5. Kapitel

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Bevor ihr dieses Kapitel lest, wollte ich nur kurz sagen, dass beide Sichten (also die von Azriel und Asra) direkt an das letzte Kapitel anschließen und deshalb auch zeitgleich verlaufen. Nur damit keine Verwirrung entsteht ;)

Und jetzt: Viel Spaß beim Lesen :)

***

Azriel

Dunkelheit und Stille waren lange meine größten Feinde gewesen. Ich hatte gegen sie gekämpft und mich vor ihnen gefürchtet, während ich in meiner mickrigen Zelle saß, in die mich meine eigene Blutsfamilie eingesperrt hatte. Irgendwann konnte ich dann nicht mehr. Ich ließ die Dunkelheit an mich heran, nahm sie als Teil meiner Selbst an.

Das war etwas, was ich meinen Brüdern nie erzählt hatte. Sie dachten, ich hätte die Dunkelheit bezwungen und sie mir zu eigen gemacht, doch es war andersherum. Ich hatte mich ihr ergeben. Und obwohl es das war, was Feiglinge machten, hatte es mir geholfen. Nur dadurch hatte ich meine neue Familie kennen und zu lieben gelernt. 

Doch das lag sehr sehr lange zurück. Mittlerweile hatte ich mich damit abgefunden, dass ich ein Feigling und ein Bastard war. Selbst meine Schatten mochte ich jetzt. Ich konnte mir nicht einmal mehr vorstellen, wie es ohne sie wäre.

Trotzdem wünschte ich mir manchmal, jemanden zu haben, der mich verstand. Jemanden, der genauso war wie ich. Einen anderen Schattensänger. Ich hatte sogar gehofft, dass meine Seelengefährtin eine war. Das hat sich ja mittlerweile erledigt, dachte ich bitter. Nicht nur, dass sie keine ist, denn das hätte man ja gesehen. Nein. Sie hasst mich außerdem noch abgrundtief, obwohl ich keine Ahnung habe, warum. Ich meine, ich weiß ja nicht einmal ihren Namen.

Plötzlich hörte ich aus wie aus weiter Ferne Cassians Stimme: „Az? Hallo?"

Etwas froh, aus meinen trübsinnigen Gedanken gerissen zu werden, schaute ich auf. Wir hatten unsere Operationsbasis, das kleine Haus am Rande des Lagers, erreicht und traten in die wohlige, vom Kaminfeuer produzierte Wärme.

„Was willst du jetzt unternehmen? Ich meine, willst du Asra denn nicht suchen gehen, oder so?", fragte Cassian mich.

„Ich gehe sie nicht suchen.", erwiderte ich mit ausdrucksloser Stimme, „Sie ist vor mir geflüchtet, also will sie mich nicht sehen und...warte...was hast du gesagt?!"

„Ich hab dich gefragt, ob du sie suchen gehen willst und du hast gemeint, dass du es nicht tun wirst. Was ich übrigens nicht ganz verstehe.", entgegnet Cass verwundert.

„Ich meine den Namen. Wie hast du sie genannt?", fragte ich ihn mit einer leisen, aber gefassten Stimme, die überhaupt nicht zu der, in meinem Inneren herrschenden Ungeduld, passte.

„Du meinst...Asra. Deine Seelengefährtin heißt Asra."

Asra. Ich ließ mir den Namen durch den Kopf gehen. Er war mit einer Wildheit und gleichzeitig einer solchen Stille durchsetzt, dass sich vor meinen Augen sofort das Bild eines Waldes verfestigte, der ruhig und trotzdem voller Leben dalag. Ein Wald, der fremd und doch vertraut war. Ein Wald, so grün wie ihre Augen. 

Plötzlich verwandelten sich Asras grüne Augen in braune, fröhlich blitzende. Morrigans Augen. Wie konnte es sein, dass ich eine Seelengefährtin hatte, obwohl ich Mor liebte? Wie konnte es sein, dass sie nicht meine Seelengefährtin war?

Doch vielleicht...vielleicht konnte ich meine Seelengefährtin lieben lernen. Vielleicht würde dann meine jahrhundertelange, vergebliche Liebe zu Mor verschwinden. Und mit größter Wahrscheinlichkeit wieder in einer anderen vergeblichen Liebe enden. Azriel, hast du schon vergessen, dass Asra dich hasst? schalt ich mich selbst. Jedoch konnte ich nicht verhindern, dass sich ein kleines bisschen Hoffnung in meinem Inneren regte.

Tänzerin im Licht (ACOTAR Fanfiction)Where stories live. Discover now