01.: new neighboor... micky mouse

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Nüchtern sein ist scheiße
19:12 Uhr

Nächsten Freitag Party bei mir?
19:13 Uhr

Jeongguk grinste und öffnete Jimins Nachricht auf seinem Handy.

Bin dabei
19:13 Uhr

Die Antwort kam schneller als erwartet.

Sehr schön
Bist du schon Zuhause?
19:14 Uhr

Jeongguk tippte sie an, um zu antworten, sah aber erst einmal aus dem Fenster des Busses. Die Sonne ging gerade über dem Viertel unter und warf in regelmäßigen Abständen orangenes Licht durch die Häuserreihen.

Nächste Haltestelle muss ich raus, dann noch laufen
Du?
19:14 Uhr

Jimin brauchte ein wenig länger. Jemand im Bus drückte Stopp und das Signal übertönte das Rumpeln der Räder auf den Pflastersteinen.

Meine Mom hat mich vom Bahnhof abgeholt
Hat schon Vorteile Einzelkind zu sein
19:15 Uhr

Jeongguk atmete länger aus als sonst und sah zur Tür. Ein Junge hatte sich schon hingestellt und wartete.

Theoretisch bin ich auch ein Einzelkind
Trotzdem hat meine Mom keine Zeit für mich_

Er starrte auf die Nachricht und sah noch einmal zur Tür und dem Jungen. Dann löschte er sie wieder, schickte Jimin ein GIF von einem Pinguin und schloss den Chat. Das Handy ließ er in seine Hosentasche gleiten, mit der anderen Hand zog er seinen Koffer aus dem Fußraum des Doppelsitzes und kämpfte sich im fahrenden Bus zur Tür.

Er hielt mit der gewohnten Gefahrenbremsung, Jeongguk kippte erfolgreich nicht um und stieg mitsamt Koffer hinter dem Typen aus. Dabei ließ er seinen Blick hastig über dessen Gestalt streifen. Sein Gesicht war zur Hälfte von dunklen, fettigen Locken bedeckt, graue Jogginghose und genau das selbe Micky Maus T-Shirt, was sein Bruder ihm im Disney Land gekauft hatte und er auch in seinem Schrank hatte. Nur trug er es schon seit einiger Zeit nicht mehr. Alles in allem, als wäre er gerade aus dem Bett gefallen.

Die Luft war warm, der Sommer hing noch in der Stadt und irgendjemand in der Nachbarschaft grillte. Der Typ blieb stehen und holte erst einmal sein Handy heraus. Ein altes Modell mit zersplittertem Display. Jeongguk rümpfte die Nase und verlor sofort jegliches Interesse an ihm. Der kam eindeutig nicht von hier und wenn sich irgendwelche Penner aus der Stadtmitte an den Speckgürtel gewagt hatten, sollte man sie lieber in Ruhe ihren Weg zurückfinden lassen. Man wusste nie auf welchen Drogen diese Typen waren.

So unbeteiligt wie möglich zog er den Koffer an ihm vorbei und machte sich auf den Weg nach Hause, die Straße hinunter.

Jetzt wo er sich wieder bewegte, spürte er den Restalkohol noch ein wenig und konnte nicht aufhören zu grinsen, während er der Sonne entgegenlief. Sein Haus stand am Ende der Straße direkt vor dem Beginn eines Waldes. Sonntags kamen immer jede Menge spazierfreude Menschen vorbei, doch das hatte den Vorteil, dass Samstagabend dafür keine Menschenseele zu sehen war. Er wohnte in einem reinen Familienviertel und an Tagen wie diesen war er überaus dankbar dafür.

Der Geruch des Grills nahm ein wenig ab und durchmischte sich mit dem typischen Duft von Sommer und der Wärme der Sonne. Das Rollen von Jeongguks Koffer übertönte alles entfernte Geplapper und die Geräusche des Waldes, doch ein Vogel beschwerte sich lautstark über die Ruhestörung.

Dennoch entlockte es Jeongguk nichts als ein Lächeln. Sein Leben war gerade einfach nur perfekt und es gab wirklich nichts, was ihm das vermasseln konnte.

Als er an der Auffahrt zu seinem Haus angekommen war, hielt er für einen Moment inne und sah zurück auf die sonnengoldene Straße. Der Alkohol in seinem Körper verhinderte, dass seine Synapsen schneller schalteten, doch dem Penner vom Bus ging es offensichtlich nicht besser. Er erstarrte mitten in seiner Bewegung, sobald Jeongguk ihn entdeckt hatte.

Home Sweet Home  ⇢ TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt