lycus öffnete die Flasche und nahm einen Schluck. Cirillo tat es ihm gleich: "Ist es wegen deiner Vision?" Sie nickte: "Ja." Dann drehte sie sich zu ihm: "Verity, Cirillo, wie auch immer ich dich nennen soll, es tut mir leid dass ich so unhöflich war, ich dachte wirklich dass ich das richtige tue." Lachend hielt er ihr seine Hand hin: "Entschuldigung angenommen." Das erste Mal seit er sie kennengelernt hat lachte sie. Plötzlich sah er einen Gardisten auf sie zurennen: "Auserwählter, die Offiziere Halo und Tonja bitten dass sie bitte so schnell es geht zum Sicherheitsbüro kommen." "Warum?" "Das ist schwer zu erklären."

Der Botschafter führte die drei in das Sicherheitsbüro des Palastes, wie auch der Rest des Gebäudes waren auch hier die Wände mit Gold geschmückt, allerdings mit weniger, man könnte es fast schon maßvoll nennen. Gardisten, Sicherheitsleute und einige andere Leute liefen durch den Hauptraum, gingen durch Türen in andere Bereiche, niemand hier schien auch nur ansatzweise entspannt zu sein, aber das war normal. Was nicht normal war, war der Anblick der ihn hinter der Tür zu Oberst Halos Büro erwartete. Dort standen Oberstleutnant Tonja, die Taura die er auch seiner ersten Mission kennen gelernt hatte, Elin Halo, ein Menschenmann in seinen fünfzigern saß hinter dem Schreibtisch, davor stand eine zierliche Frau mit dunkler Haut und schwarzen Haaren, Yeona Amber, die vor einigen Tagen während des Kampfes getötet wurde, man hatte sie auf den Überwachungskameras identifiziert. "Ich dachte du wärst tot.", er starrt sie einfach nur an. Sie lächelte zurück, ein trauriges Lächeln: "Bald liegst du vermutlich richtig." "Yeona, falls du es wirklich bist, wir vergeben die Todesstrafe nicht an irgendwelche Einbrecher!" Ihre einzige Antwort war ein tiefes Seufzen. Tonja trat vor: "Sie hat sich freiwillig verhaften lassen, aber sie hat uns nicht gesagt warum, sie wollte nur mit ihnen reden." Cirillo blickte wieder zu seiner alten Bekannten: "Was willst du?" "Ich will Lia retten." Lycus tritt vor: "Vor was?" "Vor sich selbst." Verwirrte Blicke wurden ausgetauscht. "Es ist kompliziert, eine sehr lange Geschichte. Ich weiß jetzt dass was ich getan habe falsch war, aber Lia tut das nicht und ich fürchte dass es sich hierbei um etwas mehr handelt als um einen einfachen Einbruch. Sie will nicht auf mich hören, wir kennen uns nicht sehr gut Cirillo, bei weitem nicht so gut wie ich Lia und ihre unendliche Sturköpfigkeit kenne, aber ich vertraue darauf dass du ein guter Mensch bist, und bevor ich meine Geschichte erzähle muss ich dich bitten, zumindest zu versuchen, mir das gleiche Vertrauen zukommen zu lassen. Denn heute hängt davon das Schicksal unserer Realität ab."

Only Hell AwaitsOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz