22.Kapitel

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„Oi, wacht auf!!", rief Touya an der Tür. Er klopfte wie ein verrückter an und es riss uns nun beide aus dem Schlaf.

Wir waren gestern zusammen eingeschlafen und wenn ich jetzt darüber nachdachte, wusste ich, dass ich Shoto unbedingt wieder zurück nach Tokyo bringen musste. Ich konnte seine Liebe nicht nur an Wochnenenden kriegen. Ich brauchte sie die ganze Woche. Nein, jede Stunde. Minute und Sekunde. Ich brauchte ihn einfach dauerhaft an meiner Seite.

„Shoto, verdammt! Öffne die Dreckstür!", rief Touya ungeduldig, als er weiter anklopfte „Ugh..der hat aber Nerven..", seufzte Shoto müde, als er sich aufsetzte und nichts als in  Boxershorts zur Tür lief und diese aufschloss. „Was ist?", fragte er genervt, während er nur eine kleinen Spalt geöffnet hatte.

Die Kälte, die durch diesen Spalt kam, erregte sofort Gänsehaut auf meinem Körper, weshalb ich in die warm gewordenen Decke einkuschelte.

„Wir müssen reden! Jetzt!", rief er aufgebracht, bevor Shoto ihn fragte, worum es denn geht. „Es geht um Mutter. Und jetzt beweg deinen Arsch nach unten! Und Katsuki, du auch!!", rief er, bevor er ging und Shoto sich verwirrt zu mir umdrehte, während er die Tür hinter sich schloss.

Touya weiß, dass ich bei Shoto bin? Wie kann er das wissen? Vielleicht, weil ich nicht in meinem Zimmer bin..ja, daran wirds wohl liegen..

Oder..hat er uns gestern gehört, als wir-.. Nein! Denk nicht daran! Er war bei Keigo! Er war nicht Zuhause!

Oder kam er vielleicht Nachts nachhause und wir haben vor lauter Stöhnen nichts gemerkt?

Meine Wangen wurden bei der Erinnerung an letzte Nacht ganz rot. Wir waren echt hemmungslos..aber..ich hatte keine Schmerzen..zumindest keine, die mein Laufen beeinflussen können. So schlimm, wie manche behaupten, schien es doch gar nicht zu sein.

„Los steh auf.", bat er mich, bevor er mir einen sanften Kuss auf die Lippen gab und mir dann meine Sachen zuwarf.

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„Und was bitteschön willst du mit mir besprechen - um 06:00 Uhr morgens?!", fragte Shoto verständnislos, als wir drei alle am Esstisch in der Küche saßen. „Mutter hat angerufen.", erwiderte er knapp.

Ich merkte wie Shoto unruhig wurde. Sein Bein begann zu zappeln, und er kaute sich nachdenklich auf der Lippe herum. „Und was hat sie gesagt? Was bildet sie sich eigentlich ein, wieder anzurufen? Erst spielt sie tot und aufeinmal weiß wie wieder deine Nummer zu wählen?!", rief er aufgebracht, als sein Bein noch schneller zappelte. Ich legte meine Hand auf seinen Oberschenkel und streichelte diesen bis zum Knie und wieder zurück, wodurch er sich schnell beruhigte.

„Sie will uns wieder sehen. Ich wusste erst nicht, was ich sagen soll. Aber dann meinte ich, dass ich erst sich fragen würde, bevor ich irgendwelche Entscheidungen treffe, die für dich nicht okay sind.", erklärte er ruhig.

„Wieso will sie uns sehen? Ich versteh das nicht! Ich bin schwul! Und du auch! Das passt doch nicht ins "Familienbild" also was zum kack, hat die Alte sich dabei gedacht jetzt einfach anzurufen und so zu tun, als wäre nie was passiert?! Als hätte sie mich nicht beleidigt und sich gewünscht, dass ich tot wäre! Was ist dann ihr scheiß Problem jetzt? Ich hab ihr gesagt, dass sie es bereuen würde, wenn sie mich nicht akzeptiert, aber sie wollte es ja so!Mir reicht's! Ich bin nicht mehr ihr Sohn und sie nicht mehr meine..argh!! Wag es nicht, sie nochmal meine 'Mutter' zu nennen. Das ist sie nämlich nicht! Schon seitdem sie mich für gestorben erklärt hat!", schrie Shoto wütend, als er aufstand und ohne ein weiteres Wort ging.

Ich seufzte. „Sag mal..willst du sie wiedersehen?", fragte ich, weil ich das Gefühl hatte, dass er auf Shotos Einwilligung hinaus wollte.

