Thinking

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"I know that I've done some wrong
But I'm tryna make it right"
"Still Learning", Halsey

Nachdem das Gespräch mit Niklaus so wunderbar in die Hose gegangen war, hatte Asena beschlossen, sich etwas zu essen zu machen. Zwar würde sie viel lieber an die frische Luft gehen, aber das, was am nächsten daran heran kam, war ein geöffnetes Fenster und sie hatte nicht vor, wie eine Jungfrau in Nöten dort zu sitzen und auf einen Prinzen in glänzender Rüstung zu warten. Allein bei der Vorstellung schüttelte sie den Kopf, weil es so lächerlich war.

Und so saß sie jetzt in der Küche und aß ein Butterbrot. Etwas anderes hatte sie sich nicht zugetraut zuzubereiten. Während sie kaute, begann sie langsam darüber nachzudenken, was passiert war, obwohl sie sich eigentlich vorgenommen hatte, es nicht zu tun. Aber wenn sie ehrlich war, war es von Anfang an offensichtlich gewesen, dass das nicht klappen würde.

Es war einfach zu wirr. Erst sagte er, er würde sie nicht umbringen, weil er gespürt hatte, wie es ihr ging, was doch darauf hindeuten müsste, dass er sich Sorgen machte. Das widersprach aber der Tatsache, dass er ihr die Luft abgedrückt hatte bis sie beinahe das Bewusstsein verloren hatte. Vorsichtig berührte sie ihren Hals. Das würde sicherlich Würgemale geben. Super.

Was hatte Niklaus nur damit bezwecken wollen? Sie verstand seine Launen einfach nicht. Auf wen war er überhaupt wütend? Auf sich selbst, oder sie? Und wieso war er so sauer? Weil sie nicht sterben wollte? Sie hatte keine Ahnung, welche ihrer Gefühle er wahrgenommen hatte, deshalb konnte sie es nicht beurteilen. Verdammt, wieso war das alles so kompliziert?

Mittlerweile hatte sie aufgegessen und spülte den Teller ab. Nachdem sie ein paar mal mit dem Schwamm darüber gegangen war, sah sie ihr Spiegelbild darin glänzen. Es war zwar verschwommen und unscharf, aber sie erkannte ihre Gesichtszüge. Langsam begann alles, Sinn zu ergeben. Dieses Gesicht hatten schon Leute vor ihr gehabt, das vergaß sie oft, aber es war der einzige Grund, warum sie hier war. Sie war der Doppelgänger und somit das Einzige, das Niklaus daran hinderte, zum Werwolf zu werden.

Natürlich, das war logisch. Warum war sie nicht früher darauf gekommen? Niklaus wollte das Ritual nicht absagen, er wollte lediglich nicht, dass sie verletzt wurde, aber gleichzeitig würde er alles tun, um den Fluch zu brechen. Er war in einem Teufelskreis voller falscher Entscheidungen gefangen, aus dem es kein Entkommen gab. Das musste es sein, was ihn so rasend machte. Was sollte es auch sonst sein?

Nun nicht mehr ganz so ahnungslos stellte Asena den Teller zurück in den Schrank und ging nach oben in ihr Zimmer. Jetzt wusste sie zwar, was los war, aber noch lange nicht, wie sie damit fertig werden sollte. Obwohl... Ihr kam eine Idee. Sie war vermutlich leichtsinnig und ziemlich lebensbedrohlich, aber es war eine Idee. Und es war die einzige, die sie hatte, also würde sie sie jetzt ausarbeiten. Sie musste Elijah finden.

Zielstrebig lief sie nun also wieder durch das Haus, auf der Suche nach dem anzugtragenden Urvampir. Er müsste eigentlich zu Hause sein, also konnte es ja nicht so schwer sein, ihn zu finden. Wo konnte er sein? Im Musikzimmer? Fehlanzeige. Wohnzimmer? Ebenfalls nicht. Auch in seinem Schlafzimmer machte niemand auf, als sie klopfte.

Nach einer Weile schlug sie sich auf die Stirn. Die Bibliothek, natürlich. Sicher war er dort. Es würde zu ihm passen, zumindest anhand dessen, was die Doppelgängerin bereits über ihn wusste.

Und tatsächlich. Nachdem sie die Tür aufgemacht hatte, sah sie ihn in einem Sessel sitzen und in einem alten Buch blättern.

"Da bist du ja", sagte sie.

Elijah schaute auf. "Hallo Asena... Was ist mit deinem Hals passiert?"

Er musste auf die Würgemale anspielen, doch Asena wollte nicht unbedingt darüber reden, deshalb winkte sie ab. "Ach, das ist nichts."

"Wenn du meinst. Du hattest nach mir gesucht?"

"Ähm, ja, hab ich. Ich wollte dich fragen, ob es was Neues wegen dem Elixier gibt. Weißt du jetzt, ob es noch funktioniert?", erkundigte sie sich. Für ihren Plan war dies essentiell.

"Ja, tatsächlich hat mir eine Hexe mittlerweile bestätigt, dass es funktionieren würde. Wieso fragst du? Du planst doch nichts Dummes?"

"Nein, keine Sorge", beruhigte sie ihn, "Na ja, vielleicht ist es dumm, aber es ist eine Idee und ich bin mir zu neunzig Prozent sicher, dass es funktionieren wird."

"Asena-", begann er, doch die Doppelgängerin unterbrach ihn. "Ich habe alles unter Kontrolle, wirklich. Danke jedenfalls für deine Hilfe."

Und bevor er noch etwas sagen konnte, rannte sie wieder aus dem Raum. Sie wusste nun, dass alles klappen konnte, zumindest in der Theorie, und das reichte ihr fürs erste. Sie musste ihren Plan natürlich noch weiter durchdenken, bis sie ihn Niklaus vorstellen konnte, aber die Grundidee stand. Wackelig, aber sie stand.

Also gut, was musste sie noch beachten? Seine Launen, die im Sekundentakt von freundlich zu mörderisch umschwenkten, auf jeden Fall. Sie durfte ihn nicht zu einem schlechten Zeitpunkt erwischen, sonst war alles vorbei. Was noch? Ihr fiel nichts mehr ein.

Wenn dieser Plan funktionierte, wäre es ein Wunder, aber am liebsten würde sie sofort anfangen, um es schnell hinter sich zu haben. Besonders der Teil, wo sie Niklaus einweihen musste, würde extrem schwierig werden. So wie sie es von Rebekahs Erzählungen mitbekommen hatte, hatte es eine ähnliche Idee schon zu Katherines Zeit gegeben und damals war es gehörig schief gegangen. Blieb nur zu hoffen, dass es diesmal besser klappte.

Nachdenklich ging sie in ihr Zimmer und setzte sich auf die Fensterbank. Vielleicht würde etwas frische Luft ja doch gut tun. Sie öffnete das Fenster und schaute sehensüchtig hinaus. Mit einer Hand fuhr sie über die unsichtbare Barriere. So viel dazu, dass sie nicht wie eine hilflose Jungfrau in Not wirken wollte. Das hatte mal wieder grandios geklappt.

 Das hatte mal wieder grandios geklappt

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Stockholm Syndrome || Niklaus MikaelsonWhere stories live. Discover now