11. Kapitel

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Azriel

Sie ist wach.

Ich will mit ermitteln.

Madjas und Asras Stimmen hallten abwechselnd in meinem Kopf nach. Und dieser Blick! Meine erste Gedanke war ›Niemals! Viel zu gefährlich‹ gewesen, doch...beim Kessel, dieser bittende Blick von Asra ließ alle meine Widerstände zerbröseln und hätte mich fast um ihre Mithilfe betteln lassen.

Jetzt konnte ich es mir nicht leisten, in meinen Gefühlen zu versinken und über sie nachzudenken. Also stellte ich mir eine Mauer vor, die ich fest um mein Herz baute. Eine Mauer aus Eis, wie schon so unendlich oft davor in meinem Leben. Nur mein erhöhter Herzschlag ließ auf die nun in Eis eingeschlossene Unruhe schließen, als Madja leise die Tür zu einem leicht abgedunkeltem Raum öffnete und wir eintraten.

Das Mädchen lag in einem schmalen Bett mit mehreren Kissen, die ihren bandagierten Oberkörper aufrecht hielten. Die Augen hatte sie geschlossen. Erst als die Heilerin die Fae vorsichtig ansprach, öffnete sie sie und blickte erschöpft in die Runde.

„Was wollt ihr von mir?" Ihre Stimme klang wie ein leiser Windhauch. Behutsam kniete sich Rhysand vor das Bett. „Auf jeden Fall wollen wir dir nicht wehtun. Wir haben nur ein paar Fragen."

„Was wollt ihr wissen?" Sie schaffte es nicht mehr, ihre Augen offen zu halten.

„Als allererstes natürlich, wie du heißt.", schaltete ich mich sanft ein, während sich meine Schatten lichteten. Ohne ihren Blick auf mich zu lenken, antwortete sie: „Ich heiße Shaye."

„Das ist ein sehr schöner Name."

Jetzt öffnete sie die Augen wieder. „Ja." Unsere Blicke trafen sich und sie erstarrte. Dann riss sie den Mund wie zu einem Angstschrei auf, doch kein einziger Ton kam über ihre Lippen. Sie hockte einfach nur zerbrechlich und voller Panik zwischen all den weichen Kissen und starrte mich an. Monster!, schrie ihr Gesichtsausdruck, während die Mauer um mein Herz in zehntausende kleine Eissplitter zerbarst.

***

Perplex standen wir kurze Zeit später vor der Tür. Die Heilerin hatte uns mit eindringlichen Worten hinaus gescheucht und kümmerte sich momentan um das Mädchen. 

„Okay. Ich habe keine Ahnung, was das war, aber es ist jetzt schon das zweite Mal, dass dir so etwas passiert, Az." Mor schielte demonstrativ zu Asra, die sich daraufhin auf die Lippe biss. Scham überspülte meinen Geist.

Wieso schämte sie sich denn? Für ihre Angst? Dafür gab es doch bestimmt einen guten Grund. Obwohl mir dieser, wie so vieles anderes von ihr, nicht bekannt war. Ich seufzte. „Ich weiß, Mor. Und ich kann es mir selbst nicht erklären. Wieso hatte sie so große Angst vor mir? Ich meine, sie hat mich angesehen, als wäre ich..."

„Als wärst du ein Monster." Überrascht sah ich in das Gesicht meiner Seelengefährtin. Unterdrückter Schmerz und Trauer spiegelten sich darin, doch in ihren Augen stand eine Gewissheit, von der ich nicht wusste, ob sie mir galt oder etwas anderem. War sie davon überzeugt, dass ich ein Monster war? War ich denn ein Monster? Manchmal wusste ich selbst keine Antwort auf diese Frage.

„Vielleicht hast du Shaye einfach nur an jemanden erinnert? An jemanden, der beim Anschlag dabei war und sie verletzt hat?", meinte Cassian nachdenklich. „Wir haben jetzt zwar noch nicht viel herausgefunden, aber das ist doch ein Ansatz, oder?"

Asra nickte. „Ich denke, damit könnten wir arbeiten." Sie stockte, bevor sie mich fragend ansah. „Natürlich nur, wenn ich überhaupt mit ermitteln darf."

Wie zuvor am Frühstückstisch keimte Hoffnung in mir auf. Gab sie mir eine Chance? Falls ja, dann würde ich kämpfen, falls nein...ich konnte sie nicht dazu zwingen, mich zu lieben. Auch wenn das für mich bedeutete, dass ich für immer einer hoffnungslosen Liebe nachtrauern würde. 

Tänzerin im Licht (ACOTAR Fanfiction)Where stories live. Discover now