„Ich..Ich habe lange keinen Kontakt zu ihr gehabt. Sie hat genau das gleiche bei mir gemacht, wie bei Shoto und ich bin deswegen weg gezogen. Ganz weit weg von ihr. Ich hab mich für das Leben mit Keigo hier in Kyōto entschieden und ich bin auch recht glücklich, aber..sie ist dennoch ein Teil meines Lebens und..es ist viel Zeit vergangen..ich glaube, ich sollte wieder mit ihr reden..vielleicht hat sie ihre Meinung über uns geändert..vielleicht akzeptiert sie uns wieder und ich kann an meinen freien Tagen endlich wieder nachhause..zu ihr..meinem Vater..meinen beiden Geschwistern..es ist hart ohne die Familie..", beichtete er, während sich seine Augen langsam mit Tränen füllten.

Auch wenn ich Shoto verstehen konnte, musste ich Touya bei diesem Punkt Recht geben. Er sollte ihr noch eine Chance geben..

Ich legte meine Hand auf Touyas und er schaute mich verwundert an. „Ich rede mit ihm, okay? Ich kann nichts versprechen, aber ich werde es mit aller Kraft versuchen..schließlich will ich ihn wieder in Tokyo und..solange er das mit eurer Mutter nicht geklärt hat, wird es nie dazu kommen und ich würde das nicht aushalten.", gab ich mit leicht erhitzten Wangen von mir.

Eigentlich war ich ja nicht so der Typ, der mit anderen über seine Gefühle sprach, aber dieses Thema musste endlich geklärt werden. Es musste Klartext gesprochen werden. Es musste wieder besser werden.

Ich ging hoch zu Shotos Zimmer und versuchte die Tür zu öffnen. Leider vergebens, denn er hatte sie abgeschlossen. Also klopfte ich. Rein gar nichts geschah. „Shoto?", fragte ich nun, nach ungefähr einer Minute. Nichts.

„Hey..Shoto, lass mich bitte rein..", sagte ich sanft und klopfte wieder und diesmal leichter an die Tür. Wieder nichts.

„Lass uns darüber reden. Bitte..ich will, dass es dir besser geht. Dass du dir keine Sorgen mehr machen musst. Dass du glücklich mit deiner Familie leben kannst, ohne dass dich einer verstoßt. Shoto, ich liebe dich und..ich kann nicht ohne dich..ich will dich zurück..komm bitte zurück nach Tokyo..lass uns das mit deiner Mutter besprechen..gib ihr eine Chance Shoto..sie ist deine Mutter..vergiss das nicht..", kam es von mir an der Tür, während ich mich seitlich an diese lehnte - in der Hoffnung er würde mir die Tür öffnen. Schon wieder nichts.

Ich lehnte mich nun an den Türrahmen und rutschte an diesen herunter. Ich wollte nicht weg gehen. Solange nicht, bis er mir die Tür aufmachte. Ich konnte meine Zeit hier nicht verschwenden. Ich war doch hier, um ihn zurückzuholen. Um alles zu klären. Um ihm dabei zu helfen, mit Stolz zu sagen, dass er einen Mann liebt und glücklich damit ist.

40 Minuten wartete ich nun dort auf dem Boden. Mein Hintern war eingeschlafen und auch meine Augenlider wurden schwerer. Langsam spürte ich leise Schritte auf dem Boden, die der Tür immer näher kamen.

Die Tür öffnete sich und ich richtete mich sofort auf. Ich sah einen verheulten Shoto, dessen Haare total verwuschelt waren. Seine Augen waren ganz rot und sein Körper zittrig. Er stand leblos vor mir und ich zögerte nicht.

Sofort nahm ich ihn in den Arm und er erwiderte meine Umarmung genau so schnell. Er schmiegte sich ganz nah an mich und ich atmete langsam und gleichmäßig, um dies auf ihn zu übertragen, während ich sanft über seinen Rücken strich.

„Na gut, dann..dann lass uns reden, Katsuki..", flüsterte er mit zittriger Stimme an meiner Schulter.

Natürlich hatte er nachgegeben. Ich kannte ihn eben. Ich wusste, dass ihn das Thema mit seiner Mutter sehr traf und es ihn all die Zeit nicht loslassen konnte.

Ich wusste, dass er genau so sehr den Wunsch hatte, sie wieder zu sehen und ihr zu vergeben, wie Touya. Ich wusste, er wollte sie wieder in den Arm nehmen und ihre Liebe spüren. Ich wusste einfach, dass sie ihm fehlte.

Shoto..bald wirst du wieder glücklich in deiner Familie leben können. Deine Mutter sowie dein Vater, werden dich und deinen Bruder so akzeptieren, wie ihr seid..mach dir keine Sorgen..ich bin hier und..ich helfe dir..

...

A water please! | A Todobaku StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt